Im alten Japan gab es zwei wichtige Handelswege zwischen Edo (Tokyo) und Heian (Kyoto): den Tokaido entlang der Küste und den Nakasendo durch die Berge.
Das Straßensystem im historischen Japan
Mit Übernahme der Ritsuryo-Verwaltungsstruktur im 7. Jahrhundert aus China wurde auch das Poststraßensystem übernommen, um schnell Informationen zu übermitteln.
Die Halte- und Versorgungsorte heißen noch heute in englischen Reisenführern „Post Towns“. Die Post Towns boten Unterkünfte und Versorgungsmöglichkeiten. Man kann sich diese Orte als historische Autobahnraststätte mit Motel vorstellen.
Während des Kamakura-Shogunats (12. Jahrhundert) wurde das Gokishichido-System entwickelt: Die 5 inneren Kinki Regionen (Goki…) wurden mit den 7 äußeren (…shichi…) mit Fernstraßen (…do) verbunden.
Nach der berühmten Schlacht von Sekigahara folgten über 200 Jahre (Edo-Zeit, ab 17. Jahrhundert) Frieden in der Handel und Kultur florierten und das Fernstraßennetz erneuert und ausgebaut wurde. 5 wichtige Straßen entstanden und bildeten das Rückrad für Reisen des Shoguns und der Daimyos von und nach Tokyo.
Zwei dieser fünf Straßen verbanden den Kaiserhof in Kyoto mit Tokyo, dem Machtzentrum des Shogunats: Der Nakasendo und der Tokaido.
Die Wege waren primär Reiserouten. Schwere Lasten wurden per Schiff transportiert. Frauen war es untersagt alleine zu reisen. Ferner war eine Reiseerlaubnis notwendig. Ein wichtiger und für viele der einzig erlaubte Grund für eine Reise war der Besuch des Ise-Schreins. Auf der Strecke gab es mehrere Kontrollstellen, an denen die Reisedokumente kontrolliert wurden. Der bekannteste Checkpoint ist wohl Hakone (mehr dazu weiter unten).
中山道 .. Nakasendo
Der Nakasendo (中山道 = zentrale Bergstraße) führt durch das zentrale Gebirge Japans. Er ist 534km lang und hatte 69 Post Towns (Liste am Ende des Artikels). Wie der Tokaido beginnt die Strecke an der Nihonbashi führt aber von hier in die andere Richtung. Der Weg führt zuerst in Richtung Matsumoto, bevor er links abzweigt und durch das Kisotal in Richtung Nagoya geht. Nagoya selbst ist nicht Teil der Route. Über Gifu geht es weiter nach Hikone am Biwasee und dann nach Kyoto.
Der Nakasendo führt durch die historischen Provinzen Musashi, Kozuke, Shinano, Mino und Omi. Heute sind dies die Präfekturen Tokyo, Saitama, Gunma, Nagano, Gifu, Shiga und Kyoto.
Historie
Der Ursprung des Nakasendo entstand im 7. Jahrhundert, um Kinai (heute die Kansai-Region inkl. Kyoto) mit den Tosando-Provinzen zu verbinden. Er basierte dabei auf existierenden Straßen. Beispiel hierfür ist der Abschnitt im Kisotal: Der Kisoji verband 11 Post Towns (33, Niekawa bis 43, Magome) bevor er Teil des Nakasendo wurde. Weitere Namen des Nakasendo sind daher auch Tosando (東山道 = Route der östlichen Bergregion; nicht östliche Bergroute! *)) und Kisokaido (木曾街道),
Während der Sengoku-Periode (15.-17. Jahrhundert) war der Tosando unter der Kontrolle der Clans Takeda (Kai-Provinz), Ogasawara (Shinano), Kanamori (Hida) und Oda (Mino).
In der Edo-Zeit wechselte der Name zu Nakasendo mit zwei verschiedenen Schreibweisen (中山道 und 中仙道). 1716 wurde durch das Tokugawa-Shogunat die Schreibweise 中山道 festgelegt.
Der Nakasendo heute
Der Nakasendo in seiner ursprünglichen Form existiert nur noch in einzelnen Teilstücken. Ein sehr schönes Stück des Nakasendo kann noch heute erwandert werden (siehe Abschnitt Kisodani).
Heute gibt es eine Serie von Highways, die den Nakasendo „ersetzen“. Die Straßen liegen teilweise neben, teilweise direkt auf der alten Trasse):
- Tokyo – Takasaki (Route 17),
- Takasaki – Karuizawa (Route 18)
- Saku – Shimosuwa (Route 142)
- Shimosuwa – Shiojiri (Route 20)
- Shiojiri – Ena (Route 19)
- Mitake – Maibara (Route 21)
- Maibara – Kusatsu (Route 8)
- Kusatsu – Kyoto (Route 1)
Die JR-Chuo-Main-Linie folgt fast komplett dem alten Nakasendo. Die exaktere Auflistung der JR-Strecken, die den Nakasendo entlangfahren ist: Takasaki Line, Shinetsu Main Line, Chuo Main Line, Taita Line und Tokaido Main Line
Das Kisodani (heute)
Das Kisotal bietet ein Besonderheit: Die Bäume im Tal haben eine hohe Qualität. Es war den Bürgern bei Todesstrafe verboten, das Holz zu benutzen.
Leider führte dies auch dazu, dass viele Post Towns heute nicht mehr existieren, da sie verfallen sind. Wie ein wunder ist der schönste erhaltene Streckenabschnitt des Nakasendo genau hier.
Der etwa 9km lange Abschnitt verbindet Tsumago (Station 42, Nagoya-Präfektur) und Magome (Station 43, Gifu-Präfektur), die jede für sich einen Besuch wert sind. Bekannt wurde dieser Abschnitt durch Shimazaki Toson, der über die Folgen der Meiji-Restauration schrieb (Novelle „Before the Dawn“).
Die Anreise ist sehr einfach. Die Zuglinie Chuo folgt im Groben dem Nakasendo und bietet Haltepunkte nahe Tsumago und Magome. Ein Bus verbindet die Bahnstationen und die Orte sowie die Orte selbst miteinander.Der Besuch beider Orte und eine Wanderung auf dem Nakasendo können an einem Tag erledigt werden, wenn das Hotel dicht bei ist. Den Präfekturwechsel sollte man bei der Hotelsuche berücksichtigen, da viele Websites nach Präfekturen sortieren bzw. fiiltern.
Tokaido
Der Tokaido (東海道 = östliche Seeroute) ist die andere, weitaus bekanntere Reiseroute zwischen Tokyo und Kyoto. Er folgt, wie der Name vermuten lässt, der Küstenlinie und war die weitaus stärker bereiste Route der Edozeit. Die Bekanntheit der Strecke führte zu eine Serie von Ukiyo-e-Drucken, die wieder zur Bekanntheit der Strecke führte, die bis heute anhält (mehr dazu weiter unten).
Der Tokaido ist 488km lang. Er beginnt wie der Nakasendo an der Nihonbashi (Nullpunkt des japanischen Straßennetzes) und geht entlang der Küste über Hakone nach Nagoya und weiter durch die Berge südlich des Biwasee nach Kyoto. Der Tokaido verfügt über 53 Post Towns (Liste ist am Ende des Artikels). Die letzte Station in Kyoto ist wie beim Nakasendo die Sanjo-Ohashi.
Der Osakakaido (大阪街道) ist eine Verlängerung des Tokaido von Kyoto nach Osaka mit 4 Stationen. Hinweis: Wenn von den 57 Stationen des Tokaido die Rede ist, dann sind die 53 Stationen des eignetlichen Tokaido und die zusätzlichen 4 Stationen des Osakakaido gemeint.
Historie
Nach Einrichtung des Ritsuryo-Straßensystems war der Tokaido nur eine Straße zweiter Klasse. Sie begann in Seta und querte unter anderem die Provinzen Omi, Ise und Hitachi. Vom Tokaido zweigten 3 wichtige Straße ab: Der Ise-ji zum Hauptschrein Ise-Jingu (Shima-Provinz), der Kai-ji in die Provinz Suruga und eine Straße in die Provinzen Shimousa und Awa auf der Bosohalbinsel. Im 12. Jahrhundert (Kamakura-Shogunat) wurde der Tokaido die wichtigste Straße Japans. [Die Tokaido-Region bestand aus den Provinzen Iga, Ise, Shima, Owari, Mikawa, Totomi, Suruga, Izu, Kai, Sagami, Musashi, Awa, Kazusa, Shomousa und Hitachi.]
Der Tokaido heute
Der Tokaidokorridor ist heute die wichtigste Reiseroute Japans, denn die Strecke verbindet die größten Städte Japans: Tokyo, Yokohama, Nagoya, Kyoto (und Osaka). Teile des alten Tokaido werden dabei heute noch benutzt, z.B. als Teil der Nationalstraße 1.
Die JR-Tokaido-Strecke (Main Line und Shinkansen) folgenden im groben der alten Tokaidostrecke und haben daher den Namen. Autofahrer folgen der Tomei- und der Meishin-Expressways.
Vereinzelt existieren noch im Original erhaltene kurze Streckenabschnitte. Aus Touristensicht ist der Abschnitt im Hakonegebiet zu nennen. Zusätzlich zur alten Strecke exisitert hier noch ein Nachbau der Grenz- und Zollstation Hakone. (Trivia: Die Hakonestation teilt Kanto von Kansai, was nicht übersetzt nichts anderes bedeutet als östlich bzw. westlich der Grenzstation).
Tokaido in Kunst und Literatur
Die Novelle Tokaidochu Hizakurige von Jippensha Ikku ist eine „virutelle“ Reise entlang des Tokaido.
Am Bekanntesten sind wohl die Holzdrucke (Ukiyo-e) Tokaido Gojusan tsui. Die Künstler Kuniyoshi, Hiroshige und Kunisado kreierten für jede Station auf dem Weg eine typische Szene von der Reisestrecke. Man kann diese Ukiyo-e vergleichen mit Urlaubsfotos. Darüber hinaus gibt es viele zeittypische Details zu entdecken, teilweise gut getarnt, um die damalige Zensur zu umgehen. (Dabei fällt mir ein, dass ich mir ein Set davon auf meiner nächsten Japanreise kaufen muss.)
Trivia: in den 1980ern hat der Künstler William Zacha den Tokaido bereits und sein Set von 55 Siebdrucken erstellt. Die Bilder illustrieren das Buch Tokaido Journey, in dem William Zache einen Reisebericht abliefert (quasi ein Reiseblog bevor es das Internet gab). Der britische Maler Nigel Caple erstellte ein Set von 53 Bildern Ende der 1990er mit den alten Ukiyo-e-Drucken als Vorbild.
Das Spiel Tokaido
2012 kam ein Spiel mit dem Namen Tokaido raus. Hier startet man in Kyoto und reist über 53 Stationen nach Tokyo. Auf dem Weg sind mehrere Aktivitäten möglich: Onsen besuchen, Souvenirs kaufen, Leute treffen, Bilder malen, gutes Essen genießen. Eigentlich genau das, was eine gute Japanreise ausmacht.
Das Spiel steht noch auf meiner Wunschliste. Wil Wheaton (ja genau DER) hat eine Folge in der das Spiel vorgestellt wird: *Link zu Youtube*
Verbindung zwischen Tokaido und Nakasendo (Tosando)
Um Tosando und Tokaido zu verbinden wurden mehrere Straßen gebaut, die im Prinzip die Grundlage der heutigen Highways 52, 151, 153 und 22.
69 Nakasendo Post Towns
Der heutige Name des Ortes ist in eckigen Klammern. Meist ist der Orte heute ein Stadteil oder Ort innerhalb einer großen Stadt. Die 69 Stationen des Nakasendo sind, beginnend in Tokyo:
- Startpunkt: Nihonbashi (Tokyo)
- Tokyo-Präfektur: (1) Itabashi
- Saitama-Präfektur: (2) Warabi, (3) Urawa [Saitama], (4) Ōmiya [Saitama], (5) Ageo, (6) Okegawa, (7) Kōnosu, (8) Kumagaya, (9) Fukaya, (10) Honjō
- Gunma-Präfektur: (11) Shinmachi [Takasaki], (12) Kuragano [Takasaki], (13) Takasaki, (14) Itabana [Annaka], (15) Annaka, (16) Matsuida [Annaka], (17) Sakamoto [Annaka]
- Nagano-Präfektur: (18) Karuizawa, (19) Kutsukake [Karuizawa], (20) Oiwake [Karuizawa], (21) Otai, (22) Iwamurada [Saku], (23) Shionada [Saku], (24) Yawata [Saku], (25) Mochizuki [Saku], (26) Ashida, (27) Nagakubo, (28) Wada [Nagawa], (29) Shimosuwa, (30) Shiojiri, (31) Seba [Shiojiri], (32) Motoyama [Shiojiri], (33) Niekawa [Shiojiri], (34) Narai [Shiojiri], (35) Yabuhara, (36) Miyanokoshi, (37) Fukushima, (38) Agematsu, (49) Suhara, (40) Nojiri, (41) Midono, (42) Tsumago
- Gifu-Präfektur: (43) Magome [Nakatsugawa], (44) Ochiai [Nakatsugawa], (45) Nakatsugawa, (46) Ōi [Ena], (47) Ōkute [Mizunami], (48) Hosokute [Mizunami], (49) Mitake, (50) Fushimi, (51) Ōta [Minokamo], (52) Unuma [Kakamigahara], (53) Kanō [Gifu], (54) Gōdo [Gifu], (55) Mieji [Mizuho], (56) Akasaka [Ogaki], (57) Tarui, (58) Sekigahara, (59) Imasu
- Shiga-Präfektur: (60) Kashiwabara [Maibara], (61) Samegai [Maibara], (62) Banba [Maibara], (63) Toriimoto [Hikone], (64) Takamiya, (65) Aichigawa, (66) Musa [Ōmihachiman], (67) Moriyama, (68) Kusatsu, (69) Ōtsu
- Zielpunkt: Sanjō-Ōhashi (Kyoto)
Ich hätte die Orte gerne nach den alten Provinzen sortiert, aber hier ist mein Wissen zu dünn aufgestellt.
53 Tokaido Post Towns
- Startpunkt: Nihonbashi (Musashi-Provinz)
- Musashi-Provinz: (1) Shinagawa, (2) Kawasaki, (3) Kanagawa, (4) Hodogaya
- Sagami-Provinz: (5) Totsuka, (6) Fujisawa, (7) Hiratsuka, (8) Oiso, (9) Odawara, (10) HAKONE
- Izu-Provinz: (11) Mishima
- Suruga-Provinz: (12) Numazu, (13) Hara, (14) Yoshiwara, (15) Kambara, (16) Yui, (17) Okitsu, (18) Ejiri, (19)Fuchu, (20) Mariko, (21) Okabe, (22) Fujieda, (23) Shimada
- Totomi-Provinz: (24) Kanaya, (25) Nissaki, (26) Kakegawa, (27) Fukuroi, (28) Mitsuke, (29) Hamamatsu, (30) Maisaka, (31) Arai, (32) Shirasuka
- Mikawa-Provinz: (33) Futagawa, (34) Toyohashi, (35) Goyu, (36) Akasaka, (37) Fujikawa, (38) Okazaki, (39) Chiryu
- Owari-Provinz: (40) Narumi, (41) Miya
- Ise-Provinz: (42) Kuwana, (43) Yokkaichi, (44) Ishiyakushi, (45) Shono, (46) Kameyama, (47) Seki, (48) Sakashita
- Omi-Provinz: (49) Tsuchiyama, (50) Minakuchi, (51) Ishibe, (52) Kusatsu, (53) Otsu
- Zielpunkt: Sanjo-Ohashi
Die Strecke für heute durch die Präfekturen: Tokyo, Kanagawa, Shizuoka, Aichi, Mie, Shiga und Kyoto
*) 東山道: Die Bergkette die vom Biwasee nordöstlich von Kyoto bis nach Aomori läuft wird östliche Bergregion genannt. Der Tosando ist der Weg durch diese Region.
[Stand 09/2017]