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Ohashi .. お箸 .. Chopsticks

Ohashi kann große Brücke (大橋) heißen oder aber Essstäbchen (). Es kommt auf das Kanji an.

Sie sind so in die japanische Kultur eingebunden, dass es spezielle Geschäfte gibt und Preise aufgerüfen werden, wie es Rolex bei Uhren schafft.

Weltweit nutzen 40% der Menschen die Hände zum Essen, 30% nutzen Messer und Gabel und 30% Stäbchen. Japan ist dabei wohl das Land, das die Stäbchen am tiefesten in die Kultur eingebunden hat:

  • Senkrecht ins Essen gesteckte Stäbchen markiert das Essen als eine Opfergabe an die verstorbenen Ahnen. –> Man sollte es also nie am Esstisch machen.
  • Mit Stäbchen werden Knochensplitter nach der Einäscherung an die angehörigen Übergeben. –> Also niemals Stäbchen nutzen, um Essen weiterzureichen.
  • Essstäbchen gehören auch zu den Gegenstände einer Opfergabe an die Götter. Sie sind das verbindende Element zu der Götterwelt.

Jeder hat sein eigenes Set von Essstäbchen, selbst am familären Esstisch. Es gibt Stäbchen:

  • zum Essen
  • zum Kochen
  • um Essen auf dem Teller anzurichten
  • rituelle Nutzung im Shinto und Buddhismus
  • zu Neujahr werden spezielle Stäbchen genutzt (Willow wood)
  • Sonderbauformen für Ramen, Soba und Pasta

Traditionell sind sie aus Holz. Es gibt aber auch Versionen aus lackiertem Holz, Metall, Plastik und Glas. Es gibt Versionen zum Reisen und für die Firmenkantine. Ohashi sind ein Ausdruck der Persönlichkeit und des Stils, wie hierzulande eine gute Uhr oder Manschettenknöpfe.

Mittelklasse Ohashi haben bis zu 30 Lackschichten mit verschiedenen Farben und Ornamenten.

Die Enden sind abgerundet. So werden das Essen und die Schale nicht beschädigt.

In Keiseki werden grüne Stäbchen aus Bambus benutzt, um des Essen zu servieren. Grün markiert hier die Frische der Zutaten. Daneben gibt es weitere Stäbchen für verschiedene Essen. Immer aber passen sie vom Design auch zum Geschirr.

Essstäbchen bedingen eine andere Art von Küche und Zubereitung als in Europa. Lebensmittel wie Fleisch, die schneiden benötigen, werden in der Küche schon beim Zubereiten auf Essgröße geschnitten. Selbst der Reis wurde optimiert. Er ist klebrig und damit genau das Gegenteil von Onkel Bens.

Es gibt sogar Rituale für die Entsorgung von Essstpächen (gilt nicht für die Wegwerfvariante aus der Nudelküche). Sie werden nicht weggeworfen sondern in einem Schrein verbrannt.

Etikette:
  • die Richtige Haltung in der Hand. Bewegt wird nur der obere Stab. Fehler sind hier ein Detail.
  • Selbst für das Aufnehmen gibt es eine Regel, die ich nicht voll durchdringen haben. Aber niemals die Spitzen auf den Tisch klopfen, um z.B. die Längen anzugleichen.
  • Wenn man aus der Schale trinkt (Suppe), bleiben die STäbchen in der Schale. Niemals neben die Schale halten. Es könnte etwas auf den Tisch oder Boden tropfen und versehentlich auf andere zeigen.
  • Niemals anderen Leuten etwas mit den Stäbchen gehen.
  • Niemals etwas aufspießen.
  • Niemals mit den Stäbchen über die Speisen auf dem Tisch hovern.
  • NIEMALS senkrecht ins Essen stecken.
  • NIEMALS auf andere Leute zeigen.

Heute im modernen Japan gibt es Japaner, die nie gelernt haben mit Essstäbchen zu Essen. Wenn ihr die „Niemals“-Regeln beachtet, seid ihr schon ein Stück weiter als somanchen Japaner.

Hinweis: Das Video zeigt „meinen“ Yushima Tenjin, a.k.a Yushima Tenmangu

https://www.youtube.com/watch?v=ssvTE8fE4KE

能 .. Noh Theater

Noh (能) ist die älteste Form klassisches japanisches Theater. Es ist sehr rituell und formalisiert. Wie Kabuki wird es ausschließlich von Männern gespielt. Einige Schauspieler tragen eine spezielle Noh-Maske, über die noch zu schreiben ist. Fast alle Stücke betreffen ein mythologisches Thema.

Die Sprache ähnelt der von Kabuki und ist schwer zu verstehen. Zudem haben einzelne Bewegungen und Posen spezielle Bedeutungen. Außenstehenden erschließt sich Noh daher nur schwer.

Historie

Die Ursprünge von Noh und Kyogen reichen zurück nach China und dort bis ins 8. Jahrhundert. In dieser Form beinhaltete Sangaku, wie es damals genannt wurde, Akrobatik, Gesang, Tanz und Komik.

Weitere Einflüsse hatten u.a. Shirabyoshi, ein traditioneller Tanz am kaiserlichen Hof des 12. Jahrhunderts, sowie Gagaku, Musik und Tanz vom kaiserlichen Hof des 7. Jahrhunderts.

Die Ursprünge des Noh in der noch heute gezeigte Form reichen ins 14. Jahrhundert und sind mit den Namen Kan’ami und Zeami Motokiyo verknüpft. Parallel entwickelte sich Kyogen, das ein Teil der ganztägigen Noh-Aufführungen ist.

In der Edo-Zeit war Noh ein Privileg der Samurai und Adligen. Noh selbst wurde weiter formalisiert und ritualisiert, hat sich seitdem kaum verändert. Damit ist das heutige Noh das Noh der Edo-Zeit.

Mit dem Ende des Tokugawa-Shogunats und Beginn der Meiji-Zeit endete die finanzielle Unterstützung des Noh. Schaustellergruppen und Bühnen verschwanden. Die Unterstützung des kaiserlichen Hofs war eine Folge des Interesse von Diplomaten an dieser Japanischen Kultur. Erst 1957 wurde Noh als wichtiges Kulturerbe von der japanischen Regierung unter besonderen Schutz gestellt.

Seit 2001 ist Noh zusammen mit Kyogen (Komödie, die in Verbindung mit Noh aufgeführt wird) auf der UNESCO-Liste des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit.

Das Ensemble

Das Ensemble besteht aus den Schauspielern, Orchester, Chor und Bühnenassistenten.

  • 囃子 .. Hayashi: Das Orchester besteht aus vier Musikern : Flöte (能管 .. Nokan), Trommeln (大鼓 .. Ozutsumi, 小鼓 .. Kozutsumi und 太鼓 .. Taiko). Die Musiker sitzen auf der Bühne im Hintergrund.
  • 地謡 .. Jiutai: Der Chor besteht aus 6-8 Leuten.
  • 後見 .. Koken: Dies sind ein bis drei Assistenten.

Die Schauspieler lassen sich in 4 verschiedene Rollen unterscheiden:

  • 仕手 .. Shite: Er spielt die Hauptrolle. Bei Rollen, die sich während der Aufführung verwandeln, spricht man von Mae-Shite und Nochi-Shite
  • 仕手連れ .. Shitesure: Er ist der Begleiter des Shite.
  • 脇 .. Waki: Er spielt den Gegenpart.
  • 脇連れ .. Wakitsure: Er ist, analog zum Shitetsure, der Gefährte des Waki.
  • 狂言 .. Kyogen: Er spielt die Kyogen-Stücke zwischen den einzlnen Noh-Stücken.

Da Orchester und Chor ein großer Teil eingeräumt wird, wird Noh oft als japanischen Äquivalent zur westlichen Oper gesehen. Obwohl beim Noh nicht der Schauspieler singt, sondern der Chor. Im Vergleich zur Oper ist der Gsang auch sehr reduziert im Unfang der Tonhöhen und Dynamik. Er hat damit mehr von den gesungen Gebeten der buddhistischen Mönche. Der Gesangsteil eine Noh-Stücks wird Utai genannt, der gesproche Teil Kataru.

Schulen und Familien

Für Shite gab es in der Edozeit vier bedeutende Schulen: Kanze (観世), Hosho (宝生), Komparu (金春), Kongo (金剛). Eine fünfte Schule entstand in der Meiji-Zeit: Kita (喜多). Die älteste der 5 Schulen ist Konparu als Nachfolger von Mimashi, der Gigaku (einer nicht mehr existierenden Form eines Masken-Tanzdrama) im Jahr 612 in Japan einführte.

Waki-Schauspieler entstammen den Schulen Takayasu (高安), Fukuou (福王), und Hosho (宝生). Kyogen wird in zwei Schulen unterrichtet: Okura (大蔵) und Izumi (和泉). 11 Schulen bilden die Musiker aus.

Die Ausbildung des Noh-Schauspielers ist Familientradion und beginnt oft bereits im Alter von 3 Jahren.

Noh ist traditionell rein männlich. Seit WWII gibt es aber auch weibliche Darsteller. In 2009 kamen auf 1200 männliche Schausteller etwa 200 weibliche.

Jede der 5 Schulen hat eine iemoto Familie, die den Namen der Schule trägt und Teil der Tradition dieser Schule ist. Der Iemoto ist es erlaubt neue Stücke zu schreiben oder existierende zu verändern. Aus diesen Schulen stammen die Shite-Schauspieler.

Die Bühne

Die Bühne hat ein spezielles Design. Wer wie ich noch nie ein Noh-Stück gesehen hat, kennt die Bühne dennoch. Sie ist immer wieder Teil eines Shintoschreins. Der erste Schrein, der mir hier einfällt, ist der berühmte Itsukushi Jinja auf Miyajima. Hier werden sogar regelmäßig open-air Nohstücke aufgeführt.

Die zentrale Bühne ist quadratisch und durch die 4 Pfeiler (12-15) begrenzt. Rechts von der Hauptfläche sitzt der Chor (8). Hier ist auch der Sitzplatz des Waki (9). Hinter der Hauptbühne ist der Bereich der Musiker (4-7) und der Wartebereich der Bühnenassistenten (3).

Hinten links ist der Hashigakari (1). Über ihn betreten und verlassen die Schausteller die Bühne. Hier ist auch der Wartebereich des Kyogen (2).

Der Shite steht hinten links auf der Bühne (11). Der Waki agiert vorne rechts (10). Die Positionen sind durch den Pfeiler 13 bedingt und ermöglicht allen Zuschauern, die vorne und links um die Bühne herum sitzen, einen Blick auf die Handlung.

Es gibt keinen Vorhang. Dafür gibt es immer ein Dach, auch bei Bühnen in Gebäuden. Wie beim Sumo markiert das Dach eine heilige Stätte. Das Design leitet sich vom Haiden (Gebetshalle) des Shinto ab.

Die 4 Pfeiler, die das Dach tragen, heißen Shite-Bashira, Metsuke-Bashira, Waki-Bashira und Fue-Bashira, benannt nach der Schauspieler, der am nächsten zu ihm steht.

Wie die Masken ist auch die Bühne aus Honoki gefertigt. Sie hat so gut wie keine dekorativen Elemente mit Ausnahme einer der Malerei einer Pinie hinter den Musikern.

Die Hashigakari ist eine Brücke, die zwei Welten verbindet. Sie symbolisiert die mystische Natur des Noh. Die Brücke verbindet die mystische Noh-Welt mit der Realität.

Es gibt keinen Vorhang. Das Stück beginnt mit Betreten der Bühne und endet, wenn die Schauspieler die Bühne verlassen. Bei Veranstaltungen in Gebäude bleibt die Beleuchtung in der Regel an.

Masken

Die Masken (Nomen, 能面 oder Omote, 面) sind ein herausragendes Element des Noh. Sie sind einzigartig. Auffälligste Eigenschaft ist der Wechsel des Gesichtsausdruck mit dem Neigungswinkel der Maske. (Ich habe mir ein Bild von wikipedia geliehen, da ich keines habe.)

Es gibt etwa 250 traditionelle Maskentypen for die Darstellung von verschiedenen Charakteren. Sie bedienen sich dabei Stereotypen zur Darstellung von jungen Frauen, alten Frauen, Männer, Dämonen, Göttern, … Für die Rolle eines erwachsenen Manness wird keine Maske benutzt, da dieses Gesicht von erwachsenen Schauspieler direkt dargestellt werden kann.

Die Masken sind kleiner als das menschliche Gesicht. Dadurch soll der Schauspieler größer wirken. Bei Frauenmasken soll dies zudem die Ästhetik erhöhen.

Verwender wird Zypressenholz aus dem Kisodani (Stichwort: Nakasendo, 2012), das für 6 bis 7 Jahre in frischen und in Salzwasser gelagert wurde. Einzelne Noh-Masken gelten als Kunstwerk.

Die Masken werden aus einem einzigen Block Honoki gefertigt. Die Farben sind naturliche Pigmente. Als Grundierung dient ein Mix aus Leim und Muschelkalk.

Es gibt etwa 450 verschiedene Maskenarten, basierend auf 60 verschiedenen Typen. Die Nohmaske nutzt Stereotypen um verschiedene Personen in Geschlecht, Alter und sozialem Rang darzustellen. Die Maske wird im Regelfall nur vom Shite getragen. Der Waki nutzt diese gelegentlich bei weiblichen Rollen.

Durch die Maske ist es Schauspielern nur durch Körpersprache und Gesten möglich, Emotionen darzustellen.

Auf der anderen Seite sind Masken derart geschnitzt, dass ihr Gesicht je nach Neigung und Lichteinfall unterschiedliche Emotionen zeigen kann.

Die vermutlich älteste Maske ist ein Schatz der Konparu-Schule. Sie soll von Prinz Shotoku (572-622) geschnitzt worden sein.

Wichtige Maskentypen sind:

  • junge Frau (Ko-Omote, Maki-Masu, Waka Onna)
  • mittelalte Frau (Shakumi – ruhig, Fukai – ernst, Daifain – gehässig)
  • alte Frau (Uba – ruhig und bescheiden, Rojo – alt und faltig)
  • komische Frau (O-Kame – bäuerlich und lächelnd)
  • boshafte Frau (Hannya – grün und mit Hörnern)
  • Junger Mann (Kasshiki – Gehilfe, Jifo – Halbgottkind)
  • alter Mann (Kojo – vornehm, Sankojo – bescheiden, Chujo – endler Krieger, Maijo – kahler Mann, Hakujikijo – weißer Bart und Haare, Yorimasu – betagter Krieger, Heida – Krieger)
  • komischer Mann (Hyottoko – verzerrter Mund und asymmetrische Augen)
  • Geister (i.d.R. als blinder Person abgebildet)
  • Götter/Dämonen (Shishiguchi – Löwenkopf, Obeshimi – Monster, Otobide – Göttlichkeit mit hervorstehenden Augen, Tengu – Dämon mit rotem Gesicht, Kurihage – Drache, Oni – Dämon mit rotem Gesicht und Hörnern, Shojo – Seegeist, Buaku – Dämon)
  • Tiere (Kawazu – Frosch, Kitsune – Fuchs, Saru – Affe)
Kostüme und Requisiten

Die Noh-Kostüme (Shozoku) sind teilweise sehr voluminös und ausladend. Sie sind aus Seide und aufwändig bestickt. Wie Noh-Masken sind auch die Shozoku eigene Kunstwerke. Der Aufwand für Shite ist dabei am höchsten, gefolgt von Tsure, Waki, Wakitsure und aikyogen.

Chor und Musiker tragen formale Montsuki Kimono, Hakama und Kamishimo. Die Assistenten (Kuroko) tragen schwarze Kleidung, wie im Bunraku, was sie auf der Bühne „unsichtbar“ macht und als eindeutig als nicht Teil der Handlung kennzeichnet.

In Noh werden nur wenige Requisiten verwendet;primär der Fächer. Der Fächer wird als Ersatz für alle anderen handgehaltenen Requisiten benutzt: Schwerter, Flöten, Schreibpinsel, …

Andere Requisiten werden von den Kuroko auf die Bühne getragen. Anders als im westlichen Theater aber in vollem Rampenlicht und mitten in der laufenden Szene. Besonderheit hier ist, dass die Requisiten in der Regel nur die Außenlinien darstellen. Boote beispielsweise sind nur ein Rahmen in Bootsform. Ausnahme ist eine große Glocke. Sie dient den Schauspielers als Umkleideraum, wenn sie auf der Bühne das Kostüm wechseln müssen.

Wie die Masken sind auch die Kostüme eigene hochgeschätzte Kunstwerke, die in Museen und Privatsammlungen aufbewahrt werden. Ihr Stil ist eine Mischung verschiedener Stiele und Epochen vom 14. bis zum 18. Jahrhundert. Heute benutzte Kostüme sind meist Replikate alter Kostüme, da die Originale zu wertvoll sind. Dennoch kann man immer wieder Kostüme aus dem 16. Jahrhundert auf der Bühne sehen.


Noh-Aufführung

Noh-Aufführungen waren Ganztagsveranstaltungen. Ein volles Programm umfasst 5 Noh-Stücke (eines aus jeder Kategorie), die dem Jo-Ha-Kyuu folgen. Zwischen den Noh-Stücken werden Kyogen-Stücke gespielt.

Heutzutage wird in der Regel ein reduizerter Umfang bestehend aus zwei Noh-Stücken und einem Kyogen-Stück als Abendprogramm gespielt.

Jo-Ha-Kyuu

Das Basiskonzept ist wie bei Kabuki das Jo-Ha-Kyu: ein langsamer Start (Jo, Einführung), eine sich dann immer weiter beschleunigende Handlung (Ha, Entwicklung) und ein schneller Abschluss (Kyuu, Auflösung). Damit ist ein Noh-Stück immer in drei Akte zerlegbar.

Das Jo-Ha-Kyuu erstreckt sich auch über das traditionelle Ganztagesprogramm mit 5 Stücken: 2x Jo, 2x Ha, 1x Kyuu.

Die Handlung

Es gibt grob fünf Kategorien von Handlungen:

  • 神物 .. Kamimono / 脇能 .. Waki Noh: Die Handlung ist feierlich. Der Shite spielt einen Kami oder Buddha. Seine edle Identität wird erst am Ende des Stücks offenbart. Er segnet die Handelnden, das Land und die Betrachter.
  • 修羅物 .. Shuramono / Ashura Noh .. 阿修羅能: Es basiert meist auf dem Wirken einer Kriegerlegende. Der Protagonist erscheint als Geist eines Samurai der um Erlösung bittet. Das Drama endet in der Regel mit der Darstellung des Kampfes, indem der Samurai starb.
  • 鬘物 .. Katsuramono / 女物 .. Onnamono: Dies ist oft ein tragisches Liebesdrama mit Sehnsucht, Neid und unerfüllter Liebe. Der Shite spielt hier eine Frauenrolle. Aus diesen Stücken stammt Fukushi Mugen Noh; eine Doppelphantasie-Noh, das Phantasie und Wirlichkeit vermengt.
  • Drama vom Wahnsinn: Dies sind Stücke zu aktuellen Ereignissen.
  • 鬼物 .. Onimono / 切り能 .. Kiri Noh: Hier sind die Taten eines Oni (Oger, Monster) das zentrale Thema. Diese Stücke sind oft mit schneller Handlung und werden als letztes Stück einer Ganztagsausführung gewählt (siehe Jo-Ha-Kyuu).

Elemente eines Noh-Stücks: Tanz

Der Tanz in Noh wirkt rituell und ist stark von symbolischen Gesten und Posen geprägt. Er wirkt surreal und stilisiert. In Noh ist kein Platz für Improvisation. Jede Bewegung hat eine Funktion. Der Tanz ist ein Destillat (Weglassen unwesentlicher Elemente) der Imitation von Gesten, die Aktionen wie Weinen, Kämpfen oder Schamanentänze darstellen. Es gibt auch Gesten für fallende Kirschblüten und den Schein des Vollmonds.

Die starke Formalisierung des Tanzes bewirkt, dass der Schauspieler eine Kata aus wenigen Schritten und Figuren läuft.

Elemente eines Noh-Stücks: Fußarbeit

Die Fußarbeit im Noh ist speziell. Der Schauspieler geht nicht, er gleitet wie ein Geist. Die Ferse verlässt nie den Boden. Der Fuß gleitet mit ebenfalls aufgesetztem Ballen und Zehen nach vorne. Am Ende der Bewegung wird der Ballen und die Zehen kurz gehoben und wieder aufgesetzt.

Noh kombiniert Masken, Kostüme, Requisiten, Tanz, Gesang und Musik in einer einzigartigen Form.

Emotionen werden nicht gespielt, sondern durch Gesten angedeutet.

Die Sprache ist Altjapanisch mit einer für westliche Ohren gewöhnungsbedürftigen Längung von einzelnen Silben und Variation der Stimmlage.

Kategorien von Noh-Stücken
  • 現在能 .. Genzai Noh: handelt von Menschen. Hier werden Emotionen durch interne und externe Konflikte erzeugt.
  • 夢幻能 .. Mugen Noh: handelt von übernatürlichen Wesen (Götter und Dämonen) oder Phantansien. Der Zeitverlauf muss nicht linear sein. Emotionen entstehen primär durch die zeitlichen Rückblenden.
  • 両掛能 .. Ryokake Noh: ist eine Hybridform der zuvor genannten
Arten von Noh-Stücken
  • 劇能 .. Geki Noh: Dramastücke mit Fokus auf die Handlung
  • 風流能 .. Furyu Noh: Tanzstücke

Etikette

Die Etikette für Zuschauer kann mit dem des formalen westlichen Theater vergleichen werden. Es herscht Ruhe. Ein kleines Libretto dient dazu, der Handlung zu folgen.

Applaus am Ende gibt es nur verhalten, wenn die Schauerspieler die Bühne über den Hashigakari verlassen. Jeder Schauspieler erhält seinen eigenen Applaus. Die Schauspieler verneigen sich nicht und kommen auch nicht zurück auf die Bühne.

Zwischen den Akten wird Tea, Kaffee und Wagashi gereicht. Gelegentlich gibt es Omiki (zeremoniellen Sake) nach dem Ende des Stücks. Dies ist ein eindeutiger Einfluss des Shinto.

[Stand: 07/2017]

Nakasendo und Tokaido

Im alten Japan gab es zwei wichtige Handelswege zwischen Edo (Tokyo) und Heian (Kyoto): den Tokaido entlang der Küste und den Nakasendo durch die Berge.

Das Straßensystem im historischen Japan

Mit Übernahme der Ritsuryo-Verwaltungsstruktur im 7. Jahrhundert aus China wurde auch das Poststraßensystem übernommen, um schnell Informationen zu übermitteln.

Die Halte- und Versorgungsorte heißen noch heute in englischen Reisenführern „Post Towns“. Die Post Towns boten Unterkünfte und Versorgungsmöglichkeiten. Man kann sich diese Orte als historische Autobahnraststätte mit Motel vorstellen.

Während des Kamakura-Shogunats (12. Jahrhundert) wurde das Gokishichido-System entwickelt: Die 5 inneren Kinki Regionen  (Goki…) wurden mit den 7 äußeren (…shichi…) mit Fernstraßen (…do) verbunden.

Nach der berühmten Schlacht von Sekigahara folgten über 200 Jahre (Edo-Zeit, ab 17. Jahrhundert) Frieden in der Handel und Kultur florierten und das Fernstraßennetz erneuert und ausgebaut wurde. 5 wichtige Straßen entstanden und bildeten das Rückrad für Reisen des Shoguns und der Daimyos von und nach Tokyo.

Zwei dieser fünf Straßen verbanden den Kaiserhof in Kyoto mit Tokyo, dem Machtzentrum des Shogunats: Der Nakasendo und der Tokaido.

Die Wege waren primär Reiserouten. Schwere Lasten wurden per Schiff transportiert. Frauen war es untersagt alleine zu reisen. Ferner war eine Reiseerlaubnis notwendig. Ein wichtiger und für viele der einzig erlaubte Grund für eine Reise war der Besuch des Ise-Schreins. Auf der Strecke gab es mehrere Kontrollstellen, an denen die Reisedokumente kontrolliert wurden. Der bekannteste Checkpoint ist wohl Hakone (mehr dazu weiter unten).


中山道 .. Nakasendo

Der Nakasendo (中山道 = zentrale Bergstraße) führt durch das zentrale Gebirge Japans. Er ist 534km lang und hatte 69 Post Towns (Liste am Ende des Artikels). Wie der Tokaido beginnt die Strecke an der Nihonbashi führt aber von hier in die andere Richtung. Der Weg führt zuerst in Richtung Matsumoto, bevor er links abzweigt und durch das Kisotal in Richtung Nagoya geht. Nagoya selbst ist nicht Teil der Route. Über Gifu geht es weiter nach Hikone am Biwasee und dann nach Kyoto.

Der Nakasendo führt durch die historischen Provinzen Musashi, Kozuke, Shinano, Mino und Omi. Heute sind dies die Präfekturen Tokyo, Saitama, Gunma, Nagano, Gifu, Shiga und Kyoto.

Historie

Der Ursprung des Nakasendo entstand im 7. Jahrhundert, um Kinai (heute die Kansai-Region inkl. Kyoto) mit den Tosando-Provinzen zu verbinden. Er basierte dabei auf existierenden Straßen. Beispiel hierfür ist der Abschnitt im Kisotal: Der Kisoji verband 11 Post Towns (33, Niekawa bis 43, Magome) bevor er Teil des Nakasendo wurde. Weitere Namen des Nakasendo sind daher auch Tosando (東山道 = Route der östlichen Bergregion; nicht östliche Bergroute! *)) und Kisokaido (木曾街道),

Während der Sengoku-Periode (15.-17. Jahrhundert) war der Tosando unter der Kontrolle der Clans Takeda (Kai-Provinz), Ogasawara (Shinano), Kanamori (Hida) und Oda (Mino).

In der Edo-Zeit wechselte der Name zu  Nakasendo mit zwei verschiedenen Schreibweisen (中山道 und 中仙道). 1716 wurde durch das Tokugawa-Shogunat die Schreibweise 中山道 festgelegt.

Der Nakasendo heute

Der Nakasendo in seiner ursprünglichen Form existiert nur noch in einzelnen Teilstücken. Ein sehr schönes Stück des Nakasendo kann noch heute erwandert werden (siehe Abschnitt Kisodani).

Heute gibt es eine Serie von Highways, die den Nakasendo „ersetzen“. Die Straßen liegen teilweise neben, teilweise direkt auf der alten Trasse):

  • Tokyo – Takasaki (Route 17),
  • Takasaki – Karuizawa (Route 18)
  • Saku – Shimosuwa (Route 142)
  • Shimosuwa – Shiojiri (Route 20)
  • Shiojiri – Ena (Route 19)
  • Mitake – Maibara (Route 21)
  • Maibara – Kusatsu (Route 8)
  • Kusatsu – Kyoto (Route 1)

Die JR-Chuo-Main-Linie folgt fast komplett dem alten Nakasendo. Die exaktere Auflistung der JR-Strecken, die den Nakasendo entlangfahren ist: Takasaki Line, Shinetsu Main Line, Chuo Main Line, Taita Line und Tokaido Main Line

Das Kisodani (heute)

Das Kisotal bietet ein Besonderheit: Die Bäume im Tal haben eine hohe Qualität. Es war den Bürgern bei Todesstrafe verboten, das Holz zu benutzen.

Leider führte dies auch dazu, dass viele Post Towns heute nicht mehr existieren, da sie verfallen sind. Wie ein wunder ist der schönste erhaltene Streckenabschnitt des Nakasendo genau hier.

Der etwa 9km lange Abschnitt verbindet Tsumago (Station 42, Nagoya-Präfektur) und Magome (Station 43, Gifu-Präfektur), die jede für sich einen Besuch wert sind. Bekannt wurde dieser Abschnitt durch Shimazaki Toson, der über die Folgen der Meiji-Restauration schrieb (Novelle „Before the Dawn“).

Die Anreise ist sehr einfach. Die Zuglinie Chuo folgt im Groben dem Nakasendo und bietet Haltepunkte nahe Tsumago und Magome. Ein Bus verbindet die Bahnstationen und die Orte sowie die Orte selbst miteinander.Der Besuch beider Orte und eine Wanderung auf dem Nakasendo können an einem Tag erledigt werden, wenn das Hotel dicht bei ist. Den Präfekturwechsel sollte man bei der Hotelsuche berücksichtigen, da viele Websites nach Präfekturen sortieren bzw.  fiiltern.


Tokaido

Der Tokaido (東海道 = östliche Seeroute) ist die andere, weitaus bekanntere Reiseroute zwischen Tokyo und Kyoto. Er folgt, wie der Name vermuten lässt, der Küstenlinie und war die weitaus stärker bereiste Route der Edozeit. Die Bekanntheit der Strecke führte zu eine Serie von Ukiyo-e-Drucken, die wieder zur Bekanntheit der Strecke führte, die bis heute anhält (mehr dazu weiter unten).

Der Tokaido ist 488km lang. Er beginnt wie der Nakasendo an der Nihonbashi (Nullpunkt des japanischen Straßennetzes) und geht entlang der Küste über Hakone nach Nagoya und weiter durch die Berge südlich des Biwasee nach Kyoto. Der Tokaido verfügt über 53 Post Towns (Liste ist am Ende des Artikels). Die letzte Station in Kyoto ist wie beim Nakasendo die Sanjo-Ohashi.

Der Osakakaido (大阪街道) ist eine Verlängerung des Tokaido von Kyoto nach Osaka mit 4 Stationen. Hinweis: Wenn von den 57 Stationen des Tokaido die Rede ist, dann sind die 53 Stationen des eignetlichen Tokaido und die zusätzlichen 4 Stationen des Osakakaido gemeint.

Historie

Nach Einrichtung des Ritsuryo-Straßensystems war der Tokaido nur eine Straße zweiter Klasse. Sie begann in Seta und querte unter anderem die Provinzen Omi,  Ise und Hitachi. Vom Tokaido zweigten 3 wichtige Straße ab: Der Ise-ji zum Hauptschrein Ise-Jingu (Shima-Provinz), der Kai-ji in die Provinz Suruga und eine Straße  in die Provinzen Shimousa und Awa auf der Bosohalbinsel. Im 12. Jahrhundert (Kamakura-Shogunat) wurde der Tokaido die wichtigste Straße Japans. [Die Tokaido-Region bestand aus den Provinzen Iga, Ise, Shima, Owari, Mikawa, Totomi, Suruga, Izu, Kai, Sagami, Musashi, Awa, Kazusa, Shomousa und Hitachi.]

Der Tokaido heute

Der Tokaidokorridor ist heute die wichtigste Reiseroute Japans, denn die Strecke verbindet die größten Städte Japans: Tokyo, Yokohama, Nagoya, Kyoto (und Osaka). Teile des alten Tokaido werden dabei heute noch benutzt, z.B. als Teil der Nationalstraße 1.

Die JR-Tokaido-Strecke (Main Line und Shinkansen) folgenden im groben der alten Tokaidostrecke und haben daher den Namen. Autofahrer folgen der Tomei- und der Meishin-Expressways.

Vereinzelt existieren noch im Original erhaltene kurze Streckenabschnitte. Aus Touristensicht ist der Abschnitt im Hakonegebiet zu nennen. Zusätzlich zur alten Strecke exisitert hier noch ein Nachbau der Grenz- und Zollstation Hakone. (Trivia: Die Hakonestation teilt Kanto von Kansai, was nicht übersetzt nichts  anderes bedeutet als östlich bzw. westlich der Grenzstation).

Tokaido in Kunst und Literatur

Die Novelle Tokaidochu Hizakurige von Jippensha Ikku ist eine „virutelle“ Reise entlang des Tokaido.

Am Bekanntesten sind wohl die Holzdrucke (Ukiyo-e) Tokaido Gojusan tsui. Die Künstler Kuniyoshi, Hiroshige und Kunisado kreierten für jede Station auf dem Weg eine typische Szene von der Reisestrecke. Man kann diese Ukiyo-e vergleichen mit Urlaubsfotos. Darüber hinaus gibt es viele zeittypische Details zu entdecken, teilweise gut getarnt, um die damalige Zensur zu umgehen. (Dabei fällt mir ein, dass ich mir ein Set davon auf meiner nächsten Japanreise kaufen muss.)

Trivia: in den 1980ern hat der Künstler William Zacha den Tokaido bereits und sein Set von 55 Siebdrucken erstellt. Die Bilder illustrieren das Buch Tokaido Journey, in dem William Zache einen Reisebericht abliefert (quasi ein Reiseblog bevor es das Internet gab). Der britische Maler Nigel Caple erstellte ein Set von 53 Bildern Ende der 1990er mit den alten Ukiyo-e-Drucken als Vorbild.

Das Spiel Tokaido

2012 kam ein Spiel mit dem Namen Tokaido raus. Hier startet man in Kyoto und reist über 53 Stationen nach Tokyo. Auf dem Weg sind mehrere Aktivitäten möglich: Onsen besuchen, Souvenirs kaufen, Leute treffen, Bilder malen, gutes Essen genießen. Eigentlich genau das, was eine gute Japanreise ausmacht.

Das Spiel steht noch auf meiner Wunschliste. Wil Wheaton (ja genau DER) hat eine Folge in der das Spiel vorgestellt wird: *Link zu Youtube*


Verbindung zwischen Tokaido und Nakasendo (Tosando)

Um Tosando und Tokaido zu verbinden wurden mehrere Straßen gebaut, die im Prinzip die Grundlage der heutigen Highways 52, 151, 153 und 22.


69 Nakasendo Post Towns

Der heutige Name des Ortes ist in eckigen Klammern. Meist ist der Orte heute ein Stadteil oder Ort innerhalb einer großen Stadt. Die 69 Stationen des Nakasendo sind, beginnend in Tokyo:

Ich hätte die Orte gerne nach den alten Provinzen sortiert, aber hier ist mein Wissen zu dünn aufgestellt.

53 Tokaido Post Towns

  • Startpunkt: Nihonbashi (Musashi-Provinz)
  • Musashi-Provinz: (1) Shinagawa, (2) Kawasaki, (3) Kanagawa, (4) Hodogaya
  • Sagami-Provinz: (5) Totsuka, (6) Fujisawa, (7) Hiratsuka, (8) Oiso, (9) Odawara, (10) HAKONE
  • Izu-Provinz: (11) Mishima
  • Suruga-Provinz: (12) Numazu, (13) Hara, (14) Yoshiwara, (15) Kambara, (16) Yui, (17) Okitsu, (18) Ejiri, (19)Fuchu, (20) Mariko, (21) Okabe, (22) Fujieda, (23) Shimada
  • Totomi-Provinz: (24) Kanaya, (25) Nissaki, (26) Kakegawa, (27) Fukuroi, (28) Mitsuke, (29) Hamamatsu, (30) Maisaka, (31) Arai, (32) Shirasuka
  • Mikawa-Provinz: (33) Futagawa, (34) Toyohashi, (35) Goyu, (36) Akasaka, (37) Fujikawa, (38) Okazaki, (39) Chiryu
  • Owari-Provinz: (40) Narumi, (41) Miya
  • Ise-Provinz: (42) Kuwana, (43) Yokkaichi, (44) Ishiyakushi, (45) Shono, (46) Kameyama, (47) Seki, (48) Sakashita
  • Omi-Provinz: (49) Tsuchiyama, (50) Minakuchi, (51) Ishibe, (52) Kusatsu, (53) Otsu
  • Zielpunkt: Sanjo-Ohashi

Die Strecke für heute durch die Präfekturen: Tokyo, Kanagawa, Shizuoka, Aichi, Mie, Shiga und Kyoto


*) 東山道: Die Bergkette die vom Biwasee nordöstlich von Kyoto bis nach Aomori läuft wird östliche Bergregion genannt. Der Tosando ist der Weg durch diese Region.

[Stand 09/2017]

木組み .. Kigumi

木組み (ki-gu-mi) kann man als Holzverfugung übersetzen. 木組みの家 ist ein Fachwerkhaus, womit der kigumi-Teil dann Fachwerk bedeutet. Das trifft es im Prinzip, aber auch nicht.

Unter kigumi versteht man eine Holzkonstruktionsmethode, besser gesagt eine Verbindungstechnik, die ganz ohne Nägel, Schrauben, Seilen oder Leim auskommt. Ich habe eine freie Übersetzung ins Englische gefunden, die es ziemlich gut trifft: „interlocking wooden joints“. Diese Fertigungstechnik lässt sich bis in das 7 Jahrhundert zurück verfolgen.

Holen wir kurz etwas weiter aus … Es gibt zwei Verbindungsmethoden, die ohne Schrauben, Nägel und Leim auskommen: Tekizami und Kigumi

Tekizami: Die Verbindungsstellen der Einzelteile werden hochpräzise als Presspassung gefertigt und dann mit safter Gewalt zusammengesetzt. Das Ergebnis ist eine extrem feste Fügung. Der Ingenieur spricht von Reibschluss. Das einzige was die Teile zusammenhält ist die Reibung zwischen den Bauteilen.

Besten und bekanntestes Beispiel ist wohl das Masu, das eckige Trinkgefäß für Sake aus Holz. Bei Möbeln sieht man teilweise nicht einmal mehr die Nahtstelle. Die beiden Holzteile sind so aufeinander abgestimmt, dass die Maserung im Holz ohne Unterbrechung von einem auf das andere Teil wechselt. Die Japaner gehen hier die Extrameile.

Kigumi: Diese Technik setzt neben Reibschluss vorrangig auf Formschluss. Die Teile haben meist eine komplexe Form. Sie werden ineinander gesteckt. Ein kleiner Stift oder Keil, verhindert dann ,dass die Teile sich bewegen können. Die Bewegungsrichtung zum Auseinanderbauen ist blockiert. Kigumi ist also wie eines dieser Puzzle-Schlösser.

In Kigumi werden zwei Verbindungsmethoden unterschieden: Tsugite und Shiguchi.

Tsugite sind Methoden, um einen Balken zu verlängern. Die Technik wird bei Restaurationen auch eingesetzt. Ist beispielsweise ein Teil des Balkens verrottet und unbrauchbar geworden, wird der beschädigte Teil abgesägt und ein frischer Teil mittels Kigumi-Fügetechnik angesetzt. Die bekanntesten Techniken des Tsugite sind Koshikake-Kamatsugi und Kanawatsugi.

Shiguchi sind Methoden zur Herstellung einer L- oder X-Verbindung. Weit verbreitet sind die Techniken Shinozashi und Nagahozo-komi-senda.

Vorteil dieser Technik

Oder die Frage: Wozu der Aufwand?

Bei großen Holzplatte gibt es immer wieder Bereiche, die reißen können, wenn das Holz trocknet. Hier werden Kigumi-Elemente eingesetzt, um die Rissstelle zu stabilisieren.

Bildquelle: https://www.woodtalkonline.com/

Zudem ist ein Verzicht auf Eisenteile, die rosten können, ebenso von Vorteil, zumal es auch keine (chemischen) Wechselwirkungen zwischen Holz und Eisen gibt.

Der wichtigste Faktor ist aber die Flexibilität der Verbindung. Es gibt einen Grund für die fast verschwenderisch anmutenden Dachkonstruktionen von Tempeldächern. Diese  Konstruktion ist nicht nur eine gelungene Visualisierung der Krafteinleitung in den stützenden Balken.

Die Verbindung ist, wie vermutet, komplett gesteckt und sonst in keiner Weise verbunden. Ohne dach könnte man sie wie Legosteine ohne Noppen auseinander nehmen. Die Konstruktion wird nur druch das Gewicht des Daches in Form gehalten.

Den vollen Vorteil spielt die Konsktruktion bei einem Erdbeben aus! In jeder Verbindungsebene kann die Kontruktion arbeiten und Energie durch Reibung verbrauchen, bevor das Dach erreicht wird. Das ist auch der Grund warum die Konstruktion abwechseld in zwei Richtung aufgebaut ist. Während das Fundament starkt schwint, bleibt das Dach vergleichsweise ruhig. Es schwingt auch, aber wesentlich ruhiger und weicher.

But wait there is more …

Kigumi nur auf die Verbindung zu beschränken ist aber auch nicht fair. Kigumi ist natürlich auch die präzise Bearbeitung des Holzes, die diese Verbindungstechniken erst möglich macht. Kigumi ist auch die Berücksichtigung der Materialeigenschaften. Die Abstimmung der Faserrichtung der verbundenen Teile für ästhetische Zwecke ist eine Sache, aber mit der Faserrichtung und dem exakten Faserverlauf ändern sich auch die physikalischen Eigenschaften: Biegeverläufe, Ausdehnung bei Feutigkeit, …

Beispiel: Iyo-Otu Castle

Die Burg habe ich 2016 besucht. Es ist eine vollständige Rekonstruktion. Aber anders als bei Nagoya und Co, hat man hier keinen Betonklotz verkleidet. Die Burg ist komplett aus Holz, erbaut mit den alten Methoden. Hier kann man Kigumi in Aktion sehen.

Bespiel: Wassermühle im Bosa-no-mura (Narita)

Dieses Beispiel habe ich erst bei der Sichtung der Fotos entdeckt. Achtet mal auf die senkrechten Balken der Wand. Sie sind alle mit Kigumi verlängert worden.

Informationen vor Ort

In Japan bieten einzelne Burgen, Tempel oder Samuraihäuser Informationen zu Kigumi; meist, wenn diese Bautechnik für das Gebäude benutzt wurde. Bei der Rekonstruktion der Burg Iyo-Ozu wurden Kigumi-Techniken benutzt.

In Tokyo gibt es seit 2015 das Kigumi-Museum: [https://www.kigumi.tokyo/] Es befindet sich in Hall Eight, 3F, Waseda 2-3-26, Shinjuku-ku (geöffnet: Di bis Do von 10-16 Uhr) — Von der Adresse her ist es Teil der Waseda University. Das Gebäude befindet sich nördlich des Anahachimangu. Der ist dann auch gleich an gutes Anwendungsbeispiel für Kigumi. (Randnotiz: Nur 200m nördlich ist die Endstation der Sakuratram.)

Hida-Furukawa ist bekannt für sein Holzhandwerkskunst. Es gibt ein Museum, dass unter anderem Kigumi behandelt: das Takumikan Craft Museum (飛騨の匠文化館) [webpage]. Ich habe es 2006 besucht [Link] Hida-Furukawa ist nur ein paar Banhstationen von Hida-Takayama entfernt. Hier startet/endet nicht nur der Bus nach Shirakawa-go und Kanazawa, sonder Takayama ist auch bekannte als Little Kyoto. Es ist definitiv einen Besuch wert. [Ich war 2006 und 2008 in Takayama]. Beachtet aber, dass das berühmte Matsuri von Takayama ein Kracher, aber leider total überlaufen mit Touristen ist.

Diese Webseite [https://www.bigsandwoodworking.com/] hat ein paar gute Fotos aus dem oben genannten Kigumi-Musem.

Souvenir

Als Tourist kommt man unter Umständen auch mit Kigumi in Berührung. Es gibt 3D-Puzzle aus Holz, die man als Souvenir kaufen kann. Die Bautechniken sind nicht wirklich kigumi. Das ist eher eine Marketing-Gag. Aber das ein oder anderen Puzzle sieht sehr spannend aus.

Zudem sind die Bausätze sehr kompakt und eignen sich gut für den Transport im Koffer. Allerdings sind sie relativ schwer, sodass man bei zu vielen Sets ggf. am Gewichtslimit scheitert.

In der unterirdischen Shoppingmall bei Kabuki-za (Ginza) kann man die Puzzle kaufen. Weitere Orte kann ich (noch) nicht nennen, da ich bis 2019 nicht danach gesucht und mir folglich auch nicht gemerkt habe, wo ich diese Sets gesehen habe.

Bay und Co.

Gelegentlich findet man Bausätze bei Amazon oder eBay. Einen deutschen Vertrieb konnte ich nicht finden. Die Preise müsste man auch mal vergleichen. Das oben eingeblendete Set von Himeji-jo liegt im Netz bei 80€ bis 100€ plus Versand. Der Hersteller is „Azone“. Geeignete Sichbegriffe sind „kigumi“ und „ki-gu-mi“

Angebote aus Japan sind günstige. Himeji-jo haeich für knapp 60€ gesehen. Die Versandkosten bringen einen dann aber um. Teilweise 20€ und aufwärts. Selbst wenn der Versand kostenfrei ist, darf man Einfuhrumsatzsteuer (19%) und Zoll nicht vergessen (je nach Deklaration könnte es zollfrei durchgehen). DHL will oft auch noch Geld für die Zollabwicklung oder ihr müsst den Papoerkram selber machen und das Paket in Person beim Zollamt abholen. Plant hier mal grob 20€ ein.

P.S.: Und falls ihr bei google nach kigumi sucht, werdet ihr zu 99% Treffer für kigurumi finden, denn google interesssiert sich nicht für euren Suchbegriff. Und viele andere User haben halt nach kigurumi gesucht und das ist Furry-Fetisch für Arme (und ein Grund, warum ich den deutschen Karneval lächerlich finde).

[erstellt 27.12.2020]

japanische Nationalschätze

wiki Übersichtsartikel Japans  Nationalschätze. Es gibt 12 Kategorien:

Burgen: Es gibt 8 Nationalschätze die auf 4 Burgen verteilt sind. Ich habe alle besichtigt und kann sagen: Die ersten beiden sidn Pflichtprogramm. Die letzten beiden gehören in die Kann-Liste.

  • Himeji,
  • Matsumoto,
  • Hikone
  • Inuyama.

Residenzen: Die Liste umfasst 15 Gebäude an 10 Residenzen in 5 Städten. Mit Ausnahme des Asakasa-Palastes (1909) stammen alle aus dem 15. bis 17. Jahrhundert. Gesehen habe ich nur 6.

  • Joan Teehaus, Inuyama; noch nicht besichtigt, der Park war gschlossen, Inuyama
  • Kangakuin und Kojoin Empfangsbereich des Miidera, Otsu
  • Kanchiin Empfangsbereich des Toji, Kyoto; den Tempel habe ich besichtigt, den Empfangsbereich aber aus Unwissenheit ignoriert.
  • Omote shoin und Karamon des Sanbo-in, Kyoto
  • Silberner Pavillon und Togu-do des Ginkaku-ji, Kyoto, gesehen
  • Ninomaru-Palast der Burg Nijo, Kyoto; Wachstube, Eingangsbereich, große Halle, Sagobaum-Halle, schwarze und weiße Studierhalle habe ich gesgehen
  • schwarze und weiße Studierhalle des Nishi Honganji, Kyoto, gesehen; Das Hiunkaku habe ich übersehen
  • Taian des Myokian, Oyamazaki
  • Shoin des Ryokoin, Daitokuji, Kyoto
  • Asakasa Palast, Tokyo, von weitem gesehen

Schreine: Die Liste umfasst 39 der vermutlich über 150.000 Schreine in japan. Die einzigen mir bekannten Schreine außerhalb Japans beinfden sich in Brasilien und Nordamerika, Frankreich und den Niederlanden. Letzteres will ich diesen Sommer suchen (und finden). Die Sumitomo Riko hat eine Niederlassung in Steinau, Hessen. Hier soll ein Schrein stehen. Aber zurück zur Liste der Nationalschätze.

  • Osaki Hachimagu, 大崎八幡宮, Sendai, Miyag-iken; dunkles Holz und farbenreiche Verzierungen wie in Nikko
  • Nikko Toshogu, (5 Einträge), 日光東照宮, Nikko, Tochigi-ken, u.a. Honden, Tor und Ost-West-Korridor, einfach „Bam“
  • Honden des Taiyuin, 大猷院霊廟, Nikko, Tochigi-ken
  • Honden und Haiden des Ujigamijinja, Uji, Kyoto-ken
  • Honden, Korridor, Gebetshalle des Kitano Tenmangu, Kyoto, Kyoto-ken
  • Honden des Sumiyoshi Taisha, Osaka, Osaka-ken
  • Honden des Kasuga Taisha, Nara, Nara-ken
  • Itsukushima-Schrein, div. Gebäude, (6 Einträge), Miyajima, Hiroshima-ken

Die sind noch auf meiner Liste

  • Honden und Tor des Nihsina Shinmeigu, Omachi, Nagano-ken
  • Shoden des Kangiin, 歓喜院, Kumagaya,  Saitama-ken
  • Honden, Korridor, Gebetshalle des Kunozan Toshogu, Shizuoka, Shizuoka-ken
  • Shinra Zenjindo des Miidera, Otsu, Shiga-ken
  • Honden des Mikamijinja, 御上神社, Yasu, Shiga-ken
  • Honden des Osasaharajinja, 大笹原神社, Yasu, Shiga-ken
  • Honden des Tsukubusumajinja, 都久夫須麻神社, Nagahama, Shiga-ken
  • Nishikongu und Higashihongu des Hiyoshi Taisha, Otsu, Shiga-ken
  • Hishihonden des Namurajinja, 苗村神社, Ryuo, Shiga-ken
  • die drei Honden des Kamojinja, Kyoto, Kyoto-ken–> muss auf meine Kyoto-Liste !
  • Gebetshalle des Seiryogu, 清瀧宮, Daigo-ji, Kyoto, Kyoto-ken –> muss auf meine Kyoto-Liste !
  • chin. Tor des Toyokuni-Schrein, Kyoto, Kyoto-ken
  • Haiden des Sakuraijinja, 桜井神社, Sakai, Osaka-ken
  • Honden des Uda Mikumari Schrein, Uda, Nara-ken
  • Haiden des Isonokamijingu, Tenri, Nara-ken
  • Hakusando und Kusagado des Enjo-ji, Nara, Nara-ken
  • Nageirido des Okunoin, 奥院, Misasa, Tottori-ken
  • Honden des Izumo Taisha, Taisha, Shimane-ken
  • Honden des Kamosujinja, 神魂神社, Matsue, Shimane-ken
  • Honden, Haiden des Kibitsu-Schrein, Okayama, Okayama-ken
  • Honden des Sumiyoshijinja, 住吉神社, Shimonoseki, Yamaguchi-ken
  • Honden des Kandanijinja, (神谷神社, Sakaide, Kagawa-ken
  • Aoi-Aso-Schrein, (5 Einträge), Honden, Haiden, Heiden, Korridor und Romon, Hitoyoshi, Kumamoto-ken
  • Honden des Usa Hachimangu, Usa, Oita-ken

Von den nachfolgenden Kategorien habe ich sicherlich schon das ein oder andere gesehen. Die Listen würde den Blogeintrag sprengen. Zudem habe ich sie nicht vorliegen.Sonstige Bauwerke: 3; die No-Bühne im Nihsi-Honganji, die Aula der Schule in Bizen und die röm.-kath. Kirche in Nagasaki. Letzters ist auf der Liste for 2016.

  • Tempel: Die Liste umfasst 152 Einträge.
  • Historische Dokumente: 60 Stück
  • archäologische Materialien: 44 Stück
  • Kunsthandwerk: 252 Stücke (darunter 122 Schwerter)
  • Sammlungen historischer Malereien 3; mit mehreren tausend Objekten
  • Gemälde: 158 Stück
  • Skulpturen: 126 Stück
  • Schriftstücke und Dokumente: 223 Stück; einige davon werden im Nationalmuseum oder im Maeda Ikutokukai in Tokyo sowie im Reizei-ke Shiguretei Bunko in Kyoto aufbewahrt.