Hier einige Fakten zum Bahnhof „Tokyo Eki“.
- 760.000 Fahrgäste pro Tag.
- 335m lang ist das Hauptgebäude (die Bahnsteige sind noch länger)
- 28 Bahngleise (ohne die U-Bahn !!!)
- über 600 Shinkansen erreichen/verlassen Tokyo Eki pro Tag (also grob zwischen 5 Uhr morgens und Mitternacht)
- normale Züge fahren auf Kapspur (1063 mm); Shinkansen nutzen Normalspur (1435 mm)
- In der Mitte des Hauptgebäude ist ein Eingang, der dem Kaiser und seiner Familie vorbehalten ist.
- Auf jedem Bahnsteig ist eine Nullmarke, da ab Tokyo die Bahnkilometer gezählt werden.
1914 wurden die Bahnhöfe Shimbashi und Ueno verbunden und der Bahnhof Tokyo Eki eröffnet; fast 40 Jahre nach Beginn des Eisenbahnalters (1872) in Japan. Somit ist der Bahnhof weder der erste noch der älteste in Tokyo bzw. Japan.
Wer den Bahnhof kennt, weiß dass er groß ist. Es ist ein Labyrinth. Anders als in Europa verlaufen die Bahngleise in mehreren Ebenen über und unter der Erde. Dazwischen spannt sich ein Netzwerk von Passagen und Wegen. Hinzu kommt die riesige unterirdische Shopping Mall Yaesu und die Kellergeschosse der umliegenden Gebäude. Auf meiner erste Reise habe ich über eine viertel Stunde benötigt, um das Schließfach mit meinem Koffer wiederzufinden.
Der viktorianische Baustil lässt ihn aussehen wie einen Banhhof in London oder Dover. Das Hauptgebäude ist aus rotem Backstein. Es hatte ursprünglich 3 Stockwerke. Nach der Zerstörung in WWII wurden aber nur 2 Stockwerke wieder aufgebaut. Das war noch 2004 so, als ich den Bahnhof zum ersten Mal besuchte. Zu diesem Zeitpunkt war der Bahnhof bereits in großen Umbaumaßnahmen begriffen. Unter anderem wurde das Gebäude erbebensicher gemacht. Dazu gehörte eine neues Fundament. Das Fundament gründete auf zigtausenden 8m langen Holzpfeilern. Diese wurde durch 450 Stahlbetonpfeiler, jeder 20m lang, ersetzt. Allein das bergen der alten Holzpfeiler dauerte 3 Jahre.
Es wurden zwei neue Bodenplatten im Abstand von etwa 1m gegossen; dazwischen 352 Schockabsorber als Erbebenschutz. Das Gebäude wurde dabei um einen Meter angehoben. Die Anhebung erfolgte in mehreren Abschnitten unter Normalbetrieb. Leider habe ich kein Foto von der temporären Treppe zwischen dem bereits angehobenen und dem noch nicht angehobenen Gebäudeteil. Dieser Prozess dauerte 3 Jahre. Ich dachte damals: „Welcher Depp baut genau hier drei Stufen?“
Im Rahmen der Renovierung wurde auch das dritte Stockwerk wieder aufgebaut. Ich habe somit Fotos von Tokyo Eki mit 2 und mit 3 Etagen.
Wegen der Umbaumaßnahmen habe ich erst 2012 das eigentliche Bahnhofsgebäude gesehen. Zuvor war das für mich die hässliche Seite mit der grauen Bauplane überall. Mangels Orientierung dachte ich immer, dass es die Rückseite des Bahnhofes ist.
Das Dach ist mit Schieferplatten gedeckt. Sie stammen aus Ishinomaki; der Ort, der 2011 vom Tsumami vernichtet wurde. Auch die Fabrik, die die Dachschindeln hergestellt hat, wurde bis auf die Fundamente zerstört. Wie durch ein Wunder überlebte ein Großteil der Schindeln, die zu diesem Zeitpunkt versandfertig verpackt im Lager standen. Sie wurden gereinigt und verbaut. –> Wer also heute auf den Bahnhof blickt, sollte sich bewusst machen, dass all die Dachschindeln vom Tsunami verschlungen aber wieder freigegeben wurden; anders als die Firma, die sie erstellte.
Der Bahnhof kann grob in 4 Abschnitte unterteilt werden:
- der Bereich vor den Drehkreuzen, der für alle zuänglich ist.
- der Bereich der Local Trains und Commuter Trains
- Shinkansenbereich von JR East
- Shinkansenbereich von JR West/Center
Ich weise darauf hin, dass es zwei getrennte Shinkansenbereich gibt. Sie haben unterschiedliche Gates.
Im Bahnhof selbst gibt es ein Hotel. Man kann von manchen Hotelzimmern in die Wandelhalle des Bahnhofes schauen.
Das U-Bahn-Netz gehört offiziell nicht zum Bahnhof. Es ist riesig. Die Weg sind teilweise über 1km lang. Man kann unterirdisch teilweise bis zur nächsten U-Bahn-Station laufen.
Die Tunnel sind dabei so dicht nebeneinander, dass es eng wird. Beispiel hierfür ist dieser Korridor, der ein paar Stufen hintergeht, weil darüber ein U-Bahn-Tunnel ist. Er ist so schmal, weil links und rechts ebenfalls U-Bahn-Tunnel verlaufen. Und unter dem Korridor ist ein weitere U-Bahnhof. Dessen Decke musste abgesenkt werden, damit der Korridor gebaut werden kann.
Das Bahnnetz
In Zentral-Tokyo gibt es 62 Bahnlinien mit 25 Millionen Kunden pro Tag. Auf manchen Bahnsteigen von Tokyo Eki, verlässt alle 3 Minuten ein Zug den Bahnhof. Die Yamanote kommt in der Rush Hour sogar auf einen 2-Minuten-Takt. Die Haltezeit von Zügen wird in Japan in Sekunden angegeben; in der Regel 30-35s. Die Haltezeiten berücksichtigen die Rush Hour und Zeiten mit wenig Kundschaft und die Eigenschaft des Bahnsteigs (wie schnell können Fahrgäste ein- und austeigen).
Alles klappt nur, weil die Zügtüren auf wenige Zentimeter genau immer an der gleichen Stelle sind und Passagiere bereits beim Einfahren des Zuges in Position stehen: Leute die Aussteigen gehen direkt geradeaus zur Bahnsteigmitte. Leute die Einsteigen warten links und rechts von der Tür (da sie wissen wo die Tür sein wird) und steigen nach dem letzten „Aussteiger“ sofort ein. Das rüpelhafte deutsche Verhalten (der Versuch einzusteigen, bevor alle ausgestiegen sind) wäre in Japan undenkbar.
Besonderheit in Japan ist, das verschiedene Zugtypen – Locals die an jedem Bahnhof stoppen, Rapid, Express und Ltd. Express, die nur an wenigen Bahnhöfen halten – auch dem gleichen Gleis laufen. Die Fahrt der Züge muss daher sekundengenau eingehalten werden, damit der Express den Local an den wenigen Überholgleisen überholen kann.
Eine Verspätung von einer Minute (bei der Deutschen Bahn normal) führt dazu, dass nachfolgende Züge bremsen müssen. Ein Kettenreaktion im gesamte Bahnnetz ist die Folge. Eine Bestätigung für Verspätungen (z.B. um sie dem Chef vorzulegen) gibt es bereits ab 2 Minuten Verspätung. Bei der Deutschen Bahn ist ein Zug erst ab 15 Minuten vespätet. Undenkbar in Japan. Zumal dies bedeuten würde, dass z.B. auf der Yamanote, 8 Züge entfallen oder warten müssen.
In der Rush Hour ist es so überfüllt, dass bereits die Jahreszeit Einfluss hat. Im Winter tragen die Passagiere dickere Jacken, sodass weniger Fahrgäste in den Zug passen. Es sind vielleicht 5-10 Leute pro Waggon, aber das System ist derart am Limit, dass dieser Effekt messbar ist.
[Stand 06/2017]