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der letzte Tag – Good Bye Heisei

Das ist er also. Der letzte Tag der Heisei-Ära. Das Ende einer Ära.

Seit hunderten von Jahren erstmals ist dieser Tag nicht überschattet vom Tod des Kaisers und Staatstrauer. Das heißt aber auch, dass die Japaner nicht wirklich einen Plan für den heutigen Tag haben. Also mache ich mir meinen eigenen.

Während das Fernsehen noch die einzelnen zeremoniellen Details des heutigen Tages durchgeht, von denen alle hinter verschlossenen Türen im Kaiserpalast stattfinden werden, suche ich nach einem guten Tropfen für die anstehende Bootsfahrt.  Mein erstes Ziel ist der Sakeya nebem den Eingang zur Yushumi-Station der Chiyoda-Linie; geschlossen während der Golden Week.

Zum Glück gibt es noch das Untergeschoss des Matsuzakaya Depato. Ich finde keinen Reiwa-Sake, aber auf der anderen Seite wäre das eher was für morgen. Ich kaufe einen Junmai-Daiginjo (gemäß dem Reeperbahnmotto „Sekt für die Nutten, Champagner für mich“). Und ganz wichtig: Ich habe den letzten Tropfen des Suntory Royal dabei. Mehr dazu später

Ich habe genug Zeit, um durch die Ameyokocho zu schlendern. Dass ich diese quirlige Straße so lange vernachlässigt habe …

Weiter nach Mitsukoshi-mae, da ich noch einen Sakebecher brauche. Was ich in diesem Moment nicht realisiere ist, dass das Shopping Center Coredo gleich neben dem Park mit dem Fukuto-Schrein (und dem Suigian) ist. Wie sollte ich auch. Ich war nicht an der Oberfläche, sondern nur im „Tokyo Underground“.

Und dann endlich die letzten Meter zum Bootsanleger. Oben an der Nihonbashi treffe ich Thomas. Im Gegensatz zu mir hat er keine Reservierung, aber es sind noch zwei Plätze frei, wenn wir etwas zusammenrücken. Und man erinnert sich an mich.

Goodbye Heisei Boat Cruise

Die Fahrt beginnt. Der Sake kommt auf den Tisch. Das Thema dieser Bootsfahrt ist „Good Bye Heisei“. Es geht vorbei an Gebäuden und Brücken aus der nur noch bis heute währenden Heiseizeit. Ein kleines Booklet zeigt Fotos von früher: Toyko Bay ohne die Rainbow Bridge. Unvorstellbar. Es folgen weitere Bauten wie Tokyo Big Sight und die Chuo-Shin-Ohashi.

Auf halber Strecke beginnt der Regen, der aber auch wieder aufhört. Zeit für DEN Whisky. Die Reiseleiterin übersetzt kurz den Hintergrund der Flasche für die anderen Teilnehmer: Gekauft habe ich den Whisky auf meiner ersten Japanreise 2004. Es ist ein Suntory Royal 15 Jahre, womit er in Heisei 1, dem ersten Jahr der Regentschaft, destilliert wurde. Zur Mitte (Heisei 16) habe ich ihn gekauft. Hier und heute, weitere 15 Jahre später (Heisei 31), erfolgt nun, am letzten Tag der Regentschaft, der Bottle Kill … Die leere Flasche kommt mit zurück nach Deutschland aus wertvolles Souvenir.

Nach der Rundfahrt stoppen wir drei erst einmal für ein kleines Mittagessen, bevor wir nach Akihabara verlegen. Wir stöbern etwas durch durch Straßen voller Manga und Elektronik und verlassen Akihabara über die Manseibashi (mit Stop an der Hitachino-Brauerei).

Mein nächster geplanter Stop ist Kanda Myoin. Von hier geht es zu Fuß weiter zum Yushima Tenjin. Ich gebe zu, dass dieser Abschnitt etwas selbstsüchtig ist. Ich will kurz mein Hotel und meinen Schrein zeigen.

Eigentliches Ziel ist der Ueno Park mit Kiyomizu-Kannon und Ueno-Toshogu. Und wo wir schon hier auf der Ecke sind, kann ich mir einen Abstecher in die Ameyokocho nicht verkneifen.

Uhrzeittechnisch schaffen wir es eh nicht mehr nach Asakusa. Von daher ist es jetzt mein Plan nach Kanda zu verlegen, wo ich kurz etwas die Orientierung verliere. Was jedoch nur daran liegt, dass es die falsche Kreuzung ist. 50m später ist alles wieder vertraut und wir gehen die schmale Treppe hinauf zum Kanda Oden Yataimura.

Wir sind die ersten Gäste und legen gleich los. Wie beim letzten Mal starte ich mit einem Hoppy, das Thomas noch nicht kennt, ein Bierersatz mit minimalem Alkohol (0,8%). Es ist nicht jedermanns Sache, aber ich mag es. Der nachfolgende Drink ist Dashiwari (Sake mit Dashi), das Thomas auch noch nicht kennt. Mein Fachwissen über japanischen Alkoholika macht mich langsam nachdenklich.

Wechseln wir zum Oden. Hier halte ich mich an meine Favoriten: Daikon (Rettich), Tamago, Würstchen, Fleischspieße, … Das ist Soulfood. Ob ich Gaku jemals überreden kann, das in Koblenz zu servieren, sei es auch nur zu Weihnachten auf dem Weihnachtsmarkt.

Gegen 21 Uhr scheint der Tag für mich zu enden. Die frische Luft, der Rest vom Jetlag und jetzt die wohlige Wärme von Oden und Dashiwari machen mich müde. We call it a day und jeder beginnt den Rückweg zu seinem Hotel. Aber Moment, das war noch was …

Upgrade auf Premium Economy

Irgendwie komisch gelaufen. Vorgestern konnte ich ein Gebot für ein Upgrade auf Premium Economy abgeben. Ich habe so tief geboten, wie es die App zugelassen hat. Was soll ich sagen. Heute Mittag kam die Mail. Mein Gebot hat wirklich gewonnen.

Damit ist die Idee eines Fluges für 640€ natürlich vom Tisch, aber hey: Premium Economy; Noise Canceling Headphones und Champgner inklusive, dazu mehr Beinfreiheit und Breite, USB, Internet und eine Leselampe. Hoffentlich gewöhne ich mich nicht daran.

Noch 7 Tage …

In 7 Tagen werde ich bereits im Flugzeug sitzen, eine Sake in der einen, Knabberkram in der anderen Hand, und mich auf weitere 10 Stunden Flug eingestellt habe.

Wie immer habe ich bis jetzt meine Vorbereitungen hoch motviert begonnen und dann schleifen lassen. Meine Pläne für Tokyo stehen immer noch nicht; mit Ausnahme des Abendprogrammes. Auch Yokohama ist noch nicht finalisiert. Auf der anderen Seite: Was solls. 2004 (und 2006) war ich nur mit einem Reiseführer unterwegs. Ich bin an einen Ort gefahren, habe erst dort bei der Touristeninfo eine Karte bekommen und haben dann mehr oder weniger planlos losgelegt.

Das ist jetzt 15 Jahre her. Und auch wenn es abgedroschen klingt: Es waren andere Zeiten. Auweia, ich werde alt. Aber 2004 … Das war Windows XP und Nokia-Mobiltelefone. Das iPhone ware noch 3 Jahre entfernt und mobiles Internet gab es maximal als WAP. Das detusche Windows XP konnte keine japanische Schriftzeichen. Es gab noch kein googlemaps (begann 2005) und tripadvisor war noch nicht so bekannt und mächtig. All die Hotelbuchungsseiten gab es auch noch nicht. Die Planung einer Japanreise war eine Herausforderung: Man musste Hotels finden und Informationen gab es eigentlich nur in Buchform (Reiseführer wie Lonely Planet).

Es waren schöne Zeiten. Es gab weniger Touristen. Das Takayama Matsuri war schon berühmt, aber es kamen nur Leute, die wussten, was sie tun. 2018 bin ich an Takayama vorbeigfahren. OMG und WTF. Was dieser Tag nach Japan srömt. Alle Smartphone-süchtig und arrogant. Niemand liest sich in Verhaltensregeln ein oder interessiert sich überhaupt dafür. Fremdschämen pur. Ich schätze mich glücklich schon seit 2004 nach Japan zu reisen. Ich kenne dieses Land noch anders als es jetzt durch Touristenhorden geworden ist.

Genug aufgeregt. Zurück zu meiner Planung.  Ich bin gespannt, ob ich über die Ostertage nach ein paar Dinge festnagele. Immerhin habe ich eine neue Kamera, die ich testen muss. Morgen muss ich die letzten Dinge einkaufen. Aufräumen wollte ich auch noch und schon mal die Koffer zu 90% packen. Und das Wetter ist bombastisch (sitze gerade auf der Terasse mit einem Highball, Käse- und Salamiwürfeln … mein Mittagessen). Unglaublich, dass es letzten Samstag noch kurz geschneit hat.

令和 – Der Beginn einer neuen Ära

Der Chief Cabinet Secretary Yoshihide Suga hat vor wenigen Sekunden (11:40 Ortszeit) den Namen der neuen Ära verkündet: 和  (れいわ, reiwa)

„The new name reflects the hope that culture develops further as people care for each other in a beautiful manner.“ (Shinzo Abe)

【写真・図版】新元号を発表する菅義偉官房長官=2019年4月1日午前11時42分、首相官邸、飯塚晋一撮影


Bildquelle: Asahi Shinbun

Dieser Name wird ab dem 1. Mai gültig sein. Kronprinz Naruhito wird der Reiwa-Tenno werden. Der Name wurde aus dem Manyoshu abgeleitet. Einem der ältesten Literatursammlungen Japans.

Das Kanji ist von der Ume-Pflaume abgeleitet, die in Japan Harmonie repräsentiert. Ich habe zwar für Ume ein anderen Kanji im Kopf (das hier: 梅), aber wer bin ich, dass ich mit den Japanern über ihre Schrift streite. Wer bei jisho.org vorbeischaut wird als Übersetzung folgendes erhalten: command; order; dictation​.

Rei in Kombination zeigt oft einen Bezug auf Familienmitglieder anderer Leute auf: 婿 = Ihr Schwiegersohn, 兄 = Ihr älterer Bruder, 孫 = Ihr Enkel, 室 = Ihre Ehefrau … you get the drift. Der Bezug ist dabei immer höflich, ehrerbietend: „Ihr ehrenwerter Sohn“ usw.

Es ist das erste Mal, dass eine japanische anstelle einer chinesischer Quelle benutzt wird. Das Manyoshu wurde gewählt, da es für die reiche Kultur und lange Tradition Japans steht.

Und ich habe schon das erste Problem. In meinem Font für Kanji sieht das Rei (令) anders aus als auf den Nachrichtenseiten () in Japan. Ich vermute eine alte Schreibweise oder ein Font-Problem. Ich finde das Original schöner. Mal sehen wie ich es korrigieren kann.

Statistik: Reiwa wird die 248. Ära werden. Die erste war Taika im Jahr 645. Allerdings ist Naruhito erst der 126. Tenno.

Randnotiz: Es wurde im Vorfeld viel spekuliert. Das war nicht ganz ungefährlich, da eine Regel ist, dass der Name nicht im alltagsgeläufig sein darf. Ein Medienhype um einen möglichen Namen hätte diesen also disqualifiziert.

Außerdem fielen Namen, die mit mit M, S, H oder T beginnen raus. Auf Computern wurde der erste Buchstabe als Abkürzung für die Ära verwendet. H17 ist also Heisei 17.

In Unicode wurde das Zeichen U+32FF reserviert. Traditionell wird 和 zu einem Kanji zusammengefasst, auch wenn das nicht alle übernehmen und es in zwei Kanji schreiben werden.

http://the-japan-news.com/news/article/0005645024
https://www.asahi.com/articles/photo/AS20190401001279.html

Der ultimative Bottle-Kill

Bottle Kill ist das Ende einer Whiskyflasche. Der Moment, wenn der letzte Tropfen in ein Glas wechselt und getrunken wird. Es ist ein besonderer Moment, gerade wenn man weiß, dass es das letzte Mal, dass man diesen Whisky trinkt; sei es, weil der Preis durch die Decke geschossen ist oder weil es keine Flaschen mehr gibt.

Ich habe noch ein Glas „Suntory Royal 15 Jahre“.

Dieser Whisky wird nicht mehr hergestellt. Die letzten Flaschen kosten mittlerweile über 400€. Das allein würde den Bottel Kill zu etwas besonderem machen. Aber es gibt zwei weitere Gründe, warum dies speziell ist.

1) Es ist eine Flasche von meiner allerersten Reise

Ich habe die besagte Flasche Suntory Royal 15 Jahre auf meiner allerersten Reise 2004 in Osaka in einem kleine Geschäft in einer kleinen Nebenstraße gekauft. Ich habe das geschäft nie wiedergefunden. Ich weiß aber, dass es ein regnerischer Tag war. Ich habe die Flasche wegen ihrer Form gekauft.

Ursprünglich wollte ich die Flasche schon 2014 auf meiner Reload-Reise leeren und durch eine neu ersetzen. Da war aber diese Version schon vom Markt veschwunden … Aber der nächste Punkt macht es hier und jetzt sehr speziell und ultimativ:

2) Ich habe eine Heisei-Flasche !!!!

Ich habe die Flasche 2004 gekauft (und auch 2004 abgefüllt). Der Whisky darin wurde also 1989 gebrannt und dann 15 Jahre in Fässern gelagert. Und 1989 war Heisei 1. Das erste Jahr der Regenschaft von Kaiser Akihito. Was ist also naheliegender, diese Flasche in 2019 (Heisei 32) zu leeren, dem letzten Jahr der Regentschaft von Kaiser Akihito.

Mein Plan: Ich werde die Flasche einpacken und am 30.04.2019 auf dem „Goodbye-Heisei-Cruise“ trinken. Bottle Kill am letzten Tag der Heise-Ära. Ein würdiger Abschluss für eine Flasche, die im ersten Jahr der Heisei-Ära destilliert wurde.