Heute ist der erste richtige Standortwechsel; mit zwei Zwischenstops. Das wird hektisch und nach der Erfahrung von Asuka und Yoshino bin ich skeptisch, ob es eine gute Idee ist. Ein früher Check-out ohne Frühstück soll Zeit retten.
Der Weg zur Burg ist schnell gefunden. Eine riesige Burgmauer steht vor mir. Es geht dann bergauf, unter der Brücke hindurch, weiter bergauf und über besagte Brücke durch das Tor der Burg. Mich erwartet eine große leere Fläche. Der Grundriß alter Häuser ist an Steinen erkennbar. Der Hauptturm der Burg steht noch und ist einer der ältesten in Japan. Ein Original. Alles ist aus Holz. Die Konstruktion ist beeindruckend, aber so ohne Schuhe wirklich fußkalt. Von der Burg hat man einen Blick über Hikone und den Biwasee.
Hikone
Als ich die Burg verlasse gibt es gerade eine Vorführung des Maskottchen der Burg. Ein weißer Hamster mit Helm, oder sowas. Das ist mir zu japanisch. Der Garten am Fuß der Burg ist im Sommer sicherlich sehenswert ist. Jetzt im Winter ist er teilweise eine Bautelle und ich finde kaum Fotomotive ohne Bagger.
In der Castle Road stehen alte Häuser. Mit den schwarzen Holzbalken und weiße Wänden sind sie zu recht im Reiseführer erwähnt. Frühstück und Mittag, stoppe ich für Kaffee und Kuchen. Die Preise sind „autsch“: Eine kleine Torte (paßt von der Größe bequem auf einen normalen Teller) kostet 3600yen. Das Modell in in Deutschland üblicher Größe skaliere ich mal … naja, so 7000yen (70€)? Konditor in Japan müßte man sein. Ich beschränke mich auf ein kleines Stück und eine Tasse Kaffee. Man ist das kitschig hier. So mit verschnörkeltem Geschirr und Sitzkissen auf Stühlen im Jugendstil.
Der nächste Zug bringt mich nur bis Nagahama. Der nächste Zug nur bis Tsuruga. Argh. Ich bin eh schon hinter meinem Zeitplan. Streckensperrung? Wo? Welche Richtung? Hinter mir, also aus der Richtung woher mein Zug kommt. Ich werde kurz nervös. Dann rollt der Ltd Express nach Fukui ein. Reicht, mehr will ich nicht.
In Fukui Schnee auf den Straßen und Schneeregen von oben. Und … Der nächste Bus nach Eihei-ji fährt erst um 15:20 Uhr und der letzte zurück um 16:20 Uhr. Eine Stunde warten und nur 40 Minuten für den Tempel. Ich überlege, diskutiere mit dem Fahrkartenverkäufer über Optionen. Taxi? Das würde mich finanziell töten; 50€ wenn nicht mehr. Also doch Bus. Ich lasse mich überreden. Den Koffer darf ich beim Ticket Office parken.
Eihei-ji
Ich nutze die Wartezeit für Mittagessen. Karee. Den geht es los. Ich werde förmlich zum Bus eskortiert, dem Busfahrer vorgestellt. Ich bin der einzige Fahrgast. VIP-Status sozusagen. Abfahrt. Die Straßen haben in Kreuzungen und auf der Mittelline Sprinkleranlagen gegen den Schnee. Coole Idee. Aber was ist bei -10 Grad. Das gibt doch ne Eisbahn?
Wir erreichen den Tempel in einer magische Stimmung: Schnee, leicht neblig, naßkalt. So ein wenig Koyasan-Feelung. Rein. Überall Mönche. Ich eile durch die Korridore und Hallen. Die Anlage ist sehr schön. Eigentlich reichen 40 Minuten nicht. Wegen des Wetters sind die offenen Korridore mit Plane abgedeckt. Ein Blick in die Innenhöfe ist schwer. In der Haupthalle beten die Mönche gerade. Einige laufen wie auf Schienen durch die Halle und tragen Dinge rein und raus. Wie Roboter sieht das aus. Mit Anlauf geradeaus bis kurz hinter eine Säule, dann eine langsame exakte 90-Grad-Drehung und wieder beschleunigen. Alles was sie tragen, halten sie hoch über den Kopf.; sieht putzig aus.
Kurz noch in eine Halle mit goldenen Tafeln geblickt, dann muß ich zum Bus zurück. Die Rückfahrt ist von einer anderen Haltestelle. Ich laufe bergb. Bei Schneematsch gar nicht so einfach. Das Ticket für die Rückfahrt muß ich in einem kleinem Laden gegenüber der Haltestelle kaufen. Der Busfahrer ist so nett und wartet.
Die Rückfahrt führt an einer Baustelle vorbei. Betonstelzen. Der Shinkansen wird gebaut. Demnächst sind Kanazawa und Fukui nur noch ein Katzensprung von Tokyo aus. Ich überlege wie die Mönche damals angereist sind? Genauso fühle ich mich gerade. In ein paar Jahren fahren alle Touristen mit 300 Sachen hierher. Ich brauchte Stunden. Aber, ob das gut ist? Eihei-ji hat einen Teil seiner Mystik auch deshalb, weil er am Arsch der der Welt ist.
In Fukui folgt ein zweiter Stop für Essen, bevor es mit dem Zug nach Kanazawa geht. In einem Cafe wird selbiger mit einer Glaskolbenkaffeemaschine gekocht. Es gibt 20 verschiedene Kaffee-Blends zur Auswahl. Ich wähle den European Blend und schaue dem Wirt beim Kaffeekochen zu. Ich merke mir folgende Dinge: Wasser schon heiß einfüllen und grob gemahlener Kaffee. Mit dem Brenner hier schießt das Wasser binnen Sekunden nach oben. Ich brauche einen stärkeren Brenner!
Kanazawa: Auf dem Weg zum Ryokan fängt es an zu … Regen ist es nicht, Schnee auch nicht. Ich erfahre: die Japaner nennen es Arare. Wir nennen es Schneegraupel. Aber die Intensität überrascht. Innerhalb von Sekunden und ohne Vorwarnung ist die Straße weiß. Dazu beginnt ein stürmischer Wind. Ich habe keine Chance in Deckung zu gehen. Nach wenigen Minuten ist der Spuk vorbei. Ich wollte Schnee. Es war nur anders geplant.
Kanazawa at Arrival
Wo ist das Ryokan? Die Straße sollte stimmen Ich frage nach und erfahre, der Typ weiß auch nicht in welcher Straße er ist. Super Ingo. Ein Kollege hilft aus. Die Straße stimmt, aber wo das Ryokan ist, weiß auch er nicht. Ich laufe weiter. 30m weiter auf der Linken Seite werde ich fündig; ein großes Schild. Wer lesen kann wäre klar im Vorteil.
Nach dem Check-in gehe ich zum Abendesseen in ein Izakaya gleich um die Ecke, das mir das Personal empfohlen hat. Die Straße und das Izakaya ist Teil des Fischmarktes. Nicht einmal in Japaner kann Fisch noch frischer sein. Ich bestellte einen Sashimi-Teller: Krabbe, Thunfisch, Lachs, Oktupus, Tintenfisch, Seeigel. Alles frisch, roh und lecker. Der Geschmack ist minimal, aber man schmeckt die Unterschiede heraus. Dazu heißer Nihonshu und der Tag endet perfekt. Ich habe irgendwo mal gehört, daß Sushi und Sake nicht kombiniert wird. Auf Nachfrage ist das wohl ein Gerücht. Zumindest für Sashima ist es ok. Ach ja… Im Ryokan kurz noch Onsen. Warum? Weil ich es kann.