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Kakunodate und Regen

Heute ist wieder ein Tag ohne Plan. Diesen Urlaub habe ich wirklich schlecht vorbereitet; kein Vergleich zum Crashkurs von 2004. Ich frage an der Rezeption, was ich machen könnte. Antwort: Ein Ausflug nach Kakunodate, ein Dorf mit vielen alten Samuraihäusern. Klingt nach Takayama in klein und besser als das Museum in Wakamatsu. Und es liegt direkt an der Akita-Shinkansenstrecke. Jetzt muß ich nur noch zu besagtem Shinkansen kommen. Auch dafür ist die Lösung schnell gefunden. Die Rezeptionsdame fährt mich mit ihrem Privatwagen zum Bahnhof Shizukuishi.

Der Akitashinkansen ist ein schmaler Shinkansen, der eigens gebaut wurde, um auf den vorhandenen Strecken der Locals zu faher. Die Locals sind schmaler als der normale Shinkansen und so braucht man schmalere Züge. In Morioka fährt ein extra Trittbrett aus, da der Zug hier an den breiten Shinkansenbahnsteigen hält. Am Bahnhof vermißt man all die Sicherheitsvorkehrungen, die man gewohnt ist. So verwischt der sonst gut sicht- und spürbare Kontrast zwischen den Locals und den Shinkansen.

Das Wetter ist diesig. Es nieselt. Alles wirkt depressiv. Ich starte meinen Weg mit der kleinen Touri-Karte, die es am Bahnhof gab; vorbei an einer überdachten Shoppingstraße; nur der Gehweg ist überdacht, dafür sehr schön in Holz. Unter dem Dach ist gerade Wochenmarkt. Nach etwa einen Kilometer geht es rechts ab. Das Straßenbild ändert sich abrupt. Vor mit ist breite lange Straße. Zu beiden Seiten hohe Zäune aus schwarzem Holz. Hinter den Zäunen kann man die Dächer der Samuraihäuser sehen.

Nahezu jedes Haus ist ein Museum, ein kleines Resto oder ein Handwerksladen. Ich versuche sie alle zu besuchen, auch um den Regen auszuweichen. Es gibt so viel zu sehen: Die Wohnzimmerecke in dem einem Haus, die wie ein Steg in den Garten ragte, die Gehwege durch die Gärten, Eingänge, … Und natürlich der Gesamteindruck der ganzen Straße. Und überall diese kleinen spannenden Details.

Zwischen den Häusern ein kleiner Sake-Verkaufsstand. Er zieht mich an wie das Licht die Motten. Am liebster wäre mir so ein große Runde Tonflasche. Aber mit Rücksicht auf mein Koffergewicht entschiede ich mich doch für den kleineren Tonkrug.

Am Ende der Straße ist ein Museum und daneben ein Park mit kleinen japanischen Vorgärten; Musterexemplare von Vorgärten, wie man sie z.B. in Tokyo finden kann, wenn man nach ihnen Ausschau hält. Dabei wird mir eines bewußt: Japan geht extrem effizient mit seinen Räumen um, kann auf kleinster Fläche Oasen der Ruhe schaffen. In Tokyo entstehen dadurch irre Kontraste. Aber auch hier in dieser entspannten Atmosphäre sind diese Gärten faszinierend. Es sind die Details. Ich habe noch nicht raus, warum die so ganz anders aussehen, als deutsche Vorgärten. Es ist glaube ich die Reduzierung auf wenige Pflanzen, und es gibt ein Thema (Kurz: nicht 30 bunte Büsche auf engen Raum).

Weiter geht es zu ein den deren Punkten auf der Tourikarte, unter anderem ein Backsteinlagerhaus, das mit seinen roten Ziegeln aussieht, als könnte es auch in Schelswig-Holstein stehen. Drinnen gibt es Exponate, etwas zu Essen, sowie Tee und Sake.

Noch ein paar Stops hier und da, und es folgt der Rückweg zum Bahnhof. Ich finde noch ein Museum, das meine Aufmerksamkeit erregt. Vielmehr ist es die alte Feuerwehrpumpe vor dem Museum. Innen gibt es neben einer alten Indian (Motorrad) eine erstaunliche Sammlung von Gramophonen und alten deutschen Kameras.

Gegen 17 Uhr folgt der Rückweg im Regen nach Morioka und von dort weiter nach Tsungi Onsen. Im Hotel komme ich gerade rechtzeitig für das Abendessen. Serviert wird auf dem Zimmer. Eine Riesenplatte mit einen Querschnitt aus der japanischen Küche. Natürlich ist es für einen alleine zuviel. Es folgt eine Bad im Onsen und dann ist der Tag für mich zu Ende.

Hiraizumi und Grundsteine

Heute erfolgt der Wechsel nach Morioka, genauer gesagt nach Tsunagi Onsen, ein kleiner Ort etwa 20 Busminuten außerhalb von Morioka. Ob ich den Bus finde ist dabei die wesentliche Frage, die es vor Ort zu klären gilt und … ist das mit der Buchung jetzt glatt gegangen. Die eMails waren alle etwas kryptisch.

Aber zuvor ist ein Zwischenstop in Hiraizumi geplant. Shinkansen bis Ichinoseki und dann 2 Stationen mit dem Local … und zu weit gefahren. Also zurück … nach 40 Minuten Wartezeit. Zeit für eine Kaffeepause. Das erste mal, daß ich Japan eine Art „Cafe Marli“ finde. Die Bedienung spricht kein Englisch und mein Japanisch, naja. Hoffentlich wird meine Wortarmut nicht falsch aufgefaßt.

Erste Station ist Moutsuji. Er liegt 800m die Straße hinunter (ein sehr hübsche Straße wie ich anmerken muß). Von der Tempelanlage steht nicht mehr viel; 2 große Hallen. Von den anderen Gebäuden gibt es nur die Grundsteine (*) und das Schild „Hier stand bis zum Feuer anno 17xx die Halle YY.“ Garten und Teich sind allemal ein Eyecatcher. Ich laufe einmal herum. Von jeder Ecke bietet sich ein anderer Anblick. Das ist doch mal ein Auftakt.

Von hier sind es 2,5 km bis zur großen Tempelanlage, für die Hiraizumi bekannt ist. Ich entscheide mich für einen kleinen Umweg, da er fernab der Straßen verläuft und mehr Ruhe und Landschaft verspricht. Logisch, daß der Weg mit einer fiesen Steigung beginnt. Der Weg lohnt sich aber. Die Sttraße ist gesäumt mit Kirschbäumen, die in voller Blüte stehen. Durch den Wind schneit es Blütenblätter. Was für ein Bild. Der Umweg hat sich jetzt schon gelohnt. Auf der Bergkuppe geht es rechts in einen Wald. Kulissenwechsel. 2 km lang Ruhe. Außer mir läuft keiner diesen Weg. Nach einer Biegung steht man unverhofft an der Straße vor dem Tempelbezirk. Nichts mehr mit Einsamkeit, ab hier nur noch Touries und Schulklassen.

Zuerst besichtige ich die goldene Halle, die in einen vollklimatisierten Raum steht. An ihr ist alles aber auch alles vergoldet. Neben einer Vielzahl von kleinen Tempelgebäuden und dem Orignalstandort der besagten Halle (inklusive Nachbau) fällt mir ein Schrein ins Auge. Sein Aufbau weicht von der gewohnten Architektur ab: Es gibt eine über Eck gebaute (Noh)bühne. Vor der Tür des Hauptgebäudes ist ein Ring geflochten, dessen Bedeutung mir nicht klar ist. Sicherlich hat er die gleiche Funktion wie das sonst übliche „Seil mit Zick-Zack-Papier“. Weiter geht es an einer vielzeil kleiner Gebäude vorbei die Straße hinab zum „Haupteingang“. Anschließend folgt der Rücmarsch zum Bahnhof. Um 17:45 Uhr sitze ich im Zug nach Morioka.

Bin in Morioka und nun? Es dauert etwas bis ich rauskriege wo der Bus fährt. Zum Glück schreiben die Tsunagi mit Hiragana. Danach wird alles einfach. Der Bus stoppt zentral in Tsunagi. Ich kann das Hotel vom Haltepunkt aus sehen. Für heute habe ich kein Abendessen im Hotel gebucht. Es wäre eh schon zu spät dafür. Es folgt daher der klassische Stop beim 7eleven.

(*) Von Grundmauern kann man in Japan nicht reden. Es gibt keine. Die Gebäude sind alle auf Pfählen gegründet, die auf großen Steinen stehen. Man kann also höchsten von Grundsteinen  reden. Das „Erdgeschoß“ hat aufgrund dieser Bauform immer eine Höhe von etwa 1m über dem Boden. Aus dieser Bauart gewinnen alte japanische Häuser ihren Reiz; die Terasse erhöht über dem Garten. Die Bauform erzeugt praktisch einen unterlüfteten Dielenboden, der zusammen mit den Tatamimatten für das feucht-heiße Klima ideal ist. Selbst heute noch so gebaut, wenn man es sich leisten kann.

Nachtrag: Beim Erdbeben im März 2011, konnte man einen Nebeneffekt beobachten: Viele der Häuser sind beim Beben stehen geblieben. Beim folgenden Tsunami wurden sie teils von den Grundsteinen gehoben und schwammen komplett intakt mit der Welle mit.

Aizu-Wakamatsu und ein See

Irgendwie ist heute eine Lücke in meinem Plan. Also Aizu-Wakamatsu – zweiter Anlauf. Zurück nach Koriyama; schön, wenn man die Wege kennt. In Aizu-Wakamatsu ist der Bus gerade weg. Also laufe ich zum Samuraidorf; muß eh zur Bank, Geld holen. Der Weg ist lang. Etwas zu lang. Die Motivation sinkt gewaltig. Dann endlich das Museum. Eintritt zahlen und los.

Die erste Touristenwelle ist gerade durch. Ich habe meine Ruhe und lasse mir Zeit bei der Besichtigung der Exponate und Häuser. Die Wohnzimmer sind mit Tatamimatten, genauso wie man sich das imer vorstellt. Dazu die typischen Scheibetüren. Ich habe einige Ideen für mein eigenes Wohnzimmer, von denen ich wohl keines umsetzen kann. Als Entertainment wird Bugenschißen angeboten. Eine Rund für 220円. Fazit: Höhe stimmt, Richtung nicht. Kyodo ist einfach nicht mein Ding.

Ab zum Bus und weiter zum Daimyohaus und dem Tempel. Die Busfahrerin kenne ich doch? Ich werde wiedererkannt. Es folgt ein wenig Konversation (auf Englisch). Das Daimyo-Haus ist eher eine Ansammlung von japanischen Kuriositäten. Dann geht es über 100 Stufen rauf zum Friedhof. Hier scheint jemand berühmtes begraben zu sein. Nur wer? Auf dem Weg nach unten fällt mein Blick auf eine merkwürdig geformte Pagode auf. Das will ich näher wissen. Der Rätsels Lösung ist eine Doppelschraube. Die eine führt ganz noch oben. Oben geht es über eine gefühlte Brücke in die zweite Wendel und wieder nach unten. Es ist eng, die Steigung enorm. Überall kleben buddhistische Siegel. Sieht etwas, naja sagen wir mal, runtergerockt aus. Für Europäer wirkt es wie eine Mischung aus Grafitti und  wildem Plakatieren.

Anschließend geht es den Berg hinab. Ich finde einen kleine Laden mit Eßbarem. Schwein und Hähnchen paniert, dazu eine hausgemachte Soße. Lecker. Und glatt die Zeit aus den Augen verloren. 16:10. In 11 Minuten fährt der Zug nach Iwanashiro. Ob das noch was wird? 16:12 Taxi. 16:18 am Bahnhof. Einen Riesendank an den Taxifahrer.

30 Minuten später, kurz vor Sonnenuntergang, bin ich in Iwanashiro. Der Ort liegt hinterm Mond links. Eine einsame Straße führt vom Bahnhof zum Kratersee. Das Ufer ist mit Schilf eingedeckt. Idyllisch. Es folgt ein Fußmarsch am Ufer entlang der Sonne entgegen. Um 18:15 Uhr erreiche ich den nächsten Ort. Von hier fährt in 20 Minuten ein Bus zurück zum Bahnhof. Die Zeit reicht für eine Shoppingtour im 7-eleven. Und dann hat der Bus doch 5 Minuten Verspätung. Ich werde kurz nervös. Am Bahnhof die Feststellung, daß ich mir die falsche Richtung gemerkt habe. Es ist pures Glück, daß ich somit zu früh am Bahnhof bin.

Um 21:30 Uhr bin ich wieder am Hotel und die Küche ist schon zu. Auf ins nächste Lokal. Ich finde eine – naja, was es ganau ist, kann ich nicht sagen – Kneipe im Keller. Es ist mehr ein zugerümpelter Hobbyraum, aber sympatisch. Der Wirt, ein Japaner mit Vollbart. Sieht man auch selten. Ein zweiter Gast spricht etwas Englisch. Damit ist der Start gemacht. Die ganzen Dinge hier sind Mitbringsel von seinen Reisen und potentieller Gesprächsstoff. So wird es ein gemütlicher Abend, der den Tag abrundet. Zum Abschied bekomme ich zwei Holzfiguren geschenkt. Es sind Ainu-Schnitzereien aus Hokkaido. Da muß ich auch noch hin. Die Figuren werde ich in Ehren halten.

Link: Reisetips und Kartenmaterial

Matsushima und Teehäuser

Wo ist eigentlich mein Plan für Sendai? Wo wollte ich heute hin? Irgendetwas mit einer Insel bei Ishinomaki. Auf zur Touristeninfo. Ich erfahre zwei Dinge: (1) Die Insel heißt Kinkazan. (2) Als Tagesausflug nicht zu machen, wenn man nicht um 5:30 in Sendai startet. Ganz klar: Der frühe Vögel kann mich mal und die Insel schon lange.

Auf nach Matsushima, der Kiefernbucht, eine der drei kostbaren Landschaften Japans. Bei meinem ersten Urlaub war ich kurz hier; Nach einer gefühlte Weltreise mit den Locals der JR (Startpunkt war Naruko). An diesre Stelle ein Tip: Matsushima hat zwei Bahnhöfe — für zwei verschiedene JR Bahnlinien. Also paßt auf zu welchem Bahnhof ihr lauft. Einer der Züge fährt nicht nach Sendai.

Ich erwische einen Local, der nicht nach Matsushima durchfährt. Warten oder laufen? An der vorletzten Station gab es einen Anleger mit Booten nach Matsushima. Der heutige Tag beginnt folglich mit einem Fußmarsch. Ein verlassenes Hafengebiet; alte, halb verfallene Hallen, enge Straßen, heruntergekommene Häuser. Diese Seiten Japans wird im Reiseführer nicht erwähnt. Interessant ist sie trotzdem. Hier scheinen die Uhr stehen geblieben zu sein. Alles steht. Rostet. Ich bin nicht depressiv genug, um die hier vorherschende Stimmung in ein Foto zu pressen.

Ich erreiche das Boot nach Matsushima. Die Möwen sind auch schon da; Touristen = Essen. Neben mir gibt noch 5 weitere Fahrgäste. Bei dem Wetter — kalk, wolkig, ungemütlich —  kein Wunder. Die Möwen merken schnell, daß hier heute  nichts zu holen ist. Es geht vorbei an den kleinen Inseln mit den Kiefern oben rauf. Es hat sich in 4 Jahren nichts verändert. Selbst der Minifelsen mit der einzelnen Kiefer steht noch.

In Matsushima angekommen finde ich das Teehaus, das ich damals verpaßt habe. Das Gebäude selbst wirkt ein wenig runtergerockt und rumpelig, aber die Aussicht… Was für ein Blick über die Bucht. Kurzer Stop am Godai-do, dem Tempel auf der Insel. Weiter zum Tenri-Tempel und dem dahinter liegenden Hiyoshisanne-Schrein. Er ist nichts besonderes, aber seine Lage ist ein Foto wert. Hinter dem Schrein geht es steil bergauf. Der Hang ist bewaldet und rahmt den Schrein grün ein.

Nach einer Mittagspause geht es zum Zuiganji. Der Weg durch die mächtigen Kryptomeren ist immer wieder eine Wucht. Die Erhabenheit des Temples ist in dieser Kulisse enorm. Diesmal investiere ich auch ein paar Yen in Eintrittsgelder. Es folgenden die in den Felsen gehauen Meditationshöhlen. Kurz um die Kurve ist der Entsu-in. Der Tempel ist klein, hat aber, zumindest für mich, einen traumhaften kleinen Zengarten.

Zum Abschluß ein kurzer Rundgang über die Insel O-Shima und ein kurzer Abstecher über den Ministrand. Um 17 Uhr bin ich am richtigen Bahnhof (Matsushimakaigan). Da ich für den Abend keinen Plan habe, starte ich nach Ishinomaki. Vielleicht finde ich ja noch eine Möglichkeit auf die Insel zu kommen. Am Bahnhof Matsushimakaigan vergewissere ich mich noch einmal, ob ich richtig bin.

Nachtrag: Am Bahnhof steht ein Schild: „Tsunami-Evakuierungsroute“. Hätte nie gedacht, daß das mal wichtig wird. Und daß das in vielen Orten nicht ausreichend war, da der Tsunami selbst diese Anhöhen überrannt hat. Die Auswirkungen vom März 2011 kann nur einer erahnen, der die Gegenden kennt/gekannt hat.

Es geht vorbei an Flächen, die mich ein wenig an den Schellbruch in Lübeck erinnern. Als ich in Ishinomaki ankomme, ist es bereits dunkel. Ein langweiliges Fischerdorf. Manga Island ist hier. Aber wo? Egal.  Ich laufe ein wenig umher. So grob in Richtung Hafen. Aber irgendwann wird es mir zu blöd. Ich drehe um. Der Ausflug endet unterdurchschnittlich in einer kleinen Kneipe (Izakaya) am Bahnhof. Das Innendesign der Kneipe, der Service und das Essen heben etwas meine Stimmung. Ich lasse sogar den geplanten Zug springen. Da kommt noch einer. Gut, wenn man mal wieder die Tafel mit den Abfahrtzeiten fotografiert hat. Gegen 22:30 bin ich zurück am Ryokan.

Nachtrag 2011: Ishinomaki exisitert nicht mehr. Der ganze Ort bis hoch zum Bahnhof ist vom Tsunami ausradiert worden. Es steht nicht mehr. Nichts. Die Gebäude auf meinen Fotos sind weg. Mastsushima hat mehr Glück gehabt. Allerdings habe ich keine Informationen wie es um die Geschäfte am Wasser und die Sehenswürdigkeiten bestellt ist. Wer Infos hat, kann die gerne hier posten.

Nachtrag 2011: Der Felsenbogen auf Komonejima in der Bucht von Matsushima ist durch das Erdbeben zusammengestürzt.

Sendai und Baseball

Frühstück fällt heute aus. Ich habe von gestern noch ein paar Mochi. Die sollten als Proviant reichen. Dann geht es zur Touristeninfo am Banhof. Dort bekomme ich den Tip mit dem Loople, ein Touristenbus, der die Hotspots von Sendai ansteuert. Das klingt nach einem gutem Weg Sendai zu erkunden. Ich habe nämlich keine Karte. Und wenn ich die Museen und  uninteressantes rauskürzt, sind es auch nur noch ganz wenige Haltepunkte. Zwei um genau zu sein. Der Rest rangiert bei mir unter „kann-Option“.

Der erste Stop ist das Zuihoden Mausoleum von Date Masamune. Es beginnt mit Stufen und der Erkenntnis, daß der CCD-Chip verdreckt. Beim Reinigungsversuch sauge ich die letzten Elektronen aus den Batterien (vergessen zu laden). Der Tag fängt ja gut und mit einem Stop beim 7eleven an. Die Anlage ist die Wucht. Ein Muß in Sendai. Die Bauten erinnern etwas an Nikko: dunkles, fast schwarzes Holz, die aufwendig konstruierten Tragbalken bunt lackiert, dazu extrem verspielte, genauso bunte Holzschnitzereien. Im Hintergrund der Wald und vereinzelnt Kirschblüten in der Luft, die an die Luft nach einem Sommerregen erinnert (= poetische Umschreibung für schwül heiß, aber noch ertragbar). Ich entschließe mich für einen Gang durch den schattigen Zedernwald.

Danach geht es zurück zum Loople und weiter zum nächsten Stop: der Burg. Von der steht nicht mehr viel, Die Grundmauern, um genau zu sein. Aber oben hat man einen super Ausblick über Sendai. Auf dem Gelände steht ein sehenswerter Schrein und … hier passiert gleich etwas: Es sind Stühle aufgebaut, und Kyodoziele. Das Areal ist abgeflattert. Ich glaube, ich bleibe noch etwas. Japaner in traditioneller Kleidung beginnen sich zu sammeln, alle mit Bogen ausgerüstet. Keine Ahnung wie die in den übergroßen Holzbotten laufen können.

Dann geht es auch schon los: Formelles angrüßen, aufstellen und — jetzt kommt der meditative Part — schießen. Der Bogen wird am gestreckten Arm nach oben gehalten. Der Pfeil angesetzt. Dann bewegt man die gestreckten Arme nach unten und spannen so den Bogen. Der Rest ist eigentlich nur noch loslassen. Der Haken ist, daß das ganze nur mit ausrechender Konzentration und Kraft in den Fingern, die die Bogensehne halten, klappt. Alles zusammen (Bogenschützen, Kirschblüte, Schrein) formt wieder das Bild, das man von Japan hat, wenn man im Reiseführer blättert.

Dann geht es weiter. Die 17-Uhr-Regel kreuzt den Rest meines Sendai-Plans. Ich bin mit dem Pflichtprogramm eh durch. Es geht zurück zum Bahnhof. Ich hatte irgendetwas von einem Baseballspiel gelesen. Jetzt muß ich nur noch wissen wo. Ist einfach: Vom Banhhof mit dem Local zwei Stationen. Ich treffe zum 5 Inning ein. Die Karten sind jetzt billiger, aber trotzdem noch 2000円. Ich nehme einen Platz im Right Field. Schnell sind knapp 2 Stunden rum und das Spiel ist zu Ende.

Es folgt ein Klamottenwechsel und dann geht es erneut zum Bahnhof. Essem im Metropolitan mit allen Extras: Rotwein, Creme Brulee, usw. Und bezahlt hätte ich mit der Suica, wenn genug Geld drauf gewesen wäre. Das Ding ist echt ein Allrounder. Wo kann man schon mit einer U-Bahn-Karte sein Essen bezahlen, wenn nicht in Japan. Anschließend folgt der Wechsel in die Cocktailbar. Wie immer in Japan: extrem edel. Der Kellner kommt mit Stil und Service an einen britischen Butler heran. Ich weiß jetzt schon, daß ich das in Deutschland vermissen. Um 22:30 geht es im Eiltempo zurürck zum Ryokan. Curfew ist um 23 Uhr. Schnell noch ein heißen Bad und dann ist der Tag zu Ende.

Nachtrag 2011: Erdbeben und Tsunami haben Teile Sendais zerstört. Alle angesteuerten Sehenswürdigkeiten stehen aber noch.