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Auftakt; Architektur

Nach der Passkontrolle wechsle ich in westlichen Kleidung. Mit Meindl-Schuhen komme ich einfach schneller durch Tokyo. Bei meinem Yukataplan hatte ich Laufstrecke zum Hotel vergessen. Es ist 7 Uhr und die Hitze ist unerträglich. 30 Grad und ernorme Luftfeuchte. Das Teleobjektiv war im Gepäckraum des Flugzeugs und ist noch kalt. Es beschlägt sofort. Fotos sind unmöglich. Das kann ja was werden. Denken löst bereits Schweißausbrüche aus.

Zuerst wird Haneda Airport erkundet. Hier steht ein Nachbau der Nihonbashi. Macht schon was her. Ich hatte die Brücke schon auf NHK World gsehen. Echtes Zypressenholz. Man riecht es. Der Rest vom Flughafen hat so früh noch nicht geöffnet.

Monorail und Yamanote bringen mich nach Okachimachi. Es folgt der Fußmarsch zum Yushima Tenmangu, um den lokalen Kami begrüßen. Außerdem ist der Weg über die Treppe einfacher als die nervige Steigung, die ich früher gegangen bin. Im Hotel werden die Koffer zwischengeparkt, und ich starte durch nach Asakusa. Ein paar Fotos vom Tempel müssen sein. Ich habe erstaunlicherweise kein einzige Foto vom Kaminarimon.

Eines der Ziele ist Marugoto Nippon: ein kleines Einkaufszentrum mit Dingen aus ganz Japan. Naja, zieht jetzt keinen Hering vom Teller. Nächster Punkt auf der Liste ist Kappabashi. Hier kann man Zubehör für Restaurants und Izakaya kaufen. Ideal für das „etwas andere“ Souvenir. Ich bin schon mehrfach an der Straße vorbeigelaufen ohne zu merken/wissen, dass es die Kappabashi ist. Ich hatte die nie auf dem Radar. Ich merke mir ein paar Läden und sichere mir schon mal ein paar Hera (箆, diese Spachtel für Okonomiaki).

Dann geht zurück zum Hotel. Checkin und kurze Pause. Ich muss duschen. Meinen Ansatz „ein Hemd pro Tag“ kann ich knicken. Die Hitze ist unglaublich. Laut Fernsehnachrichten zieht Taifun 10 unter Japan entlang, wird nach Norden drehen und Tokyo kreuzen; am 30.08.2016. Wenn mein Geburtstag ins Wasser fällt, dann wortwörtlich.

In Omotesando kaufe ich eine weitere Yukata. Meine ist etwas kurz/eingelaufen. In Japan ist die Länge akzeptabel, aber 2cm außerhalb meiner Konfortzone. Hier in Omotesande starte ich auch meine Design-Tour.

Omotesando ist die neue Ginza mit Edelläden wie Gucci, Boss und Versace. Aber es geht mir nicht um Klamotten. Die kann ich mir eh nicht leisten. Tokyo ist ein Mekka für Architekturfans. In der Omotesando (und auch an der Ginza) weiteifern die Nobelmarken auch im Gebäudedesign. Hugo Boss. Das Gebäude ist in Form an die Bäume angelehnt, die hier in der Omotesando stehen. Die Verschalung des Betons hat eine Holzmaserung in dem Beton hinterlassen.

Kenzo Tanges Olympiastadion als zeitloser Klassiker von 1964 steht in der Nähe. Ein Gebäude finde ich nicht. Da habe ich mich wohl auf der Karte vertan. Egal. Ich laufe weiter durch die kleinen verwinkelten Gassen von Aoyama. Auch das ist Tokyo. Plötzlich ist der Mori Tower zu sehen. Einfach so hinter dem Wohnhaus aufgetaucht. Ich bin schon in Roppongi.

Links, etwa 500m entfernt, sehe ich Midtown. Da war ich noch nicht. Fazit: Shopping ja. Sightseeing nein. Da hat Roppongi Hill optisch (architektonisch) mehr zu bieten. Gleich fängt die Dämmerung an und die kann schnell sein.

Das Resto unten im Hotel hat vor ein paar Jahren das Konzept und die Speisekarte gewechselt. Ich bestelle Soba mit Entenfleisch. Lecker. Nach dem Abendessen genehmige ich mir noch einen kurzen Abstecher durch Ueno. In Yukata geht es die Straße runter und an der Tankstelle nach links. Nicht nur an einer Eckkneipe gibt es positves Feedback für meine Kleidungswahl.

Durch einen Navigationsfehler lande ich (wieder einmal) in dieser ultrakleinen Whiskeybar; eigentlich wollte ich ins Tullys. Die Bar ist etwa 4m lang und 2m breit. In der Mitte verläuft über die ganze Länge der Tresen.  Man sitzt am Tresen und mit dem Rücken an der Wand. Die Bar existiert schon seit 45 Jahren und ich vermute es ist immer noch der gleiche Besitzer. Das Alter kommt hin.

Erkenntnisse des Tages: Es ist irre heiß. In Ueno hat sich viel verändert. Rund um das Hotel fehlen drei Hochhäuser und der McD am Keisei Bahnhof ist weg. Asakusa hat jetzt Fahrradwege und man sollte für den ersten Tag keine großen Pläne schmieden. Es gibt auch Konstanten wie den Teppich im Flur im Hotel Edoya und diese ulltrakleine Whiskeybar.

Plan für morgen: Tokyo Eki, Shopping, Tanzfest am Meiji Jingu, Koenji Awa Odori und die „ICUBATOR Science Bar“.

Rückreise

Heute ist der Urlaub zu Ende. Die drei Wochen sind schon um. Das Taxi zum Bahnhof habe ich zu 7 Uhr bestellt;  bestellen lassen. Der Taxifahrer kommt erst zu Fuß. Ich bin nicht der Einzige, der sich hier verläuft. Der Shinkansen nach Shinosaka startet um 7:36 Uhr. Es ist die letzte Fahrt mit dem JRP für diesen Urlaub. Auf dem Weg reduziere das Gepäckgewicht um eine kleine Flasche Sake. Sicher ist sicher. Beim Wiegen gestern abend, war ich deutlich über 25kg.

Weiter geht es mit dem Taxi nach Itami. Es ist weiter als gedacht. Das wird teuer. Und alles nur, weil ich keine Lust auf den Stress mit dem Local inklusive Umsteigen habe. Der Fahrer schlägt einen Haken, ab von der ausgeschilderten Route, und wir stehen vor dem Flughafen. Wow. So definiere ich ein Abkürzung.

Auf zum Checkin; am falschen Schalter. Dieser hier ist für Domestic Flights. International ist um die Ecke und fast leer. Dann wird es kompliziert. Ich hatte gestern den Checkin Haneda-Frankfurt bei der Lufthansa durchgeführt. Itami-Haneda war nicht möglich, da er innerjapanisch ist. Ich glaube das macht jetzt Probleme. Es wird telefoniert; und telefoniert; und telefoniert. Ich werde etwas nervös. Da ist noch der Lufthansa-Streik in meinem Kopf. Auch die anderen Fluggäste wundern sich.

Dann wird alles gut. Das Koffergewicht indes ist kein Problem, wohl aber die Li-Akkus für meine Kamera. Die müssen ins Handgepäck. Nur gut, dass die ganz unten liegen. Der Koffer wird durchgereicht; nicht wie beim Hinflug. Ich muss ihn nicht neu aufgeben. Das entspannt den Hanedastopp.

Der Flug nach Haneda ist sehr beengt. In Haneda erwarten mich starker Wind und viel Regen. Der Taifun kommt. Das Warten nervt etwas, da Haneda keine Lounge hat. Zeit für ein letztes Ramen und ein letztes Asahi vom Fass. Dann geht es los. Lufthansa; nicht ANA. Man merkt es sofort. Der Service ist nicht ganz so gut. ANA hat halt dieses japanische Etwas.

Das Fernsehprogramm ist höchstens ein „naja“. Vier brauchbare Filme für einen 10 Stundenflug plus Start und Landung; sollte reichen. Das Essen ist auch ein „naja“. Ich kann zwischen Fisch und Oktoberfest Special wählen. Es wird eindeutig der Fisch. Schön japanisch.

(Heute ist etwas Luft in der Bilderserie, daher ein kleiner Ausflug in die Mangawelt. Kann sich jemand eine eine Mangawerbung für eine Universität in Deutschland vorstellen?)

Wieder in Deutschland sinkt die Laune sofort (wie nach jeder Reise; zuverlässig): Das Gepäckband spuckt die Koffer erst nach einer halben Stunde aus. So verrinnt die Zeit. Mehrere Rolltreppen sind defekt. Und das mit dem schweren Koffer. Die Deutsche Bahn ist wie immer ein Albtraum. Zumindest ist der Mann am Schalter kompetent, nett und hat einen gewissen Sarkasmus. Er bucht mir um 19:55 Uhr den Zug, der um 19:58 fährt. „Der hat wie immer Verspätung, so dass sie genug Zeit haben.“ Deutsche Bahn. Noch eine defekte Rolltreppe.

Im Zug ist es eng. Zweite Klasse DB halt. Auf zum Bordresto. Keine Fassbier mehr. War ja klar. Meine Chicken Nuggets brauchen 15 Minuten. Argh. Endlich Koblenz. Mietwagen zur Ferienwohnung. Erstmal duschen. Dann … Nichts. Es ist 22 Uhr. Ab ins Bett. Morgen um 6 Uhr geht es weiter und ich befürchte einen Jetlag.

Nachtrag: Bin etwas müde auf der Arbeit. Nachrichten sagen; Tokyo Airport ist dicht. Tokyo Eki geräumt; Wassereinbruch durchs Dach. Zugverkehr in Tokyo eingestellt. Der Taifun hat einen Volltreffer gelandet. Landkontalt bei Hamamatsu. Eine Stunde südlich von Tokyo. Da bin ich wohl gerade nach rechtzeitig weg.

(Heute ist etwas Luft in der Bilderserie, daher ein kleiner Ausflug in die des Bieres. Japan hat uns überholt. Fast jeder kleinere Ort hat eine Microbrew die teilweise sehr interessante Craft-Biere brauen. In Deutschland haben wir nur Braufactum. Sieht so aus, als hätten uns die Japaner überholt. Bessere Oberklasseautos bauen die auch noch …)

Kyoto Bonustag

Heute startet der letzte Tag der Operation „Japan 2004 Reloaded“. Ich bin für einen Besuch des Kyoto Kaiserpalastes (京都御所) angemeldet. Die Idee zu Fuß dorthin zu gehen war jedoch dämlich. Ich hab die Strecke unterschätzt. Endlich stehe ich an der Südseite des Kyoto Gyoen (京都御苑). Bis zum Palasteingang sind es noch mal 500m.

Endlich geschafft. Der Polizist will den Ausdruck. Ausdruck? Davon stand nichts im Kleingedruckten. Sein Kollege kriegt das irgendwie geregelt. Glück gehabt. Wir, also die Touristengruppe, werden zu einem Warteraum eskortiert. Warten. Dann kommt der Reiseführer mit tragbarem Mikrofon-Verstärker-Lautsprecher-System; flankiert von mehreren Sicherheitsbeamten. Diese werden aufpassen, dass keiner die Gruppe verlässt. Die Führung beginnt. Ich habe die japanische Tour gebucht. Mein Japanisch reicht nie im Leben. Egal. Der Fokus liegt eh auf den Fotos. Es geht durch die Palastanlage. Ich erkenne einige Dinge wieder. Und das ein oder andere Wort verstehe ich dann doch. Schon spannend, dieses Level von Sprachkenntnis.

Nach einer Stunde ist die Tour vorbei. Auf dem Weg zur Karazuma Oike Station stoppe ich für eine Portion Karree; muss sein. Heute ist Restekiste; Dinge die ich ausgelassen habe. Erster Stop Nanzenji (南禅寺). Auf dem Weg von der U-Bahn-Station zum Tempel stolpere ich über einen anderen kleinen Tempel. Nichts besonders, aber ein netter Stop. Der Steingarten hinter dem Hojo ist berühmt, kommt aber an die Bedeutung des Ryoanji nicht heran.Das Sanmon ist groß. Gegen Eintritt kann man das Innere besichtigen. Ich verzichte. Neben dem Tempel steht ein Aquädukt, das hier in Japan etwas fehl am Platz wirkt. Ein kleiner japanischer Garten mit Teich gehört auch zur Anlage. Die Anlage ist weitläufig. Ich besichtige nicht jede Ecke. Auf dem Weg hinaus stoppe ich am Tenjuan. Er gehört zum Komplex des Nanzenji.

Mit den ganzen einzelnen Eintrittspreisen ist wieder eine Menge Geld durchgerauscht. Auf dem Weg zur U-Bahnstation fällt mir die Rampe auf, die parallel zur Straße läuft und mit sehr breiten Schienen ausgestatttet ist. Keine Ahnung wofür das ist oder war. Auf den Schienen steht ein großer Transportschlitten. (Auf google-maps ist Kanal an beiden Enden der Schienentrecke. Ich vermute, es ist so eine Art Hebewerk für Schiffe.)

Vorletzter Stop wird Momoyama (桃山) im Süden von Kyoto. Hier gibt es einige Sakebrauereien und ein Schreinfest. Ich bin gespannt, was mich erwartet. Die JR (eine von drei Bahnlinien) bescherrt mir den längsten Fußmarsch, ist dafür aber dank des JRP gratis. Nach Karte muss ich die Straße nehmen, die in Zugfahrtrichtung rechts weg von den Schienen führt. Ich hoffe mal, das es diese hier ist. Die Karte ist kaum mehr als eine grobe Skizze (… von Japan).

Ich finde den Gokonomiya-Schrein, damit bin ich richtig. Und es findet wirklich eine Schreinfest statt. Zeit für Matsurifutter als zweites Mittagessen. Weiter die Straße entlang. Hier bei den Bahnschienen beginnt eine Ginza (so nenne ich alle überdachten Einkaufstraßen). Ein Bahnhof ist direkt am Bahnübergang. Nicht ungewöhnliches im kompakten Japan, aber erfällt mir trotzdem auf.

Mein Ziel ist das Gekkeikan Okura Sake Museum. In den Straßen stehen überall alte Holzlagerhäuser. Über der Eingangstür hängt der Ball aus Reet, das Symbol für frischen Sake. Viel zu sehen gibt es nicht. Wie schon in der Destillery in Yoichi, gibt es nur einen kleinen, extra für Touristen hergerichteten Bereich. Die eigentliche Brauereianlage ist unzugänglich.

Mein Plan für den Rest des Tages ist etwas konfus: Quer durch Kyoto zurück zum Ryokan, Koffer vorbereiten, zurück nach Momoyama, dann wieder auf die andere Seite von Kyoto ins Seven and Seven.

Gesagt, getan. Einige Stunden später stehe ich wieder am Bahnhof Momoyama. Es ist dunkel. Direkt am Bahnhof eine Prozession. Statt eines Kamidana wird ein großer Schirm aus Blumen getragen. Er sieht schwer aus und aufgrund der Größe des Schirm scheint er schnell zum Kippen zu neigen. Trtozdem ist aus Aufgabe des Träger von einem Bein aufs andere zu springen und den Schirm zu stark wie möglich zum Wackeln zu bringen. Auf der Straße vor dem Schrein sind weitere Schirme unterwegs, sowie einige Mikoshi. Matsuristimmung. Ich pendel zwischen Zuschauen und Fotos, Schirmen und Ständen mit Futter und Sake. Es ist kein Vergleich zum Schreinfest in Mozu, aber allemal ein hervorragender Abschluss für diese Japanreise.

Nun auf zum wirklich letzten Stop. Am Bahnhof überlege ich kurz, wie ich durch die Absperrung komme. Der JR-Pass passt nicht in das Lesegerät der Schranke. Also öffne ich das Gatter neben der Schranke und gehe hindurch. Ich winke kurz mit dem JR Pass in die Überwachungskamera. Sicher ist sicher. Im Seven and Seven werde ich begrüßt. Der Barkeepers stellt mich den anwesenden Gästen vor. Ich habe die Rechnung von 2004 und den Coaster dabei. Dieser ist sofort das Gesprächsthema. Ich bleibe dabei: Das Design war genial. Ich bestelle, wie fast auf den Tag genau vor 10 Jahren, einen Singapore Sling. Der Barkeeper versteht sein Geschäft. Nach dem Sling noch ein Whiskey. Ich werde eingeladen. Wow.

Wenige Minuten vor Sperrstunde im Ryokan mache ich mich auf den Heimweg. Ich verspreche, dass ich spätestens in 10 Jahren wieder vorbeischaue. Der Rückweg zum Ryokan beendet den letzten Tag dieser sechsten Reise.


Kanji-Liste der heutigen Sehenswürdigkeiten:
  • 京都御所 = kaiserlicher Palast Kyoto … wikipedia japan-guide
  • 京都御苑 = kaiserliche Gärten Kyoto
  • 南禅寺 = südlicher Zen-Tempel … wikipedia japan-guide
  • 御香宮神社 : Gokonomiyajinja
  • 月桂冠大倉記念館 : Gekkaikan Okura Sake Museum

Kyoto Tag 2 Reloaded

Heute steht die Westseite von Kyoto auf dem Programm. Den Moostempel lasse ich aus; hab vergessen, die Unterlagen abzuschicken. Ich starte am Toji (東寺) südlich von Kyoto Eki (京都駅). Hier steht die größte Pagode Japans. Das muss erwähnt werden, da man es sonst nicht merkt. Man sieht die Pagode vom Shinkansen aus. Ich bin oft dran vorbei gefahren, jetzt besuche ich ihn, endlich.  Er ist weitläufig. Jedoch steht die Pagode in einer Ecke. Und so früh am Tag habe ich Gegenlicht. Der Tempel bietet neben der Pagode eine große Halle (Foto).

Es geht zu Fuß zurück zum Hauptbahnhof. Auf dem Weg gibt es ein paar Fotopunkte zum Thema „kompaktes Japan und Bahnstrecken in bebautem Gebiet.“ Kyoto kann aber auch hier Tokyo nicht das Wasser reichen. Mit Frühstück versorgt geht es weiter zum Nishi-Hongangji (西本願寺). Vor 10 Jahren war dieser eine Baustelle. Jetzt ist er renoviert. Das Gebäude ist imposant. Das gilt insbesondere für die Architektur im Inneren. Schuhe ausziehen lohnt sich wirklich.

Mein Fußmarsch zum nächsten Stop wird unterbrochen: An einer Feuerwache ist Ausbildung. Ich schaue etwas zu. Ein Teil der Gruppe übt den Atemschutz-Angriff vom Fahrzeug aus: Aussteigen, Wasserleitung Aufbauen, Angriff. Ein anderer übt sich in einer Kombinationsübung (sobald das Video auf akzeptable Größe geschrumpft ist, stelle ich es online): Mit PA-Ausrüsten; Knoten machen; B-Leitung und Verteiler, dann C-Rohr; PA anschließen und Wasser marsch. Alles gegen die Stopuhr. Leider muss ich weiter. Auch meine Stopuhr läuft.

Die Nijo-Burg (二条城) gehört zum Kyoto-Pflichtprogramm. Das Eingangstor ist reich verziert und erinnert mit seinem Detailreichtum an Nikko. Wer das Innere des Gebäudes besichtigt, sollte genau hinhören. Die Korridore haben den Spitznamen „Nachtigallengänge“. Es ist nicht möglich, ohne Geräusche mehr als ein, zwei Schritte zu gehen. Dann quietscht es. Die Dielen sind so gelagert, dass jede noch so kleine Bewegung die Wachen alarmiert. Es Prinzip, dass auch nach Jahrhunderten zuverlässig funktioniert. Ich probiere es immer wieder. Ein Schritt, zwei, drei … das wars. Es quietscht. Ein paar Touristen wundern sich, was ich da treibe. ich erkläre es. Haben die das Memo nicht gelesen? Kurz danach versucht sich eine Reihe von Touristen in meinem Experiment. Nur Schade, dass fotografieren verboten ist. Das Bild ist einmalig.

Hinter dem Palast gibt es einen kleinen Garten mit Resten der Burgmauern. Hier beeile ich mich, denn es fängt an zu nieseln. Bis zum nächsten Ziel wären es wieder knapp 1,5 km nach Norden. Angesichts des Wetters und dass ich über eine Stunde hinter meinem Zeitplan bin, nehme ich mir ein Taxi. Der Kitano Tenmangu (北野天満宮) ist schon einen Besuch wert, würde ihn aber nicht zum Pflichtprogramm erheben. Das kann aber auch am Wetter liegen; mittlerweile regnet es so richtig.

Der goldene Pavillion ist (mehr oder weniger) gleich um die Ecke. Es kommt ein leichtes Deja-vu auf: Die ansteigende Straße, dann über die Ampel und nach links; Nur einmal hier gewesen; vor 10 Jahren; und doch wiedererkannt. Die Eintrittskarte ist ein Stück Papier mit Kanji drauf.

Der Kinkakuji (金閣寺) ist überrannt von Touristen. Kein Wunder, er ist der Inbegriff eines Japanurlaubs. Der Pavillion, der Fuji, das Tori des Itsukushima-Schreins im Wasser; diese drei Bilder sind in jedem Reiseführer enthalten. Es ist schwer, einen guten Platz für Fotos zu kriegen; zumal meine Bildkomposition von der japanischen abweicht. Die Bedeutung des kleinen Wasserfalls im hinteren Teil des Geländes muss mir erklärt werden. Leider habe ich sie schon wieder vergessen.

Zu Fuß geht es weiter zum nächsten wichtigen Highlight in Kyoto: der Ryoanji (龍安寺) mit seinem Steingarten, dem wohl berühmtesten in ganz Japan. Hier muss man auf Entspannung schalten. Der Garten ist kleiner als man erwartet. Generell wirken alle Fotos aus Japan nur durch das verwendete Weitwinkel. Für Zen und Chado hat der Garten eine besondere Bedeutung und wenn man sich ein wenig Zeit nimmt, dann merkt man, dass kein Stein weggelassen werden kann oder hätte woanders sein können, ohne die Wirkung zu zerstören.

Durch die Außenanlagen geht es zum „Bonusprogramm“. Der Ninnaji (仁和寺) ist nicht weit weg. Glück. Am Tempel wird gerade ein Film gedreht. Ich nutze die Chance für ein paar Fotos, obwohl es nicht erlaubt ist. Aber wann bekommt man schon mal zu eine Kulisse samt Statisten. Der Tempel bietet ein paar nette Motive: Steingarten, Korridore. Würde er nicht in Kyoto stehen wäre er sicherlich ein Highlight. Hier jedoch ist er nur Bonusprogramm. Obwohl: Die Gebäude stammen aus dem 17. Jahrhundert und der Tempel war eng mit dem kaiserlichen Hof verknüpft.

Die Dämmerung setzt ein. Zeit mit dem Bus zurück zu fahren. Der Bus nimmt wirklich jede Milchkanne mit. 30 Minuten Fahrt. Zurück im Ryokan wird der Abend geplant: Erst ein wenig Touristenkitsch in Gion Corner, dann Abendessen in der Pontocho.

Gion Corner bietet eine Show für Touristen. Ich erwarte nicht viel. Der Weg dorthin ist etwas stressig; bin wie so oft spät dran. Die Durchschnittsgeschwindigkeit von Japaner mit laufendem Handy ist nicht förderlich. Jeder Opa mit Rollator ist schneller. Die Show selbst ist ein Querschnitt durch die Japanischen Künste: etwas traditionelle Musik, Ikebana, Geishatanz, Comedy, Puppentheater. Diplomatisches Fazit: Ich bin die falsche Zielgruppe.

Nach der Vorstellung schlendere ich durch Gion und steuere dann Pontocho (先斗町) an. Leider kann man in dieser kleinen dunklen Gasse ohne Stativ und Blitz (letzter ruiniert die Stimmung/Farben) keine guten Fotos machen. Mein Stop ist eine kleine Bar, die ich mehr oder weniger über Zufall auswähle. Vom Ambiente her wird es teuer werden. Okonomiaki und andere Leckereien werden geordert. Begleitet von einem regelmäßigem Blick auf die Uhr (Sperrstunde des Ryokan) genieße ich das Nachtleben.


Kanji-Liste der heutigen Sehenswürdigkeiten:

Randbemerkung: -ji () bedeutet Tempel. Toji-Tempel, wie er im Reiseführer gerne genannt wird, ist also falsch. Entweder To-Tempel oder Toji. Das ist genauso wie LCD-Display.

Von Gion und Pontocho gibt es  keine deutschen wikipedia-Einträge. Die Community scheint sich zu fein für solchen Dinge. Zum Glück gibt es das englische wikipedia.

Kyoto Tag 1 Reloaded

Heute ist wieder ein Tag, der dem Drehplan von 2004 folgt, mit minimalen Änderungen. Startpunkt ist der große Tempel Higashi-Honganji (東本願時). Eine der beiden Hallen wird immer noch renoviert. Das Gerüst erinnert mehr an einen Hangar für Flugzeuge. Ich besichtige das Innere. Das sind eine Menge Tatami.

Der Shoseien (渉成園), mein nächster Stop, wird in vielen Reiseführern übersehen oder nur kurz erwähnt. Ich hatte ihn 2004 auf der Liste und er zählt für mich zum Pflichtprogramm. Leider kann man hier sehr viel Zeit verbringen, was etwas mit dem Plan für den Tag kollidiert.

 Hinaus aus der Idylle zurück auf die Straßen Kyotos. Was mir dabei auffällt. Kyoto ist flacher als Tokyo. Zumindest kommt es mir so vor. Am Sanjusangendo (三十三間堂) warten mehrere Touristenbusse. Das wird voll. Oder auch nicht. Die Halle ist sehr lang. Im innere stehen hunderte, tausende Kannon-Statuen. Fotografierien ist lieder verboten. (Ich scanne irgendwann mal den Flyer ein.) Die schiere Anzahl ist imposant.

Am Yogenin vorbei zum Chisan (智積院会館). Möche sind bei der Gartenarbeit. Keiner ist älter als 30. Wow. Ich bin eigentlich nur hier, wegen der großen Stoffbahnen, die den Korridor rund um die Haupthalle zieren. Ein wirklich gutes Foto gelingt mir jedoch nicht. Wird Zeit, dass ich die Dias von 2004 scanne. Hinter dem Tempel befindet sich der Yamaguchiinari-Schrein (山口稲荷神社). Für einen kleinen Abstecher ist immer Zeit. Außer dem Eingangstor ist ist nichts spezielles auszumachen.

Ich folge der Straße und unterquere die Autobahn, oder Schnellstraße, oder was auch immer es ist. Dahinter geht es bergauf zum Kiyomizudera (清水寺). Ein wiedersehen nach nur 2 Jahren. Die Baustelle hat sich etwas verschoben. Da ich ja so gesehen gerade erst hier war und der Rundgang schnell erledigt. Ebenso der Besuch im Jishu-Schrein.

Ich gehe die Treppen hinab zur berühmten Straße von Higashiyama (東山). Ich atme durch. Diese Ecke von Kyoto hat alles, was Tokyo nicht hat: Den Charm des alten Japans. Straßen wie diese unterscheiden Tokyo und Kyoto.

Ich verlasse die historische Straße und steuere den Kodaiji (高台寺) an. In der Hektik vergesse ich einen Besuch des Steingartens. Weiter zum Entokuin. Die Drachenmalerei an der Decke ist imposant.

Quer durch den Maruyamapark geht es zum Yasaka Schrein. Der Park ist gut für eine Pause, zieht aber keinen Hering vom Teller. Der Yasakaschrein ist, das fällt mir erst jetzt auf, der Schrein, den man von der Shijodori sieht. Gion überspringe ich. Aber nur, weil ich vor zwei Jahren hier war.

Der nächste Stop ist Kenninji. Hier gibt es nur einen kurzen Stop. Ich bin schon weit hinter meinem Zeitplan. Chionin (知音院) ist  braucht etwas Zeit. Ein Großteil des Tempel wird gerade renoviert. Schade.

Der Heian-Schrein ist beeindruckend. Die riesige Front in orangerot. Der Schrein ist seit 2004 in meiner Erinnerung. Der Garnten hinter dem Schrein hat sich in meinen Gedächtnis verewigt. Die überdachte Brücke über den See. Ich gönne mir eine kurze Pause, bin mir aber bewusst, dass mein Zeitplan mal wieder zu eng gesteckt war und ich jetzt hinterher hinke.

Vom Heian geht es ohne Umwege zum Pilosopher Path (哲学の道). Es geht durch Nebenstraßen. Es ist weiter als gedacht. Dann endlich bin ich am Pfad. Jetzt wird es wirklich knapp. Wie 2004 werde ich den silbernen Pavillion erst kurz vor Schließung erreichen. Und dann verlaufe ich mich auch noch. Kyoto ist hier irgendwie zu Ende. Aber wo ist der Tempel? Zurück. Links. Rechts. Ich muss nachfragen, um wieder auf kurs zu kommen.

Am silberner Pavillion (銀閣寺) bleiben mir 30 Minuten. Schnelldurchlauf. Sicherlich dme Ort, seiner Schönheit und seiner Bedeutung nicht angemessen. Es fängt an zu dämmern. Die Belichtungszeit geht rauf. Den Sandkegel gibt es immer noch.

Als einer der letzten Gäste verlasse ich den Ginkaku. Es ist fast dunkel. Der Rückweg führt mich zunächst zurück zum Heian Schrein. Von hier folge ich dem Fluss Shirakawa (白川). Eigentlich eine idyllische Straße beidseitig des Flusses. Schade, dass ich kein Resto finde. Hunger hätte ich.

Ich folge weiter dem Fluss. Die Straße im zweiten Teil ist nicht mehr so schön, aber endet nahe der Pontocho (). Plan B für ein Abendessen. Ich wähle ein beliebiges Izakaya. Ein Ort eher am unteren Ende der „sieht ganz gut aus“-Skala. Aber so sind Izakayas. Keine Optik aber alkoholische Getränke und (für japanische Verhältnisse) deftiges Essen. Mal sehen, was mich hier erwartet.

Jetzt bin ich in der Stimmung, das Seven & Seven zu suchen. Ob es das noch gibt? Ob es den alten Barkeeper/Besitzer noch gibt?

Jaaa. Nach etlichen Kurven und Haken finde ich es. Ich hatte vergessen, dass es noch hinter der nächsten großen Querstraße liegt. Zum Glück habe ich den Ausdruck von google maps mitgenommen.

Ich betrete den Laden. Genauso, wie ich ihn in Erinnerung habe. Der Barkeeper ist auch noch da. 10 Jahre älter. Er muss jetzt Ende 60 sein. Mindestens. Irritierte Blicke in meine Richtung. Dies ist sicherlich kein Ort, an den es Touristen verschlägt. Ich setze mich an den Tresen und bestelle einen Whisky.

Es gibt neue Bierdeckel. Ich erwähne, dass ich vor 10 Jahren hier war. Ungläubige Blicke. Als ich dann den alten Bierdeckel beschreibe (rün, die beiden Siebenen von 7and7  formen ein Martiniglas), werden die Blicke noch ungläubiger.  Jetzt aber, weil es stimmt, ich das alte Design kenne bzw. mich daran erinnere. Die Grundlage für Gespräche ist gelegt. Allerdings bin ich der einzige, der das alte Design dem Neuen bevorzuge.

Die drohende Sperrstunde beendet den Abend. Ich muss zurück ins Ryokan. Im Laufschritt. Ich will nichts riskieren.


Kanji-Liste der heutigen Sehenswürdigkeiten:
  • 東本願時 = abc … wikipedia … japan-guide
  • 渉成園 = abc … wikipedia … japan-guide
  • 三十三間堂 = abc … wikipedia … japan-guide
  • 智積院会館 = abc … wikipedia … japan-guide
  • 山口稲荷神社 = abc … wikipedia … japan-guide
  • 清水寺 = abc … wikipedia … japan-guide
  • 高台寺 = abc … wikipedia … japan-guide
  • 東山 = abc … wikipedia … japan-guide
  • 知音院 = abc … wikipedia … japan-guide
  • 哲学の道 = Der Weg des Philosophen … wikipedia … japan-guide
  • 銀閣寺 = Tempel des silbernen Pavillion … wikipedia … japan-guide
  • 白川 = weißer Fluss … wikipedia … japan-guide
  • 先斗町 = phonetisch aus dem Portugisischen: Brücken-Straße