新幹線 .. Shinkansentechnik .. Gleistechnik

Shinkansen heißt „neue Stammstrecke“ und meint das neue Gleisnetz auf dem die Züge fahren, die wir immer als Shinkansen bezeichnen. Aber warum ist es ein neues Gleisnetz ?

Zunächst einmal ein paar Eckdaten zum Schienennetz:

  • eigenes Schienennetz (Ausnahme: Mini-Shinkansen)
  • Spurweite: 1435mm
  • Länge 2388 km (Stand 2011)
    422 km auf Kyushu und 350 km auf Honshu in Planung/Bau
  • auf der Hauptstrecke fährt alle 4 Minuten ein Zug
  • seit 1971: Mindestkurvenradius 4000m (zuvor 2500m und anfänglich nur 400m); Ausnahmen in städtischen Gebiet und Tunnel
  • Gleisabstand: 4,3m
  • maximale Steigung: 1,5%
  • Unterbau: früher Schottbett, heute feste Betonfahrbahn
  • auf Tokaido-, Tohoku- und Joetsu-Linie Sprinklersystemen gegen Eis und Schnee
  • Gesetz Nr. 46: Maximal 75 dB in 20m Entfernung in bebautem Gebiet (in der Folge gibt es Geschwindigkeitsbegrenzungen)
  • Schienenlänge 25m
  • Weichen mit beweglichem Herzstück (Gleiswechsel bei 160 km/h)
Signaltechnik

Am gesamten Streckennetz gibt es kein einzige Signal. Man befürchtete, dass diese bei hohen Geschwindigkeiten nicht rechtzeitig erkannt werden, bevor man an ihnen vorbei ist. Die Signalinformation und ebenso Geschindigkeitsvorgaben werden über Induktionsschleifen im Gleisbett an den Zug übermittelt. Das System heißt ATC.

Die früher analoge Technik wurde digitalisiert. Es gab 6 Geschwindigkeitsstufen bis 210 km/h und 6 weitere Stufen bis 300 km/h. Mittlerweile ist die Technik noch weiter und bietet eine dynamische Geschwindigkeitskontrolle. Basis  hierfür ist das CTC (Centralized Traffic Control), das die Informationen aller Züge zusammenführt und auswertet.

Das System berechnet für jeden Zug eine Geschwindkeitsvorgabe auf Basis der Daten (Geschwindigkeit und Abstand) des vorausfahrenden Zuges. Hierdurch ist es außerdem möglich, die Zugabstände zu verringern und so den Zugtakt und die Reisegeschwindigkeit zu erhöhen. Zudem werden unnötige Bremsungen und Beschleunigungen vermieden.

Schienen: Die Spurweite von 1435mm ist ein weitere Notwendigkeit für eine stabile Fahrt bei hoher Geschwindigkeit. Die 1053mm Kapspur ist einfach zu schmal. Die Zugfahrt wäre nicht stabil genug. Zudem sind die Kurvenradien (sie müssen bei Normalspur eh größer sein als bei Kapspur) sind enorm. Die Gleise sind zudem in Kurven geneigt, damit der Drink nicht vom Tisch rutscht. Wie enorm diese Neigung ist spürt man, wenn der Zug langsamer Fährt als sonst.

Aufgeständert

Nahezu das gesamte Shinkansennetz ist aufgeständert. In Städten war die die einzige Möglichkeit, die Strecke komplett kreuzungsfrei in das bestehende Infrastrukturnetz einzugbauen. Außerhalb der Städte bot dies den Vorteil, dass sie keine Tiere in das Gleisbett verirren (vgl. ICE-Unfall 2008 mit einer Schafherde). Etwas mehr auf der makaberen Seite ist der Vorteil, dass Selbstmörder erschwerten Zugang haben.

Stromversorgung 

Das Stromnetz in Japan ist zweigeteilt. Im Westen werden 110 V / 60 Hz verwendet. Im Osten hingegen sind es 115 V / 50 Hz. Die Grenze ist entlang der Shinkansenstrecken auf Höhe Shizuoka bzw. Karuizawa. (Also nicht wundern, wenn der Rasierapparat in Kyoto leicht anders klingt also in Tokyo.)

Nun arbeitet der Shinkansen nicht mit Strom aus der Steckdose, sondern mit 25.000 V, aber auch für ihn gibt es zwei Frequenzen, eben diese 50 Hz oder 60 Hz. (Im Gegensatz dazu arbeitet die Deutsche Bahn mit 1/3 der Haushaltstromfrequenz: 16 2/3 Hz.). Daraus entstehen diverse Kuriositäten:

  • Auf der Tokaido-Strecke wird der Strom durchgehend auf 60 Hz hochtransformiert. Die Spannung beträgt 25 kV.
  • Auf der Strecke nach Joetsu-/Nagano-Strecke hingegen erfolgt ein Frequenzwechsel von 50 auf 60 Hz auf Höhe von Karuizawa. Die Züge müssen entsprechend darauf vorbereitet sein. Die heißt aber auch, dass Tokaido-Zügtypen auf dieser Strecke nicht fahren können. Die Spannung ist konstant 25 kV.
  • Am Minishinkansen  werden die Oberleitungen der alten Kapspurzüge benutzt. Eine Nutzung von 25 kV ist wegen der dann notwendigen höheren Sicherheitsabstände nicht möglich. Daher arbeiten diese Strecken mit nur 20.000 V. Die Zugtypen des Mini-Shinkansen müssen also mit 2 unterschiedlichen Betriebsspannungen zu recht kommen, die 25 kV der Hauptstrecke und die 20 kV der Mini-Shinkansen-Nebenstrecken.
Mini-Shinkansen und seine Besonderheiten

Der Minishinkansen bildet dabei eine Ausnahme. Sowohl für den Akita- als auch der Yamagata- und der Hokkaido-Shinkansen, als Abzweigstrecken des Tohoku-Shinkansen  (zu den Strecken komme ich noch) wurden vorhandene Strecken umgebaut.

Die Spurbreite wurde auf Normalspur vergrößert, aber die Bahnhöfe blieben unverändert. Bahnsteige an der Kapspur sind aber für schmalere Züge ausgelegt und so mussten für diese Strecke schmale Züge gebaut werden (mehr dazu bei den Zugtypen).

Wegen der Kurvenradien sind auf dieser Strecke nur 130 km/h erlaubt.

Die JR-Hokkaido-Line zwischen Nakaoguni und Kikonai wurde 2015 für den Hokkaido-Shinkansen zum Dreischienengleis ausgebaut und für 200 km/h freigegeben. Hier können also Züge mit Normalspur und mit Kapspur fahren. (Ich habe es gesehen, aber kein Foto gemacht.)

Am Haltepunkt Uzen-Chitose stoppen Züge des Sanzen-Linie und der Yamagata-Linie. Die Sanzen-Linie nach Sendai nutzt die Kapspur. Die Yamagata-Linie hingegen nutzt das gleiche Gleis wie der Yamagata-Shinkensen. Damit ist die Yamagata-Linie die einzige, Normalstrecke, die auf Normalspur fährt und der Haltepunkt hat einen Bahnsteig, an dem auf der einen Seite Kapspur (1067 mm) liegt und auf der anderen Seite Normalspur (1435 mm).

Das dritte Gleis

Vor ein paar Jahren (2016) wurde der Shinkansen bis nach Shin-Hakodate verlängert und soll später einmal bis Saporro führen. Der Zug muss dafür durch den Seikan-Tunnel1. Der wurde aber für die Kapspur gebaut und wird zudem weiter von Kapspurzügen (Frachtzüge) benutzt. Daher liegen im Tunnel jetzt Schienen für beide Spurweiten. Das Gleis besteht also aus drei Schienen. Die Oberleitungen führen 25 kV / 50 Hz, was wiederum bedeutet, dass die Frachtzüge Lokomotiven benötigen, die diese Spannung verarbeiten können. — Der Shinkansen fährt im Tunnel mit 140 km/h.

Doktor Yellow und Wartung

Es gibt einen speziellen Messzug, der regelmäßig die Strecken abfährt und das Gleisbett überprüft. Er prüft mit Lasertechnik nicht nur auf Verformungen, sondern auch auf Abnutzung und Haarrisse.

Doktor Yellow führt dies Messungen im laufenden Betrieb durch. Seine Fahrgeschwindigkeit ist also die der Personenzüge. Sprich: Doktor Yellow vermisst die Strecke mit einer Genauigkeit unterhalb von Millimetern bei 230 bis 300 km/h.

Wartungen erfolgen hingegen grundsätzlich nachts während der Betriebspause (etwa gegen 1 Uhr fährt der letzte Zug im Zielbahnhof ein; der erste Zug fährt gegen 5 Uhr los). Anders als in Deutschland muss der Verkehr nicht unterbrochen oder umgeleitet werden. Letzteres wäre auch nicht möglich.

  1. Der 53,85 km lange Seikan-Tunnel ist nunmehr der zweitlängste Eisenbahntunnel der Welt nach dem Gotthardt-Basis-Tunnel.