Ich erzähle es oft: Man stelle sich auf dem Bahnsteig auf der Markierung hin, mit verbundenen Augen. Man stelle sich den Wecker auf 1 Minute vor Abfahrt. Wenn es klingekt macht man einen Schritt nach vorne und steht im Zug. Man fällt weder auf die Gleise noch rennt man gegen den Zug. Denn der Zug ist da, und die Tür ist genau da, wo die Markierung ist …
Das bedeutet es, den Shinkansen in Japan zu nutzten. Was ich damit sagen will: Es ist ist angenehm. Es ist komfortabel. Es funktioniert. Keine bösen Überraschungen. Service. Ich gehe soweit und sage, dass es keine Reise nach Japan ohne das „Erlebnis Shinkansen“ geben darf. Aber der Reihe nach …
[Nachtrag: Ich werde das glaube ich in zwei Blogs splitte: Vor dem Zug und in dem Zug,]
Die Reise planen …
Die Planung: Zugverbindungen kann sehr brauchbar über http://www.hyperdia.com gesucht werden. Dort werden alle relevante Daten angegeben. Man erhält Preisinformationen, usw.
Verspätungen: Die braucht man nicht einplanen. Es gibt keine! Ausnahmen sind Erdbeben, Taifune, schwere Probleme. Und das ist schon wieder verständlich. Shinkansen mit Ausnahme der Minishinkansen fahren auf eigenen Strecken, die aufgesetändert sind. Nur ein Erdbeben oder Taifun schafft es, dieses geschlossene, hoch durchorganisierte System zu stören.
Fahrkarte: Der Shinkansen ist teuer. Der Kauf des relativ teueren Japan Rail Pass amortisiert sich schnell. Die Nutzung des Shinkansen (mit Ausnahme des Nozumi und seines Äquivalents auf den östlichen Strecken) ist inbegriffen.
Seat Reservation: Ein Großteil der Wagen hat reservierte Sitze. In Japan sind immer ganze Wagen mit oder ohne Reservierung und als solche gekennzeichnet. Beim JRP fällt keine Gebühr für reservierte Sitze an. Man sollte also buchen. Einziger Nachteil: Man kann sich nicht einfach auf den Bahnsteig stellen, aber für gewöhnlich verpasst man nur einen Zug. Das im Gegensatz zu der Chance die Zugfahrt über im Gang zu sitzen.
Die Shinkansen haben eigene Reisebüros für den Kauf von Tickets. Aber Vorsicht. Der Shinkansen ist beliebt. Es kann durchaus eine Warteschlange geben. Bucht, wenn möglich, im voraus und in einer Zeit außerhalb der Rush Hour. Aber keine Angst: Es geht schneller als in Deutschland.
Der Weg zum Bahnsteig …
Eingang und Drehkreuz: Auf Bahnhöfen mit normalen Zügen und Shinkansen sind die Bahnsteige für letzteres mit separaten Drehkreuzen am Eingang (und Ausgang) versehen. Diese lassen sich nur mit gültigen Tickets nutzen. JRP-Besitzer zeigen den Pass beim Schalter vor.
Zugsuche: Die Züge haben Bezeichnungen, die anzeigen, wie viele Stops sie einlegen. Bei den normalen Zügen gibt es Local, Rapid, Express und Ltd. Express. Beim Shinkansen sind dies beispielsweise Kodama, Hikari, Nozomi. Jede Strecke hat ihre eigenen Namen.
Der Weg zum Bahnsteig der Shinkansen ist klar gekennzeichnet. Shinkansen haben ein eigenes Symbol. Meist ein blaues oder grünes Icon, das der Baureihe 0 entspricht. Hilfreich ist, wenn man sich die drei Schriftzeichen oder zumindest das erste von ShinKanSen merkt. Der erste Kanji heißt „neu“ und ist das gleiche wie in Shinjuku.
Anzeige: Überall auf dem Bahnhof finden sich Anzeigen, welcher Shinkansen wann auf welchem Bahnsteig fährt. Manchmal sind die Anzeigen nach Bahnsteig sortiert, manchmal nach Uhrzeit. Man muss sich kurz orientieren. Aber bei der extrem kurzen Taktung ergibt eine Sortierung nach Bahnsteig durchaus Sinn, da jeder Bahnsteig einen Zugtyp oder ein Reiseziel betreut. Beispiel: Kodama und Hikari nach ShinOosaka immer Bahnsteig 14.
Anzeige auf dem Bahnsteig: Am dem Bahnsteig gibt es große Anzeigen, die für jeden Bahnsteig die nächsten zwei oder drei Züge anzeigen. Die Sprache und Schrift wechselt zwischen Japanisch und Englisch.
Bahnsteig und Wagensuche: Kommen wir zum Einleitungstext … Die Zügen stoppen auf wenige Zentimeter genau. Dafür sorgen Markierungen auf dem Bahnsteig, die der Zugführer beim Halt anpeilt. die Türen sind damit immer an der gleichen Stelle.
Diese Stellen sind auf dem Banhsteig markiert. Man weiß also ganz genau wo der Wagen bzw. die Tür sein wird und kann sich rechtzeitig einsortieren. Dies hilft ungemein. Anders als in Deutschland mit seiner ungenauen Bahnsteigsabschnittsbezeichnung ist man auf wenige Dezimeter vor der Tür. Man spart sich das wandern mit Gepäck im Zug. Ferner passiert es in Japan niemals, dass ein Wagen fehlt oder sich die Wagenreihenfolge ändert. Die Wagen eines Zuges sind fest gekoppelt und unveränderbar. Bei einem Problem wird der gesamte Zug getauscht.
Die Ebene im Zug ist fast auf Bahnsteighöhe und der Abstand zwischen Bahnsteigkante und Zug ist minimal. Ein Vorteil für Koffer mit Rollen. Allerdings: Die Türen sind extrem schmal. Ich weiß nicht, ob Rollstuhlfahrer problemlos in den Zug kommen. Kinderwagen sind sicherlich auch eine Herausforderung.
Schlangestehen: Auf dem Fußboden sind sogar Linien eingezeichnet, die angeben, wie man die Warteschlange bilden soll. Und glaubt es oder nicht. Keine hält sich dran, aber sie bilden trotzdem eine Warteschlange. Sehr britisch, aber es vermeidet das Chaos, das man in Deutschland vorfindet wo alle gleichzeitig und als Erster ein- und aussteigen wollen.
Verpflegung: Ich tendiere dazu keine Zeit für Mittagessen oder Frühstück einzuplanen, wenn ich mit dem Shinkansen reise. Dafür ist genug Zeit im Zug. Kaufen kann man das Essen im Zug, in der Bahnhofshalle oder direkt auf dem Bahnsteig. Die Shops heißen Ekiben; eine Kobination von Eki (Bahnhof) und Bento (diese kleinen Boxen mit „kaltem“ Essen). Ich empfehle mindestens eine Shinkansenreise mit Bento.
Dispatcher-Ballet: Die Reise mit dem Shinkansen bietet ein weiteres Feature. Das Ballet. Auf dem Bahnsteig gibt es einen Dispatcher (ist das der richtige Name?). Kurz bevor der Zug einfährt gibt er eine Durchsage. Dann folgt ein Ballet von Handzeichen.
Es ist schwer zu beschreiben. Nachdem der Zug steht gibt es Sichtkontakt mit dem Zugführer. Danach folgt, ein Handzeichen eingeschlossen, ein Blick auf die Anzeige, den Zug, die Fahrtrichtung, die Uhr, den Fahrplan. Selbst der Stopp eines Zuges hat eine Choreographie.
Zugpassage: Nicht alle Shinkansen halten überall. Wenn man an einen Haltepunkt gerät, wo andere Züge, wier z. B. der Nozomi durchrauschen, kommt man in den Genuss eines Eregnisses: die Durchfahrt eines Shinkansen und voller Geschwindigkeit. Es dauert nur wenige Sekunden, bis ein 400m langer Shinkansen vorbei ist. Es ist laut. Es wird angekündigt. Es wird von einem Warnton begleitet. der Windsog ist ernorm. Zum Glück gibt es an den meisten Bahnhöfen eine Parallelgleis. Wenn nicht ballert der Zog direkt am Bahnsteig vorbei. Mit den wenigen Zentimeter wie weiter unten erwähnt. (Ich muss das Video unbedingt verlinken.)
Barriere: Fast alle Bahnsteige haben eine Absperrung zum Gleis hin. Das ist weniger gegen Selbstmörder sondern eher für die Sicherheit. Wenn ein Zug druchfährt ist der Windosg enorm. Die Barrieren gibt es mit und ohne Tür. Letztere verschließen selbst die Areale, wo die Tür sein wird und öffnen erst, wenn der Zug da ist. Es ist vergleichbar mit der Absperrung einer Achterbahn.