Nagahama Matsuri (Finale)

Da sich mein ursprünglicher Plan für heute zerschlagen hat, ergibt sich die Chance den großen Tag des Nagahama Matsuri zu sehen. Die Fahrt nach Minoota bringt eine Neuigkeit: Es gibt Problemausländer, die keine Touristen sind, in Japan. Sie fallen durch ihr unangepasstes, nerviges Verhalten auf (in Deutschland würde das unter „normal“ fallen). Den Japanern im Zug ist das unangenehm, ja etwas peinlich. Ich bin gespannt wie sich das in den nächsten Jahren entwickelt. Japaner sind nicht zimperlich mit Ausländern. „Pass dich an oder geh“ ist die Devise.

Der Rest der Zugfahrt ist dann wieder ganz japanisch. Umsteigen in Minoota; Wechsel in Gifu und in Maibara. Hier habe ich Zeit für eine Mittagspause. Die Wahl fällt auf Karee. Im Lautsprecher läuft J-Pop. Moment, das ist doch aus Bubblegum Crisis; Priss and the Replicants. Da kann man nur sagen „Only in Japan“.

Zurück in Nagahama brauche ich keine Karte mehr. Die wichtigen Straßen kenne ich. Heute gibt es am Schrein auch ein paar Futterstände. Ich treffe auf den Hashimaki-Verkäufer von Otsu. Was für ein Zufall. Das ist ein Zeichen für ein zweites Mittagessen.

Die Festwagen haben das Schreinbegelände bereits verlassen und ziehen langsam durch die Stadt. Jeder Schrein hält drei Mal und zeigt eine Aufführung. Die vierte und letzte ist auf dem Tempelgelände im Westen, wo sich alle Wagen sammeln werden.

Gute Fotos zu machen ist schwer. Anders als die Tage zuvor sind die Straßen heute voll von Touristen; wenig ausländische Touristen in Vergleich zu anderen Matsuri. Dennoch ist den akkreditierten Fotografen vorbehalten eine gute Position zu finden.

Die Aufführungen sind gut. Das Makeup; die Posen, die im Kabuki so wichtig sind, alles ist da und so gut. Und wenn man jetzt noch überlegt, dass die Stücke locker 20 Minuten dauern. Das ist eine Menge Text.

Nach der Aufführung stömen die Leute auseinander und das Team des Festwagen bereitet sich auf den Transport vor. Die Seitenteile der Bühne werden abgebaut. Die Seile zum Ziehen und die Holzbanken zum Lenken montiert. Die Prozession bereitet sich vor. Der Weg wird von Touristen freigeräumt. Dann kommt das Signal; mit einem goldenen Fächer. Die Straße wird gesperrt und der Wagen setzt sich in Bewegung.

Bis zur ersten Kurven. Da die Festwagen keine lenkenden Achsen haben ist hier für Gewalt gefragt. Man sieht die Spuren auf dem Asphalt. Dann die zweite Kurve in die überdachte Einkaufsstraße. Ab jetzt folgt Millimeterarbeit. Die Straße ist schmal. Zwischen den Schildern der Läden und den Aufbauten des Festwagen sind vielleicht 20cm auf jeder Seite.

Nachdem der Wagen seine Position eingenommen hat, wird die nächste Aufführung vorbereitet. Erst jetzt fällt mir auf, dass die Seitenteile mit dem Laufweg für die Schauspieler nicht wirklich stabil sind. In der nächsten Aufführung werfe ich daher einen Blick in diese Richtung. Während die Kinder auf dem Steg sind, stützen drei Leute den Laufweg.

Ich wechsele den Standort, denn der erste Wagen wird gleich den finalen Platz erreichen. Der Wagen wird auf den Platz gezogen und in Position für seine letzte Aufführung gebracht. Das Stück kenne ich schon. Jetzt wäre die Zeit für Matsurifutter, aber alle Stände sind auf der anderen Seite der Strecke. Hier steht keine einzige Bude. Also zurück. Und nicht zu spät. Die Leute sind schon am abbauen. Alle potentiellen Gäste ziehen mit den Festwagen mit und der letzte hat ja schon vorhin den Platz verlassen. Also auf ein letztes Hashimaki (und etwas Sake).

Ach ja: Nach den Aufführungen verlassen die Kinder den Festwagen und gehen zurück in das Haupthaus für eine Pause. Wenn die Kinder in vollem Kostüm den Wagen verlassen brandet Applaus auf. Die ganz kleinen werden getragen. Kurz vor der Aufführung kommen die Kindern einzelnd zum Festwagen zurück. Für jeden bildet sich eine Gasse in der Menschenmasse. Applaus und Zurufe. Die Kinder sind die Stars hier.

Von jetzt an Pendel ich zwischen den Festwagen, immer auf der Suche nach dem ultimativem Foto. Es fängt an zu dämmern und ich muss langsam auch die Rückreise im Auge behalten. Es gilt wieder die Regel: „Verletzter sinnvoller Zug“.

Auf dem Abschlussplatz gibt jeder Wagen seine letzte Vorstellung. Jetzt in der Dunkelheit mit der beleuchteten Bühne ist es ein völlig anderen Anblick. Nach der Vorstellung stellt der Wagen für das Gruppenfoto neben die anderen Wagen. Da das Matsuri etwas hinter dem Zeitplan hinkt, schaffe ich dieses Abschlussfoto mit allen vier Festwagen nicht mehr. Ich muss mich mit drei Wagen begnügen.

Zum Rückweg gibt es nicht viel zu sagen, außer: Ich nehme einen Zug, der direkt nach Gifu fährt. Das spart mir ein Mal umsteigen.