Heute also geht es über den Tateyama-Kurobe-Pass. Im Internet konnte ich alles lesen: von „kein Problem“ bis „Wartezeiten bis zu drei Stunden an der Seilbahn“. Der Pass hat erst vor ein paar Tagen geöffnet. Der Ansturm wird daher sehr extrem erwartet. Ich habe mich daher entschieden früh zu starten.
Der Wecker klingelt um 4 Uhr. Um 4:40 Uhr stehe ich bereits mit Koffern vor der noch geschlossenen Bahnstation. Gerade noch rechtzeitig, denn innerhalb der nächsten 10 Minuten formt sich eine Warteschlange von knapp 100 Leuten. Wow. Die wollen alle mit dem ersten Zug fahren.
Um 5 Uhr öffnet die Bahnstation. Zum Glück hatte gestern schon die Basisinformationen gesammelt. Erster Stopp ist der Ticketschalter, dann geht es weiter zur Kofferaufgabe und sofort weiter in den Zug. Ich bekomme einen der letzten Sitzplätze.
In Tateyama muss ich das Web-Ticket gegen das Original tauschen. Das war denkbar einfach, da nur wenige Leute ein Web-Ticket haben. Die meisten haben die Japan-Rail-Pass-Variante und müssen ein normales Ticket kaufen und Schlange stehen. Ein weiterer Vorteil meines Tickets ist die Boarding Time. Damit ist mir ein Platz in der Schrägbahn sicher. Alle ohne so eine Zeitangabe müssen auf Restplätze hoffen.
Ich vermute, von hier stammt die Warnung mit den 3 Stunden Wartezeit. Ich jedenfalls bin bereits um 07:10 Uhr am Busterminal. Der Bus soll erst um 7:40 Uhr fahren, aber so wie es aussieht starten die, sobalb genug Leute für einen Bus zusammen sind. Die Fahrt geht 1 Stunde bergauf in ein Winterlandschaft. Bereits auf halber Strecke ist die Schneewand neben der Straße 2-3m hoch und sie wird immer höher. Kurz vorm Ziel wird dann der „Snow Corridor“ angekündigt. Und ja, das ist Schnee. Eine Menge Schnee.
Da der Corridor erst ab 09:30 Uhr für Fußgänger öffnet habe ich Zeit für Onsen. Nur ein paar Meter entfernt befindet sich das höchste Onsen Japans. Der Weg ist aber alles andere als einfach. Die 500m könnten lange dauern. Der Schnee hat sich durch tagelanges Antauen und Frieren in Eis verwandelt. Ich komme trotz meiner Wanderschuhe nur sehr langsam voran. Aber 50€ für Schneeketten (ja die kann man hier kaufen) oder Spikes habe ich jetzt auch nicht übrig.
Das Onsen ist klein und teuer (700yen) aber lohnt sich. Gut, den onsentypischen Schwefelgeruch muss man mögen oder zumindest ertragen. Er ist sehr intensiv. Das im Reiseführer ebenfalls umworbene Jigokudani ist derzeit wegen der Gaskonzentration sogar gesperrt, und gleich um die Ecke. Vom Onsen aus hat man einen genialen Ausblick über die Schneelandschaft. Daran kann man sich wirklich gewöhnen.
Um 10 Uhr stehe ich im Schneekorridor. Das sind haushohe Schneewände. Der höchste Punkt misst aktuell 17m. Ich habe extra einen Bus fotografiert, wie er durch den Korridor fährt, damit man die Höhe abschätzen kann. Und selbst das täuscht auf den Fotos noch.
Bei den ganzen Bussen fällt mir ein, dass mit jedem Bus weitere 50 Leute angespült werden; nicht eingereichnet die Leute, die von Kurobe aus mit dem Tunnelbus kommen.
Also weiter zur nächsten Station bevor sich lange Schlangen bilden. Auch jetzt und bei den folgenden Fahrtabschnitten bewährt sich der Ansatz: 10-15 Minuten vorher Schlange stehen sichert einen guten Sitzplatz. Der Tunnelbus wird hier Trolley Bus genannt und ist ein Oberleitungsbus. Dieselabgase in dem Tunnel wären auch keine gute Idee. Dann geht es mehrere hundert Meter abwärts mit einer Seilbahn und wieder durch einen Tunnel. Dieses Mal mit der Cable Car. Man endet eigentlich direkt auf der einen Seite des Kurobedamms.
Der Stausee ist jetzt im April noch nicht komplett gefüllt. Die Schneeschmelze beginnt ja erst. Dennoch ist die höhe des Damms beeindruckend. Man muss zu Fuß auf die andere Seite. Dort gibt es eine Pause mit „themenbasiertem“ Mittagessen. Und dann weiter mit einem weiteren Trolley Bus. Die Fahrt im Tunnel dauer 13min. Ein Bus bringt einem vom Endpunkt runter ins Tal zur Bahnstation.
Das war er also, der Tateyama-Kurobe-Pass. Ich habe es vielleicht etwas gehetzt, aber ich glaube ich bin vor der großen Touristenwelle vorweggeschwommen. Ich habe eigentlich nie lange Warten müssen und immer gleich die erste Weiterfahrt erwischt. Bei den Besuchermassen, die mir entgegengekommen sind, glaube ich nicht, dass das in einer Stunde noch so sein wird, wenn die Rückreisewelle startet.
In Nagano gibt es dann Abendessen bevor es mit dem Local in den Onsenort geht. Schon am Bahnhof riecht man den Schwefel. Das Ryokan ist sehr traditionell. Die Dame des Hauses trägt Kimono. Eine Tafel am Eingang begrüßt die neuen Gäste. Auch mein Name steht dort. Meine Koffer werden mir gleich am Eingang abgenommen. Die stehen dann schon im Zimmer, nachdem ich dorthin eskortiert wurde.
Ich bin zwar todmüde, aber eine, zwei Runden Onsen müssen sein.
Hintergrundinformationen
(lagere ich später in eine eigene Seite aus)
Kurobe-Talsperre: Mit 186m ist es die Talsperre mit der höchsten Sperrmauer in Japan. Es ist eine Bogenstaumauer. Während des Baus starben über 200 Arbeiter.
Tateyama-Tunnel-Trolleybus: Es ist einer der beiden Oberleitungsbusse auf der Strecke der Tateyama Alpine Route. Es sind gleichzeitig die einzigen Oberleitungsbusse in Japan überhaupt. Der Bus fährt mit 600V und gilt als Eisenbahn. Die 3,7km lange Fahrtrecke ist komplett unterirdisch und führt unter dem Mt. Tateyama entlang.
Kanden Tunnel Trolleybus: Dies ist der zweite Oberleitungsbus Japans. Auch er fährt mit 600V. Die Fahrstrecke ist 6,1km, wovon 5,8km unterirdisch sind. Der Tunnel diente damals Als Versorgungsweg zum Bau der Kurobe-Talsperre. Auch er gilt rechtlich als Eisenbahn.