絵馬 .. Ema

Nach Omikuji wäre dies der Zweite Teil zum dem Thema „Die Götter sind bestechlich“ … Ema sind kleine Votivtafeln aus Holz. Man findet sie in jedem Schrein (und auch in Tempeln), und sie sind extrem fotogen. Ema (絵馬) heißt übersetzt Pferdebild:

  • 絵 = gelesen „e“ ist das Bild;
    絵巻 (emaki) ist die Bildrolle, wobei das Maki das Gleiche ist wie bei maki-sushi; gerolltes Sushi. Wenn man erst einmal den dreh raus hat, eröffnet jedes gelernte Kanji unzählige Möglichkeiten.
  • 馬 = gelesen „ma“ ist das Pferd.
    Es ist eines der Kanji die man schnell verwechseln kann: 馬 = Pferd (uma), 鳥 = Vogel (tori); 島 = Insel (shima). Merkt euch die 4 Füße und die wehende Mähne des Pferdes. Es ist auch der linke Teil vom Kanji für Bahnhof: 駅 (eki). Das wäre die zweite Eselsbrücke: Postkutsche mit Pferden = Vorläufer der Eisenbahn“
Historie – das Pferd (馬)

Obwohl heute in Schreinen sehr populär liegt der Ursprung im Buddhismus. Früher gab den Brauch, Wildtiere zu fangen und dann wieder frei zu lassen, um so gutes Karma zu erwerben. (Inwieweit dies dann das schlechte Karma durch das Fangen des Wildtieres aufwiegt, sei offen gelassen.) Der Brauch schwappte in den Shinto über.

Nara-Epoche (710-794): Die Tiere wurden geopfert, aber nicht getötet, sondern auf dem Schreinareal gehalten. Pferde, gerade weiße, hatten dabei einen hohen Status als Opfergabe, da sie sehr wertvoll waren. Zudem waren sie das Tier mit dem die Götter auf die Erde hinab stiegen. Sie waren also ein göttliches Transportmittel. Die dem Schrein geopferten Pferde wurden Shinme (神馬, göttliche Pferde) genannt.

  • 神 = kami oder shin gelesen; bezeichnet shintoistische Götter (vgl.: shin-to = Weg der Götter.)
  • 馬 = ma oder auch me gelesen; das Pferd

Das Engishiki nennt beispielsweise schwarze Pferde als Opfer für Regen und weiße Pferde als Opfer für klares Wetter. Weiße Pferde galten dabei allgemein als wertvoller. Samurai opferten Pferde, um für den günstigen Ausgang einer Schlacht zu wünschen.

Am Itsukushima Jinja steht direkt am Eingang ein Stall, mit der Statue eines weißen Pferdes. Mit dem obigen Text wird klar, wieso.

Historie – das Bild (絵)

Heian-Epoche (794-1192): Mit der Zeit ging man von lebenden Pferden (und anderen Tieren) zu Statuen und Bildern über. Dahinter stehen vermutlich finanzielle (Anschaffungskosten) und logistische Gründe (Versorgung der Tiere im Schrein). Der früheste Fund eines „Pferdeersatzes“ datiert auf das Jahr 1013 in Form von drei Papierpferden als Opfer an den Kitano Tenjin.

Kamakura-Epoche (1185-1333): Mit der Erstellung der Statuen und Bilder wurden vermehrt auch Kunsthandwerker und Künstler (z.B. Hokusai) beauftragt. In Tempeln wurde die Erstellung der Ema auch von den Priestern übernommen (und stellte eine zusätzliche Einnahmequelle dar).

Muromachi-Epoche (1336-1573): Die Verwendung großer Holztafel, oema genannt, setzte sich langsam durch. Gleichzeitig begann die Form der Tafeln und die Abbildung zu varrieren. Dargestellt wurden neben Pferden auch buddhistische Gottheiten wie Kannon und Jizo und Ikonographien aller Art: von Phallussymbolen (z.B. für den Wunsch nach Fruchtbarkeit / Nachwuchs) bis hin zu militärischer oder pazifisischen Symbolen. Die Wünsche wurden damals noch nicht auf das Ema geschrieben sondern bildlich dargestellt.

Im Laufe der Zeit wurden die Bilder immer kleiner. Die Bildsymbolik wich der geschriebenen Form des Wunsches; nicht zuletzt vorangetrieben durch die steigende Alphabetisierung des Volkes. Am Ende der Entwicklung steht die heutige Form der Votivtafeln: ein eher einheitliches Design in Kombination mit hoch individualisierten, geschriebenen Wünschen.

Ema heute

Heute haben Ema in der Regel eine mit einem Bild bedruckte Vorderseite und eine leere Rückseite, auf die man seinen Wunsch schreiben kann. Sie sind etwa 9x15cm groß.

Das Bild auf der Vorderseite variiert unabhängig vom Wunsch. Meist sind an einem Schrein mehrere Optionen (teilweise saisonal begrenzt) zu bekommen. Pferdedarstellungen sowie Bilder des aktuellen Erdkreiszeichens (chinesischer Kalender; 2021 ist das Jahr des Rindes/Büffels) sind eigentlich immer verfübar. Letztere werden besonders zu Jahresbeginn (Hatsumode) gekauft.

Neben Neujahr bescheren auch die Aufnahmeprüfungen für Schulen und Universitäten bzw. der Start ins Berufsleben den Ema Hochkonjunktur. Der Schulstart / Semesterbeginn und auch der Start des Berufslebens ist in Japan traditionell Anfang April (fast zeitgleich mit der Kirschblüte).

Die Ema werden öffentlich aufgestellt. Dies hat auch gesellschaftliche Gründe, zeigt es doch, das ein Mitglied der Gemeinde einen Wunsch hat mit dem es sich an die Götter (oder die Priester) wendet.

Ein Ema benutzen

Dies ist denkbar einfach. Man kauft es direkt auf dem Schreingelände. Der Preis schwankt je nach Größe, Design und Schrein zwischen 500yen und 2000yen. In der Regel kann man zwischen verschiedenen Preisstufen wählen.

Man schreibt den Wunsch auf die Rückseit und sollte dafür einen wasserfesten Stift nehmen; nicht dass der erste Regen den Wunsch wegspült. Der Wusch muss konkret sein, je präziser, desto besser. Ein Satz der mit „Ich hoffe …“ beginnt, ist also falsch.

Bei den Wünschen selbst gibt es keine Limits, solange sie auf die Rückseite passen. In der Regel sind Wünsche bei Schrein-Ema eher weltlicher und bei Tempel-Ema spiritueller Natur.

Außerdem gilt: Nur ein Wunsch pro Ema; nicht gierig werden. Man kauft auch nur ein Ema; ein Wunsch zur Zeit. Traditionell endet der Wunsch mit Angabe von Namen und Anschrift. Heute beschränkt man sich meist auf Initialen und die Präfektur, denn es gibt auch in der offline-Welt Individuen, die diese Angaben missbrauchen und z.B. den Wunsch nach Liebe und Romantik falsch interpretieren.

Anschließend hängt man das Ema zu den anderen an ein großes Gestell beim Schrein.

Mein „Hausschrein“ ist der Yushima Tenmangu, der in Nachbarschaft zum Hotel Edoya liegt. Es ist ein Gelehrtenschrein, der auch in umittelbarer Nähe zur ToDai steht. Entsprechend viele Wünsche treffen für eine Aufnahme an diese angesehene Uni gehen hier im März / April ein. Statt einiger hunderte Ema hängen dann Zigtausende Ema am Gestell neben der Haupthalle.

Die Ema werden irgendwann abgenommen und in einer Zeremonie verbrannt. Dabei wird der Wunsch symbolisch freigesetzt und in die Welt getragen (und an die Götter gerichtet?).

Nachdem der Wunsch erfüllt wurde, besucht man erneut den Schrein, um sich bei den Göttern zu bedanken. Dies erfolgt normalerweise in einem Gebet. Im Prinzip können aber auch die Ema benutzt werden, um sich bei den den Göttern zu bedanken.

Wichtig: Es ist unhöflich den Wunsch anderer Ema zu lesen. Die Ema sind Briefe an die Götter und im Prinzip gilt das Briefgeheimnis.

An alle, die Ema fotografieren, versucht eine Bildkomposition, die den Wunsch nicht zeigt oder zumindest nicht vollständig. Wenn ein Name (samt Adresse) auf dem Ema steht, verdeckt ihn; notfalls mit Photoshop. Auch wenn es in Kanji und Hirigana geschrieben ist, gibt es Leute wie mich, die das lesen können. Und es kann auch in Japan Ärger geben, wenn solche Bilder veröffentlicht werden. Steht der Server in Deutschland, ist es sogar ein Verstoß gegen die DSGVO.

Man kann den Wunsch in Form des Ema auch mit nach Hause nehmen. Allerdings sollte man darauf achten, dass nach Erfüllung des Wunsches das Ema zurück in den Schrein gebracht wird, um es zu verbrennen. Ema werden nicht weggeworfen. Ist der Schrein, aus dem das Ema stammt, zu weit weg, kann als Ersatz auch der lokale Hausschrein aufgesucht werden.

Sonderformen der Ema

Auch wenn die Form des Ema heute relativ standardisiert ist, gibt es immer noch eine große Vielfalt. Man muss nur etwas suchen.

Am Fushimi Inari Jinja in Kyoto hat das Ema eine abweichendes Design in der Form aus Fuchskopfes. Dabei ist auch die Vorderseite mehr oder weniger leer und man kann sein eigenes Bild malen. Der Wunsch kommt wie gewohnt auf die Rückseite. — Daneben gibt es auch Ema in Form kleiner roter Torii. Ich empfehle diese wegen der begrenzten Schreibfläche für kürzere Wünsche.

In Tokyo gibt es die Tokyo Jissha; 10 Schreine, die den Kaiserpalast umgeben. An jedem Schrein kann man ein kleines Ema (nur wenige cm groß) kaufen. Hinzu kommt ein großes Ema, auf das die kleinen geklebt werden. Hier werden keine Wünsche notiert. Stattdessen ist es ein geniales Souvenir.

Ich habe zwei Stück. Eines habe ich am Neujahrstag 2013 gesammelt, das andere am ersten Tag der Reiwa-Epoche (01.05.2019). — Man braucht mindestens einen Tag. Das hin und weg zu den Bahnstationen kostet viel Zeit und es ist gut möglich, dass man mit dem Fahrrad schneller ist. — Die kleinen Ema kosten 200yen und das große 1000yen. Alles zusammen sind es dann 3000yen (plus das Tagesticket für JR und U-Bahn für knapp 1600yen; JRP-Besitzer reicht ein Subway Day Pass für 900yen; Stand 2021).

Der Tsuyu-no-ten Jinja (Osaka, nördlicher Stadtteil) ist verknüpft mit dem Theaterstück Sonezaki Shinju (The love suicide at Sonezake) und wird daher in Verbindung mit Liebe gebracht. Die Ema haben Herzform.

Der Usa Jinja in Oita benutzt lackierte Flaschenkürbisse. Ich habe diese auch am Dazaifu, Fukuoka gesehen.

Sehr aufwendig gearbeitet sind die Ema am Tamatsukuri Inari Jinja. (Osaka, Stadtmitte). Es sind geschnitzte Tafeln die zwei Füchse darstellen, die eine Herzform bilden. Der Schrein wird  für Glück in der Liebe und im Eheleben aufgesuch

Der Kabushima Jinja (Aomori) hat Ema im Form eines Hammers, wie ihn auch der Glücksgott Daikokuten benutzt.

Ich vermute, dass die Vielfalt, auch durch Touristen aus dem Westen zunehmen wird. Wir dürfen nicht vergessen, Ema sind eine große Einnahmequelle für Schreine.

Ein weiterer Boost für die Ema ist die steigende Popularität von Manga und Anima. Schreine  und Tempel, die in einem Anime gezeigt werden, erleben immer häufiger kurz darauf einen Anstieg an Besuchern; zuletzt erfuhr dies der Hachiman Kamado Jinja in Oita-ken durch den Mange/Anime Demon Slayer (hier war es die Namensgleichheit mit dem Protagonisten Tanjiro Kamado).

Referenzen
https://sukisukijapan.com/what-is-japanese-ema/
https://wikimili.com/en/Ema_(Shinto)
https://wikimili.com/en/Ema_(Shinto)
https://de.wikipedia.org/wiki/Ema
https://en.wikipedia.org/wiki/Ema_(Shinto)
[erstellt: 16.02.2021]