Kyoto Tag 2 Reloaded

Heute steht die Westseite von Kyoto auf dem Programm. Den Moostempel lasse ich aus; hab vergessen, die Unterlagen abzuschicken. Ich starte am Toji (東寺) südlich von Kyoto Eki (京都駅). Hier steht die größte Pagode Japans. Das muss erwähnt werden, da man es sonst nicht merkt. Man sieht die Pagode vom Shinkansen aus. Ich bin oft dran vorbei gefahren, jetzt besuche ich ihn, endlich.  Er ist weitläufig. Jedoch steht die Pagode in einer Ecke. Und so früh am Tag habe ich Gegenlicht. Der Tempel bietet neben der Pagode eine große Halle (Foto).

Es geht zu Fuß zurück zum Hauptbahnhof. Auf dem Weg gibt es ein paar Fotopunkte zum Thema „kompaktes Japan und Bahnstrecken in bebautem Gebiet.“ Kyoto kann aber auch hier Tokyo nicht das Wasser reichen. Mit Frühstück versorgt geht es weiter zum Nishi-Hongangji (西本願寺). Vor 10 Jahren war dieser eine Baustelle. Jetzt ist er renoviert. Das Gebäude ist imposant. Das gilt insbesondere für die Architektur im Inneren. Schuhe ausziehen lohnt sich wirklich.

Mein Fußmarsch zum nächsten Stop wird unterbrochen: An einer Feuerwache ist Ausbildung. Ich schaue etwas zu. Ein Teil der Gruppe übt den Atemschutz-Angriff vom Fahrzeug aus: Aussteigen, Wasserleitung Aufbauen, Angriff. Ein anderer übt sich in einer Kombinationsübung (sobald das Video auf akzeptable Größe geschrumpft ist, stelle ich es online): Mit PA-Ausrüsten; Knoten machen; B-Leitung und Verteiler, dann C-Rohr; PA anschließen und Wasser marsch. Alles gegen die Stopuhr. Leider muss ich weiter. Auch meine Stopuhr läuft.

Die Nijo-Burg (二条城) gehört zum Kyoto-Pflichtprogramm. Das Eingangstor ist reich verziert und erinnert mit seinem Detailreichtum an Nikko. Wer das Innere des Gebäudes besichtigt, sollte genau hinhören. Die Korridore haben den Spitznamen „Nachtigallengänge“. Es ist nicht möglich, ohne Geräusche mehr als ein, zwei Schritte zu gehen. Dann quietscht es. Die Dielen sind so gelagert, dass jede noch so kleine Bewegung die Wachen alarmiert. Es Prinzip, dass auch nach Jahrhunderten zuverlässig funktioniert. Ich probiere es immer wieder. Ein Schritt, zwei, drei … das wars. Es quietscht. Ein paar Touristen wundern sich, was ich da treibe. ich erkläre es. Haben die das Memo nicht gelesen? Kurz danach versucht sich eine Reihe von Touristen in meinem Experiment. Nur Schade, dass fotografieren verboten ist. Das Bild ist einmalig.

Hinter dem Palast gibt es einen kleinen Garten mit Resten der Burgmauern. Hier beeile ich mich, denn es fängt an zu nieseln. Bis zum nächsten Ziel wären es wieder knapp 1,5 km nach Norden. Angesichts des Wetters und dass ich über eine Stunde hinter meinem Zeitplan bin, nehme ich mir ein Taxi. Der Kitano Tenmangu (北野天満宮) ist schon einen Besuch wert, würde ihn aber nicht zum Pflichtprogramm erheben. Das kann aber auch am Wetter liegen; mittlerweile regnet es so richtig.

Der goldene Pavillion ist (mehr oder weniger) gleich um die Ecke. Es kommt ein leichtes Deja-vu auf: Die ansteigende Straße, dann über die Ampel und nach links; Nur einmal hier gewesen; vor 10 Jahren; und doch wiedererkannt. Die Eintrittskarte ist ein Stück Papier mit Kanji drauf.

Der Kinkakuji (金閣寺) ist überrannt von Touristen. Kein Wunder, er ist der Inbegriff eines Japanurlaubs. Der Pavillion, der Fuji, das Tori des Itsukushima-Schreins im Wasser; diese drei Bilder sind in jedem Reiseführer enthalten. Es ist schwer, einen guten Platz für Fotos zu kriegen; zumal meine Bildkomposition von der japanischen abweicht. Die Bedeutung des kleinen Wasserfalls im hinteren Teil des Geländes muss mir erklärt werden. Leider habe ich sie schon wieder vergessen.

Zu Fuß geht es weiter zum nächsten wichtigen Highlight in Kyoto: der Ryoanji (龍安寺) mit seinem Steingarten, dem wohl berühmtesten in ganz Japan. Hier muss man auf Entspannung schalten. Der Garten ist kleiner als man erwartet. Generell wirken alle Fotos aus Japan nur durch das verwendete Weitwinkel. Für Zen und Chado hat der Garten eine besondere Bedeutung und wenn man sich ein wenig Zeit nimmt, dann merkt man, dass kein Stein weggelassen werden kann oder hätte woanders sein können, ohne die Wirkung zu zerstören.

Durch die Außenanlagen geht es zum „Bonusprogramm“. Der Ninnaji (仁和寺) ist nicht weit weg. Glück. Am Tempel wird gerade ein Film gedreht. Ich nutze die Chance für ein paar Fotos, obwohl es nicht erlaubt ist. Aber wann bekommt man schon mal zu eine Kulisse samt Statisten. Der Tempel bietet ein paar nette Motive: Steingarten, Korridore. Würde er nicht in Kyoto stehen wäre er sicherlich ein Highlight. Hier jedoch ist er nur Bonusprogramm. Obwohl: Die Gebäude stammen aus dem 17. Jahrhundert und der Tempel war eng mit dem kaiserlichen Hof verknüpft.

Die Dämmerung setzt ein. Zeit mit dem Bus zurück zu fahren. Der Bus nimmt wirklich jede Milchkanne mit. 30 Minuten Fahrt. Zurück im Ryokan wird der Abend geplant: Erst ein wenig Touristenkitsch in Gion Corner, dann Abendessen in der Pontocho.

Gion Corner bietet eine Show für Touristen. Ich erwarte nicht viel. Der Weg dorthin ist etwas stressig; bin wie so oft spät dran. Die Durchschnittsgeschwindigkeit von Japaner mit laufendem Handy ist nicht förderlich. Jeder Opa mit Rollator ist schneller. Die Show selbst ist ein Querschnitt durch die Japanischen Künste: etwas traditionelle Musik, Ikebana, Geishatanz, Comedy, Puppentheater. Diplomatisches Fazit: Ich bin die falsche Zielgruppe.

Nach der Vorstellung schlendere ich durch Gion und steuere dann Pontocho (先斗町) an. Leider kann man in dieser kleinen dunklen Gasse ohne Stativ und Blitz (letzter ruiniert die Stimmung/Farben) keine guten Fotos machen. Mein Stop ist eine kleine Bar, die ich mehr oder weniger über Zufall auswähle. Vom Ambiente her wird es teuer werden. Okonomiaki und andere Leckereien werden geordert. Begleitet von einem regelmäßigem Blick auf die Uhr (Sperrstunde des Ryokan) genieße ich das Nachtleben.


Kanji-Liste der heutigen Sehenswürdigkeiten:

Randbemerkung: -ji () bedeutet Tempel. Toji-Tempel, wie er im Reiseführer gerne genannt wird, ist also falsch. Entweder To-Tempel oder Toji. Das ist genauso wie LCD-Display.

Von Gion und Pontocho gibt es  keine deutschen wikipedia-Einträge. Die Community scheint sich zu fein für solchen Dinge. Zum Glück gibt es das englische wikipedia.