Vor dem Frühstück schnell noch eine Runde outdoor Onsen. Heute geht es zurück nach Tokyo, die allerletzte Chance nutze ich. Beim Frühstück dann der Wetterbericht. Taifun 23 ist auf dem Weg. Er wird am 18. Japan erreichen. Ich kann nur hoffen, daß die Vorhersage falsch ist. Am 18. geht es zurück nach Deutschland. Was ich gar nicht gebrauchen kann, ist ein stornierter Flug. Außerdem ist der Tag vor dem Taifun Regen.
9:45 Uhr erfolgt der check-out. Der Ryokanchef bringt mich noch zum Bahnhof. Der Zug rollt um 10:18 Uhr. Damit ist auch das vorletzte Kapitel (Narukoonsen) zu Ende. Es bleibt das Finale in Tokyo. In Furukawa dann der Wechsel in den Shinkansen. Dieses Mal bin ich echt froh einen Sitzplatz reserviert zu haben. Der Zug ist voll. Um 14:55 rollt der Zug in Ueno ein. Gemäß der Ansage ist dies sogar die Endstation.
Ich stehe wieder mitten im Chaos. Was für ein Kontrastprogramm nach der Ruhe und Abgeschiedenheit von Naruko. Die Shinkansengleise sind im Untergrund; im Erdgeschoß die normalen Bahnlinien. Einige Gleise sind im ersten Stock. Das muß die Yamanote sein. Dahin will ich nicht. Also den nächstbesten Ausgang. Eine Mehrspurige Straße und ein Fußgängerbrückensystem wie ein Spinnennetzt darüber gelegt. Und darüber der Expressway, die Autobahn… japp, das ist Toyko
Bleibt nur noch die Frage nach der Richtung. Autobahn und Yamanote laufen in Nord-Süd-Richtung, dann müßte rechts von mir der Ueno Park sein. Sicher bin ich mir aber nicht. Und mit dem Kamidana … ich nehe ein Taxi. Nach zwei Kurven sind wir in vertrauten Gebiet. Meine Baustelle. Aber wo will der Taxifahrer lang? Stimmt ja. Die Straße vor dem Hotel ist eine Einbahnstraße.
15:10 Uhr der check-in. Ich frage nach einem Shintoschrein für Kendo und verweise mit einer Handbewegung auf die Kiste mit dem Kamidana. Der Chef vom Ryokan greift zum Telefon: Kashima Jingu. Der liegt aber gut 2 Stunden außerhalb von Tokyo. Narita ist etwa auf der halben Strecke.
Yushima Tenmangu
Dann bittet er mich zu folgen. Wir verlassen das Hotel. Die Straße weiter rauf und dann rechts. Nach 200m steht ein Schrein. Der Yushima Tenmangu. Es ist ein Gelehrtenschrein. Viele Studenten der ToDai kommen hierher, um für die Aufnahmeprüfung zu beten. Das Holz des Schreins ist ungewöhnlich hell. Er kauft eine Tafel und schenkt sie mir. Bin sprachlos.
Dazu gibt es einen kleinen Crashkurs: In die mitte kommt eine, ich nenne es mal Allround-Tafel. Mit ihr ist der Schrein sozusagen online. In die rechte Tür kommt die Tafel des Ortschreines und in die linke die Tafel des Schreins, der die Funktion hat. Ich habe keinen Ortsschrein. das ist normalerweise der Schrein, der am dichtesten an der Wohnung liegt. Bevor ich jetzt eine Karte hole und den westlichsten Schrein Japans suche, gehe ich ganz pragmatisch an die Sache ran: Meine erste Übernachtung und meine letzte sind im Hotel Edoya. Von daher kann man schon den Yushima Tenmangu als den dichtesten Schrein bezeichnen. Zudem gefällt mir die Idee mit dem Gelehrtenschrein. Paßt zum Unidojo.
Auch bei der Kashima-Tafel hilft er mir. Zurück im Hotel schreibt er einen Brief auf Japanisch. Darin bittet er, ein Tafel per Post zu schicken. Ich brauche nur meine Adresse und etwa 2000yen dazu packen und es von Deutschland aus zu veschicken. Mit so viel Hilfe habe ich nicht gerechnet.
Asakusa
Es ist noch ein paar Stunden hell. Zeit für einen Zwischenstop wäre da gewesen. Hätte ich heute Nikko abhaken können? Dran vorbei gefahren bin ich. Jetzt ist es zu spät für solche Ideen. Aber Tokyo ist noch so unbekannt. Die Zeit kann man hier sehr gut verbringen.
Auf nach Asakusa. Es ist der größte in bekannteste Tempel in Tokyo. Eines dieser Fotos, die stellvertretend für Tokyo stehen (ähnlich wie der Tokyo Tower). Unterhalb des Ueno Parks führt die Asakusadori nach Osten. Man muß nur kurz vor dem Fluß abbiegen. Auf dem Weg dahin sehe ich viele kleine Läden, die buddhistische Ältare und Zubehör verkaufen. Ob die auch Shintosachen haben? Brauche gar nicht suchen. adfür gibt es einen eigenen Laden. Ich kaufe einen Spiegel. Der gehört zu dei Pflichtuntensilien.
Die Straße, die zum Tempel abzweigt, habe ich fast übersehen. Es ist eine „Ginza“. Souvenierläden mit Essen und Touristentrödel. Nach Kamakura, Nara und Kyoto ist dies ein Tempel wie jeder andere. Dennoch: Er steht mitten in Tokyo. Ein großes Mon. Hier hängt ein riesiger Lampion. Das Foto kennt jeder. Das Hauptgebäude ist riesig. Auf halben Weg dorthin ein Becken mit hunderten brennenden Räuchstäbchen. Zudem eine 5-stöckige Pagode. Und alles mitten in Tokyo.
Akihabara
Electronic Town. Der Name kommt nicht von ungefähr. Hier kann man alles kaufen was mit Strom läuft: HiFi, Computer, Kameras, Handys, einfach alles. Große Geschäfte wie Big Camera haben bis zu 8 Stockwerke nur mit Elektronikkram. In den Nebenstraßen geht es zu wie auf einem Basar. Kleine Händler. Einer verkauft nur Kabel. Ein kleiner Laden nur für CDs und DVDs. In den Katakomben unter der Yamanote muß man den Kopf einziehen, aber hier ist es noch krautiger. Ein Tapeziertisch mit tausenden LEDs und Transistoren. Daben ein Laden für Spionagesachen. Minikameras in Brillen, Funkscanner und so’n Kram. Meßgeräte. Oszilloskope. Der real gwordene Conrad-Katalog. Ein Mekka für Elektronikbastler. Ein Laden mit Röhren für HiFi-Verstärker. Einfach irre.
Akihabara ist mehr als Elektronik. Mange und Anime sind hier ebenfalls präsent. Mangaläden über 4 nein 5 Etagen. Auf der Straße stehen verkleidete Japenrinnenund machen Werbung vor Maiden-Cafes. Auch die gibt es in mehreren Extremen. In einigen bekommt man überteuerten Kaffee von Japerinnen in Dienstmädchen-Outfit serviert, die einen mit „my Master“ begrüßen. Man bucht keinen Cafe, sondern ein Dienstmädchen. Für Frauen gibt es Butler-Cafes. Gleiches Konzept.
Der Schritt in die Richtung Fetisch und BDSM ist ganz kurz. In anderen Cafes ist dieser Schritt sogar Teil des Konzeptes. Man muß aufpassen. Der Übergang ist fließend. (Wie auch bei den Kneipen.) Ich nehme ein paar Flyer mit. Jetzt erst mal weiter durch diesen Stadtteil.
Dazu die ganzen Menschen. Nicht jeder ist für die Elektronik hier. Akihabara ist ein wichter Knotenpunkt im Bahnnetz von Tokyo. Es ist laut, bunt. Jeder Laden hat laute Musik und Werbung laufen. Es gibt hier sogar Marktschreier, die mit Megaphon vor dem Laden auf Angebote hinweisen. In der Nebenstraße kann man Second Hand kaufen. Alles. Kameras. 286er. Alte Laptops und auch Mangas und Anime. Autoradios.
Ich muß hier raus. Es wird dunkel. Akihabara ist jetzt komplett erleuchtet. Überall blinkt und fackert es. Die Menschen. Der Lärm. Die Lichter. So muß ein LSD-Trip sein.
Entspannter und ruhiger ist da das Abendessen beim Italiener. Danach ein Streifzug durch Ueno und über die Baustelle. Hatte ich am Anfang der Reise das bunt erleuchtete Nachtleben von Uenno gelobt, verblaßt es ein wenig, wenn man in Akihabara war. Trotzdem. Seine Wirkung verfehlt es nicht. Wie heißt es? Lichter der Großstadt?
Die Baustelle hat sich entwickelt. Sie ist größer geworden. Das Verkehrschaos hat sich gefühlt verdoppelt. Die Ordnung ist etwas gesunken, aber immer noch beachtlich. Das Verhältnis Arbeiter zu Sicherungsposten ist immer zu Gunsten der Sicherungsposten. Und ich habe immer noch keine Ahnung, was die hier bauen. Eines ist klar. Es ist unterirdisch. Bagger mit langen Greifarmen und Bohrer. Egal was es wird. Es wird groß.
Randnotiz:
- Fazit: nichts besonderes, außer das Geschenk vom Chef des Hotel Edoya.
- Für Fahrten in den Norden Japans ist Ueno der bessere Bahnhof. Nicht alle Zügen starten in Tokyo.
- Soweit ich das verstehe, ist Ginza ein Sammelbegriff, für Einkaufsstraßen ohne Autoverkehr; ähnlich unseren Fußgängerzonen. Viele Ginza sind überdacht.
- Souvenierläden bestehen immer zu mehr als 50% als Lebensmitteln.