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noch 3 Tage – Matsuri, ein Abends mit Stil

Der Weg nach Asakusa ist eine U-Bahn-Fahrt mit 6 Stationen.  Ich stelle fest, dass die Baustelle in Suehirocho fertig ist und die ganze Station mit Zetteln gespickt ist, die darauf hinweisen, dass man unten in der Station, die Fahrtrichtung nicht mehr wählen kann.

Die nächste Station ist Ueno-Hirokoji, und dann Ueno. Hier kommt die Folge „Tokyo Underground“ von NHK ins Spiel. Alle Stationen von Ueno bis Asakusa wurden frisch renoviert und haben ein Thema bekommen: Ueno referenziert den Uenopark mit seinen Museen. Sie haben sogar eines der alten Drehkreuz der Station als Ausstellungsobjekt in der Station aufgestellt.

In Inaricho und hier dominiert Holz. Es ist eine Referenz an die alten Holzhäuser Japans. In Tawaramachi gibt es Wabenmuster aus Metall, die darauf verweisen, dass dies ein Handwerkerviertel war. In Asakusa angekommen dominieren zinnoberote Flächen den renovierten Teil der Station.

Nakizumo

In Asakusa fange ich sofort mit dem VNV-Projekt an (über das ich separat berichten werde), bis mich eine Uhr daran erinnert, dass hier noch ein Veranstaltung stattfindet. Das Nakizumo. Eine Sache, die ich erklären muss: Zwei Sumoringer versuchen kleine Kinder zum weinen zu bringen. Je lauter sie weinen desto besser. Es soll die Kinder gesund und stark machen.

Die ganze Nummer ist irgendwie nicht kompatibel mit meinem westlichen Gehirnwindungen. Zumal der Weg zum weinenden Kind nicht immer erfolgreich ist. Manche Kinder sind eher hochamüsiert, wenn Monstermasken das Gegenteil bewirken sollen.

Zur Hälfte des Nakizumu wechsel ich wieder zum VNV-Nation-Projekt. Es ist erstaunlich, wie sich der Blick auf einen Stadteil, einen Tempel, ja auf eine Häuserfassade ändert, wenn man versucht den Screenshot nachzustellen. Ich bin schon gespannt, welche neue Sichtweisen sich in Shibuya und Shinjuku ergeben.

Das nächste Matsuri auf dem Tagesplan findet in Ryogoku statt. Eigentlich wollte ich die Chancen nutzen, um auf dem Weg dorthin die Brücken des Sumidagawa zu fotografieren, aber die sind alle eingerüstet. Die bekommen rechtzeitig für 2020 einen neuen Anstrich. Also dann nächstes Jahr.

Nigiwai Matsuri

Das Matsuri ist eine kleines Stadtteilfest. Die Stimmung ist entsprechend lokal und entspannt. Direkt am Kokugikan schnappe ich mir eine Dose Highball und eine Schale mit Chankonabe.

Die Straße neben dem Bahnhof  ist gesperrt und voll mit Buden für Essen, Trinken und andere Dinge. Oben am Edomuseum ist noch ein Wettkampf von Tanzgruppen. Ob das zum Matsuri gehört oder eine eigenständige Veranstaltung ist, kann ich nicht sagen. Ist aber auch egal.

Ein Blick auf die Uhr verrät: Ich habe die Zeit vergessen. Es ist bereits 16 Uhr. Ich verschiebe den Kimono auf morgen und starte direkt mit dem Rücksturz zum Hotel. Für die letzten beiden Punkte auf dem heutigen Plan gilt ein Dresscode.

Suigian

So langsam habe ich die Reisezeiten in Tokyo raus. Ich bin kurz vor 19 Uhr in Nihonbashi. Das Suigian ist am Ende eines kleinen Parks mit dem Fukutoku-Schrein, der sich inmitten der nagelneuer Hochhäuser befindet. Das hier ist genau das andere Tokyo, der maximale Kontrast zu Kyojima von gestern.

Das Suigian ist genau wie ich es mir vorgestellt habe. Es hat Stil. Da wegen der Golden Week sehr wenig los ist, bekomme ich ein Sitzplatz direkt an der Bühne. Das Sushimenü (leider wegen der Lichtverhältnisse etwas unscharf geraten) gibt den richtigen Auftakt, dazu ein Glas guter Sake.

Die Noh-Aufführung ist in drei Teile unterteilt. Ich bekomme englische Hintergrundinformationen zu allem. Und ich brauche Sie. Für die Sprechweise des Noh brauchen selbst Japaner Untertitel. Was mir von meiner Sitzposition direkt ander Bühne auffällt, ist die Art zu gehen. Suriashi.  Ich weiß nicht, ob ich das könnte: mich gleichzeitig auf das Suriashi, den Text, die Gesten und die Körperhaltung konzentrieren. Gegen 22 Uhr ist Last Order.

Imperial Bar

Dies passt ganz gut, denn ich will noch in die Imperial Bar verlegen. Das Hotel ist schon Upper Class. So viel Personal allein in der Lobby habe ich zuletzt im Ritz-Carlton gesehen. Die Bar ist im Obergeschoss und ich muss etwas warten bis ein Sitzplatz frei wird.

Die Whiskypreise sind hoch. Das war aber zu erwarten in der Hotelbar eines Luxushotels in Japan. Die Cocktails sind ebenfalls teuer, wenn man bedenkt, dass sie etwa 8cl groß sind. Das Daddy O ist dagegen ein Schnäppchen.

Zurück zu meinem Hotel nehme ich ein Taxi. Es ist spät geworden und ich will etwas Zeit retten, zumal ich nicht weiß, ob noch eine U-Bahn fährt. Außerdem kommt es nach dem heutigen Abend auf die etwa 20€ auch nicht mehr an.

Fazit: Ich muss noch einmal ins Suigian. Der Ort ist genau auf meiner Linie. Und ich muss morgen noch Mal in die Imperial Bar … Ich habe die Sonnenblende vom Objektiv und meine Infos aus dem Suigian liegen gelassen.


Nachtrag: Die Idee für das Suigian stammte von der NHK Show Tokyo Eye 2020. Da während der Show keine Foto erlaubt sind (und ich im Gegensatz zu anderen Touristen sowas respektiere – Stichwort Fotoverbot in Kyoto Gion) greife ich hier mal auf die Screenshot des NHK Show zurück.

Tokyo Shopping

Der heutige Tag in Tokyo dient nur einem Zweck: Souvenir-Shopping. Das war von Anfang an so geplant, da ich die 23 Extrakilo bzw. einen zweiten Koffer nicht quer durch Japan schleppen wollte.

Das Frühstück lasse ich aus … zumal ich es nicht gebucht habe. Ich deponiere die Koffer nach dem Check-out an der Rezeption und los geht es. Der erste Stopp ist Asakusa. Mit Marugoto Nippon hat mal Dinge aus ganz Japan auf mehreren Etagen.

Mein erstes ernsthafte Ziel ist aber die Kappabashi. Wer die nicht kennt: Es ist DIE Einkaufsstraße für Restaurant- und Kneipenausrüstung. Hier kriegt man alles. Es gibt einen eigenen Shop für diese kleinen Bestellzettel und Mäppchen für die Rechnung; einen eigenen Laden für Speisekarten und Zubehör, … Auf meiner Agende stehen diverse Küchenutensilien, eine zweite Fahne, ein zweite Izakaya-Laterne, Gewürze und ein Noren.

Ich kaufe noch nichts. Das mache ich heute Spätnachmittag auf dem Weg zurück zum Hotel. Aber ich weiß, dass ich alles hier kriege. Haken dran. Ich finde auch einen Laden für Verpackungen. Das löst dann auch mein: „Wo bekomme ich den zweiten Koffer her?“

Stopp Nummer zwei ist der Sakaya in Yushima nahe der U-Bahnstation. Ich laufe den Weg, weil ich die Strecke falsch einschätze. Aber so schlimm ist es auch nicht. Zum einen finde ich auf dem Weg einen Yakutori-Stand, an dem ich mein Mittagessen kaufen. Zum andere lerne ich eine Seite von Ueno kennen, die ich 14 Jahre lang übersehen habe: Die Ostseite des Bahnhofs Ueno. Hier gibt es sogar einen Eingang. Das wusste ich gar nicht.

Kurz vor dem Banhhof find ich noch einen Bahnübergang, der hier eigentlich nicht sein sollte. Es scheint einer der Betriebshöfe für die U-Bahn zu sein.

Und was den Whisky angeht: Keine Chance. Ich erfahre, dass Suntory-Whisky in ganz Tokyo ausverkauft ist; Yamazaki und Hakushu. Wow. Das hätte ich nicht erwartet. Gut, ich merke mir für später eine Flasche Sake und eine Flasche Shochu vor. Sieht so aus, als hätte ich noch Platz auf dem Rückweg.

Jetzt wird es Zeit für etwas Sightseeing bzw. Matsuri. Theoretisch sollte am Nezu Jinja das Azaleen-Festival (vgl. 2008) laufen. Ich habe recht. ich bin allerdings kurz verwirrt, da ich eine Straße entlang gegangen bin, die ich nicht kannte und ich bin trotzdem beim Schrein angekommen. Das scheint der Tag der neuen Wege in altbekannten Gegenden zu sein.

Nach etwas Matsurifutter (Takoyaki) und Sake verlege ich nach Omotesando in der Hoffnung auf einen günstigen Kimono oder eine Yukata. Es endet wie mit dem Whisky. Auch ein kurzer Abstecher nach Shinkjuku Station endet nichts an dieser Sache. An beiden Sachen.

Es ist bereits 15:30 Uhr. Ich überlege kurz, ob ich kurz nach Nakano durchstarte, um eine Japan-Rail-Taschenuhr zu kaufen. Aber das wäre wieder ein Fall von „die Entfernungen und Reisezeiten und Tokyo unterschätzen“. Nein. Jetzt werden die Souvenirs eingesammelt.

Mit einem großem Pappkarton unter dem Arm verlasse ich Kappabashi. Schon etwas merkwürdig. In Yushima erstehe ich die beiden reservierten Flaschen. Es ist obrigens der Shochu, den auch der Premierminister trinkt. Rein in den Pappkarton und zurück zum Hotel. Nach 500m fällt mir ein, dass ich die Quittung für den Zoll brauche. Also zurück und alles noch mal. Ne. Ich nehme ein Taxi. Was auch eine gute Idee ist, da ich keine Ahnung habe, an welcher U-Bahn-Station ich raus muss und wie ich von dort zum Hotel komme.

Ich versuche es noch mal mit der Hotelbar. Es klappt. Ich habe einen Platz am Fenster und die Dämmerung ist noch im Gang. Die Kamera macht ein Foto nach dem anderen. Ich ärger mich, dass der Polfilter im Koffer ist. Ich versuche alles, um die Reflexe im Fenster zu unterdrücken. Die Fotos zeigen, dass mir das eigentlich ganz gut gelungen ist. Ich nutze die Chance auch für ein Steak als Abendessen. Hey. Der Blick (siehe Foto) verlangt nach gutem und teurem (angemessenem) Essen.

Der Tag endet mit einer Zugfahrt nach Narita und Check-in im Narita Richmond. Zunächst ist es wieder das berühmte Taxi zum Bahnhof. Jetzt mit zwei „Koffern“ á 23kg ist das wirklich eine gute Idee. Ich nehme wieder Keisei und nicht JR. Tradition ist Tradition. Ich nehme auch nicht den Sky Express sondern den normaled Ltd. Express. Ich schlafe kurz ein aber wache wie Japaner kurz vor meinem Bahnhof auf.

Das Richmond Hotel konne ich schon. Es ist vertraute Umgebung. Schnell ist das Gepäck im Zimmer geparkt. Ich könnte jetzt einen Abstecher in das Nachtleben von Narita machen. Aber irgendwie ist für heute die Luft raus. Und so wird es nur ein kurzer Stop in der Hotelbar.

Auftakt; Architektur

Nach der Passkontrolle wechsle ich in westlichen Kleidung. Mit Meindl-Schuhen komme ich einfach schneller durch Tokyo. Bei meinem Yukataplan hatte ich Laufstrecke zum Hotel vergessen. Es ist 7 Uhr und die Hitze ist unerträglich. 30 Grad und ernorme Luftfeuchte. Das Teleobjektiv war im Gepäckraum des Flugzeugs und ist noch kalt. Es beschlägt sofort. Fotos sind unmöglich. Das kann ja was werden. Denken löst bereits Schweißausbrüche aus.

Zuerst wird Haneda Airport erkundet. Hier steht ein Nachbau der Nihonbashi. Macht schon was her. Ich hatte die Brücke schon auf NHK World gsehen. Echtes Zypressenholz. Man riecht es. Der Rest vom Flughafen hat so früh noch nicht geöffnet.

Monorail und Yamanote bringen mich nach Okachimachi. Es folgt der Fußmarsch zum Yushima Tenmangu, um den lokalen Kami begrüßen. Außerdem ist der Weg über die Treppe einfacher als die nervige Steigung, die ich früher gegangen bin. Im Hotel werden die Koffer zwischengeparkt, und ich starte durch nach Asakusa. Ein paar Fotos vom Tempel müssen sein. Ich habe erstaunlicherweise kein einzige Foto vom Kaminarimon.

Eines der Ziele ist Marugoto Nippon: ein kleines Einkaufszentrum mit Dingen aus ganz Japan. Naja, zieht jetzt keinen Hering vom Teller. Nächster Punkt auf der Liste ist Kappabashi. Hier kann man Zubehör für Restaurants und Izakaya kaufen. Ideal für das „etwas andere“ Souvenir. Ich bin schon mehrfach an der Straße vorbeigelaufen ohne zu merken/wissen, dass es die Kappabashi ist. Ich hatte die nie auf dem Radar. Ich merke mir ein paar Läden und sichere mir schon mal ein paar Hera (箆, diese Spachtel für Okonomiaki).

Dann geht zurück zum Hotel. Checkin und kurze Pause. Ich muss duschen. Meinen Ansatz „ein Hemd pro Tag“ kann ich knicken. Die Hitze ist unglaublich. Laut Fernsehnachrichten zieht Taifun 10 unter Japan entlang, wird nach Norden drehen und Tokyo kreuzen; am 30.08.2016. Wenn mein Geburtstag ins Wasser fällt, dann wortwörtlich.

In Omotesando kaufe ich eine weitere Yukata. Meine ist etwas kurz/eingelaufen. In Japan ist die Länge akzeptabel, aber 2cm außerhalb meiner Konfortzone. Hier in Omotesande starte ich auch meine Design-Tour.

Omotesando ist die neue Ginza mit Edelläden wie Gucci, Boss und Versace. Aber es geht mir nicht um Klamotten. Die kann ich mir eh nicht leisten. Tokyo ist ein Mekka für Architekturfans. In der Omotesando (und auch an der Ginza) weiteifern die Nobelmarken auch im Gebäudedesign. Hugo Boss. Das Gebäude ist in Form an die Bäume angelehnt, die hier in der Omotesando stehen. Die Verschalung des Betons hat eine Holzmaserung in dem Beton hinterlassen.

Kenzo Tanges Olympiastadion als zeitloser Klassiker von 1964 steht in der Nähe. Ein Gebäude finde ich nicht. Da habe ich mich wohl auf der Karte vertan. Egal. Ich laufe weiter durch die kleinen verwinkelten Gassen von Aoyama. Auch das ist Tokyo. Plötzlich ist der Mori Tower zu sehen. Einfach so hinter dem Wohnhaus aufgetaucht. Ich bin schon in Roppongi.

Links, etwa 500m entfernt, sehe ich Midtown. Da war ich noch nicht. Fazit: Shopping ja. Sightseeing nein. Da hat Roppongi Hill optisch (architektonisch) mehr zu bieten. Gleich fängt die Dämmerung an und die kann schnell sein.

Das Resto unten im Hotel hat vor ein paar Jahren das Konzept und die Speisekarte gewechselt. Ich bestelle Soba mit Entenfleisch. Lecker. Nach dem Abendessen genehmige ich mir noch einen kurzen Abstecher durch Ueno. In Yukata geht es die Straße runter und an der Tankstelle nach links. Nicht nur an einer Eckkneipe gibt es positves Feedback für meine Kleidungswahl.

Durch einen Navigationsfehler lande ich (wieder einmal) in dieser ultrakleinen Whiskeybar; eigentlich wollte ich ins Tullys. Die Bar ist etwa 4m lang und 2m breit. In der Mitte verläuft über die ganze Länge der Tresen.  Man sitzt am Tresen und mit dem Rücken an der Wand. Die Bar existiert schon seit 45 Jahren und ich vermute es ist immer noch der gleiche Besitzer. Das Alter kommt hin.

Erkenntnisse des Tages: Es ist irre heiß. In Ueno hat sich viel verändert. Rund um das Hotel fehlen drei Hochhäuser und der McD am Keisei Bahnhof ist weg. Asakusa hat jetzt Fahrradwege und man sollte für den ersten Tag keine großen Pläne schmieden. Es gibt auch Konstanten wie den Teppich im Flur im Hotel Edoya und diese ulltrakleine Whiskeybar.

Plan für morgen: Tokyo Eki, Shopping, Tanzfest am Meiji Jingu, Koenji Awa Odori und die „ICUBATOR Science Bar“.

Der letzte Tag (Mikoshi und Muskelkater)

Heute ist der letzte Tag in Japan und auch die letzte Premiere der Neuerungen: Zum ersten Mal werde ich am Abflugtag etwas unternehmen (außer in den Zug zu steigen). Der Tag beginnt mit Einkaufen, Sake und Shochu; dann zum Oriental Bazar (den Tip habe ich gestern am Hikawajina bekommen) zwei Yukata. Und während meine Koffer nach dem Check-out im Nebenraum der Rezeption lagern, begebe ich mich erneut in Richtig Asakusa. Heute ist der Haupttag der dreitägigen Festivitäten, bei denen der Mikoshi (ein tragbarer Schrein) durch die Gemeinde getragen wird.

dritter Tag des Straßenfests

Da ich mittlerweile bekannt bin, dauert es auch nicht lange und ich selbst trage ein Happi und versuche das Monstrum anzuheben. Es wäre fast beim Versuch geblieben, denn man hat mir das Gewicht verschwiegen. Auch wenn 25 Leute gemeinsam heben, 800kg sind einfach schwer. Meine Körpergröße wird zum Verhängnis: entweder ich gehe aufrecht – in diesem Fall hebe ich die Japaner hinter mir mit hoch und habe das Gewicht von sechs bis sieben Leuten zu tragen – oder ich gehe in die Knie, was diese nicht lange mitmachen.

Nach 100m geht mir die Puste aus. Die Schaukelbewegung während des gehen macht die Sache auch nicht leichter. Ich lasse mich ablösen. Pause. Dann Ehrgeiz, die nächsten 50 Meter. Pause. Das Mikoshi wird abgesetzt und es gibt Verpflegung. So anstrengend hatte ich mir das nicht vorgestellt. Und weiter: Mikoshi tragen und Fotos machen. Ehe ich mich versehe, ist es 17 Uhr.  Zum Abschied bekomme ich das Happi gut verpackt als Geschenk. Damit hatte ich nicht gerechnet, bin sprachlos. Damit bin ich wohl der einzige Tourist mit so einem Happi. Der Tag gehört damit definitiv in die Top-5 dieses Urlaubs.

dritter Tag des Straßenfests

Dann geht alles ziemlich schnell: Letzte U-Bahn-Fahrt auf der Ginza-Line, Koffer abholen, Taxi nach Keisei-Ueno-Eki. Im zug fäkkt mir dann ein, daß mein neues SuburiShinai noch im Hotel steht. Verdammt, noch ein Novum: Ich vergesse die Hälfte.

Am Flughafen die nächste Überraschung: Übergewicht, und das mir. Trotz 30kg Freigewicht habe ich 5 Kilo zu viel und jedes Kilo kostet 8000yen (80€). Jetzt heißt es handeln: zwei Gläser Sake raus; Duschgel und Shampoo … reicht nicht … das Fotostativ … 29,8kg … paßt; weg ist der Koffer. Zum Glück wiegen die mein Handgepäck nicht; das hat mehr als 5kg Übergewicht.

dritter Tag des Straßenfests

Während ich den Sake „entsorge“, schicke ich das Stativ zurück ins Hotel. Irgendwie kriege ich es – und das Shinai – schon nach Deutschland. Ab jetzt ist alles wieder ganz entspannt und – was den Blog betrifft – langweilig. Auf die 8 Stunden Flug folgen 5 Stunden Wartezeit
in Dubai, die ich bei Starbucks verbringe und den Blog und mein Takebuch aktualisiere. Der Starbucks ist ganz am Ende des Terminal. Hier ist so gut wie nichts los. Es folgen weitere 6 Stunden Flug und am Montag um 15 Uhr ist der Urlaubgeschichte. Ein kleiner Umweg über den Zoll, dann warten auf den Traveliner.

Um 17:30 stehe ich vor meiner Haustür: Es regnet. Es sind nur 15 Grad. Morgen ist wieder Arbeit angesagt. Bis zum nächsten Urlaub sind es 23 Monate … Das überlebe ich nicht.


Nachtrag: Das Mikoshitragen hatte übrigens Nebenwirkungen. Beide Schultern blau, Muskelkater und den Beinen und eine Zerrung in der Oberkörpermuskulatur. Aber, das war es Wert.


Kanji-Lexikon: Shochu 焼酎, Yukata 浴衣, Hikawajina 氷川神社, Asakusa 浅草, Mikoshi 神輿, Shinai 竹刀, Happi 法被 oder 半被, Ginza-Sen 銀座線, Keisei-Ueno-Eki 京成上野駅, Suburi 素振り, Sake 酒 (In Japan ist Sake eine Sammelbegriff. Reiswein wird als Nihonshu 日本酒, bezeichnet)

Schreinfest am Hiekawajinja (Circlepit mit TaiChi)

Heute ist der vorletzte Tag. Morgenabend startet der Flieger zurück in die Arbeitswelt.  Nach dem Frühstück geht es los Richtung Shinjuku. Statt der Yamanote nehme ich die Marunouchi Line ab Ochanomizu. Das spart 20 Minuten Fahrzeit, wenn man nicht seine Suica vergißt und vom Bahnnhof noch einmal zurück zum Hotel stiefelt. In Shinjuku das gewohnte Chaos aus den Bahnhöfen von drei Bahnlinien, zugehörigen Shoppingcentern, Bürogebäuden und den unterirdischen Verbindungen. Gar nicht so einfach hier den Überblick zu wahren.

Straßenfest

Ich mache eine falsche Drehung, stehe mitten im Tobu-Depato und brauche 15 Minuten, bis ich einen bekannten Ort finde, der mir die Orientierung zurückgibt. Jetzt schnell Souveniers kaufen und zu Pentax. Das „schnell“ streichen wir gleich wieder, denn ich finde nicht, was ich suche. Pentax hingegen war ein gute Idee. Diagnose: Autofokussystem und CCD-Chip sind komplett dejustiert, was die Probleme während des Urlaubs erklärt. Die Reparatur würde über 2 Stunden dauern, die ich nicht habe, denn ich will weiter zum Straßenfest (Fortsetzung von gestern).

Da ich die Karte mit der Marschroute fotografiert hatte, finde ich die „Prozession“ schnell, die vor 1 Stunde gestartet ist. Ich werde wiedererkannt und herzlichst begrüßt (hatte wohl keiner damit gerechnet, daß ich vorbeischaue). Der Zug ist relativ klein. Heute sind die Kinder dabei einen Wagen mit Trommel zu ziehen, ein kleiner tragbarer Schrein folgt. Unterstützt werden die kleinen natürlich von den Erwachsenen, die auch die Straße sperren (mitten in Tokyo). Ich bleibe wieder länger als geplant. Es ist einfach so anders als die anderen Feste. Es ist klein und hat eine Menge Lokalkolorit. Es schwebt nicht dieses „für Touristen optimiert“ in der Luft. Es wirkt authentisch und fasziniert.

Schreinfest Hikawajinja

Um 17 Uhr wechsel ich dann zum Hikawajinja ein. Die Prozession hier ist gerade zu Ende. Ich schaffe es noch, die Festwagen zu fotografieren, dann geht es zum Schrein. Hier erinnert alles an die Vorstellung, die man sich von japanischen Schreinfesten macht (in meinem Fall von diversen Anime geprägt): Lichterketten, traditionelle Musik, Lagerfeuer vor den Stufen zum Schrein, das Zirpen der Grillen, Leute in Kimono und Yukata, kleine Verkaufsstände mit Okonomiyaki und Yakitori. Sogar einer von diesen Ständen ist da, an denen man mit einen kleinen Papierkescher Zierfische angeln kann. Da es mittlerweile dunkel ist, ist die Atmosphäre unglaublich. Nach diesem Gesamteindruck sucht jeder, der nach Japan reist. Umso erstaunlicher, daß der Schrein nicht von Touristen überrannt ist. (Das Fest steht halt nicht im Reiseführer.)

Auch hier ist Bon-Tanz angesagt; aber im großen Stil. Gestern tanzten 15 Leute. Hier sind es über 100, die um die Bühne mit der Trommel schreiten. Ich habe die Tanzschritte und -bewegungen nicht ganz raus. Zusammengefaßt ist es eine Mischung aus Circlepit und TaiChi. Um das Tanzareal die Verkaufsbuden. Der Schrein selbst mit Laternen schön ausgeleuchtet. Alles in allem ein Bilderbuch-Schreinfest. Ich genieße es. Die Zeit vergeht wie im Fluge und um 21 Uhr ist abrupt Schluß. Auch das ist Japan.

Mori Tower – Roppongi Hill

Da der restliche Abend genutzt werden will, starte ich Richtung Roppongi, das nur etwa 15 Fußminuten entfernt ist. Wenn ich schon mein Stativ dabei habe, dann ist der Mori Tower Pflicht und so beende ich diesen Tag im 54 Stock mit Weitblick auf Tokyo.


Nachtrag: Zwischen Straßenfest und Hikawa war ich noch kurz bei der Baustelle des neuen Funkturms (dem Tokyo Sky Tree). Nach Aushang haben sie 461m erreicht. Die endgültige Höhe soll 634m werden. 6 (mu), 3 (sa), 4 (shi) = „Musashi“, einen alten Namen für die Gegend, in der der Tokyo Sky Tree steht. Das Ding ist der Kracher. Wie ich die Japaner kenne mit Aussichtsplatform. In zwei Jahren weiß ich mehr…


Kanji-Lexikon: Shinjuku 新宿, Yamanote 山の手, Marunouchi Sen 丸ノ内線, Ochanomizu Eki 御茶ノ水駅, Suica スイカ, Hikawajinja 氷川神社, Kimono 着物, Yukata 浴衣, Okonomiyaki お好み焼き, Yakitori 焼き鳥, Roppongi 六本木, Roppongi Hill Mori Tower 六本木ヒルズ森タワー, Tokyo 東京, Tokyo Sky Tree 東京スカイツリー, Tokyo 東京