Tokyo hat viele Zentren. Shinjuku und Shibuya sind allen bekannt; weniger hingegen Shiodome. Ein kleiner Fleck unterhalb der Ginza. Alle Touristen sollten sich diesen Ort merken. Gleich neben Shiodome liegt der Hamarikyu Teien, einer der schönsten Gärten Tokyos, hier ist der berühmte Fischemarkt, hier startet die Bahnlinie ihre Fahrt über die Rainbow Bridge nach Odaiba. Und hier in Shiodome realisiert man, daß Tokyo 3D ist.
Shiodome ist urbane Architektur und moderne Stadtentwicklung. Shiodome ist der Ort, wo der Begriff Erdgeschoß nicht existiert, die Anwesenheit von Bäumen nicht unbedingt beweist, daß man sich auf der Erdoberfläche, darüber oder darunter befindet. Das 2-dimensionale Denken eines Fußgängers ist aufgehoben. Der Begriff existiert nicht mehr. Shiodome ist der Beginn von Science Fiction, in der Städte in Höhe wachsen, nicht in die Breite, in der die Funktionen einer Stadt (Transport, Arbeit, Wohnen, Freizeit) übereinander liegen, nicht nebeneinander. Das Ende dieser Entwicklung wären Städte wie in „Das fünfte Element“
Nippon Television Headquarter
Rogers Stirk Harbours + Partner, 2003
Es war die Antwort auf Fuji’s Headquarter in Odaiba. Das Gebäude mit seinen 200m ist wie viele Gebäude in Tokyo in zwei Funktionsblöcke geteilt: unten die Studios, oben Büros. Die beiden Ebenen sind leicht zu unterscheiden. Die Optik des Gebäudes wird dominiert durch die sichtbaren Stahlträger in den vier Ecken. Sie sind keine Verzierung, sonder Teil der Gebäudestruktur. Der Rest ist Glas. Die Außenstruktur ist ein Überbleibsel aus der Entwurfsphase eines Gebäudes mit einem kompletten Exoskelett.
Nippon Television Headquarters and Dentsu Head Office
Dentsu Head Office
Ateliers Jean Nouvel, 2002
Auch dieses Gebäude fällt auf. Von der einen Seite bauchig wie ein Schiffsrumpf auf der anderer Seite dafür Spitz zulaufend wie eine Klinge. Das 48-stöckige Gebäude verzichtet auf Stilelemente, sein Grußriß ist ihm Aussagekraft genug. Die Reflektivität der Glasfront wurde sorgsam gewählt; die Transparenz der Fenster und auf die opaquen Zwischenelemente abgestimmt.
Zu beachten ist der Lichtverlauf an der Spitze. Es war ein Zufall, daß ich den Lichteffekt auf den Bild festhalten konnte. Hier an der Spitze, wo die die schärfsten Winkel im Gebäude zusammentreffen, ändern Verkleidungssegmente ihre Reflektivität und lassen die Spitze mit dem Himmel verschmelzen.
Relikt der Vergangenheit
Und wenn man ganz genau hinschaut, an den Glasfassaden und Stahlträger vorbei, dann erblickt man ein Gebäude, das ich zumindest mit einem Foto erwähnen will, weil es einfach so weit aus dem Rahmen fällt. Es ist wie ein Relikt aus vergangenen Tagen.
Zwei Relikte der Vergangenheit
Capsule Apartments
Dieser Bau, der demnächst (Stand 2011) abgerissen werden soll, ist ein Zeuge aus der frühen Zeit von Tokyos Wachstum. Es war der Versuch der Modularisierung der Stadt; sie organisch werden zu lassen. Das Konzept: An einen zentralen Tower werden Wohnmodule angekopplt. Nach bedarf werden Module hinzugefügt oder entfernt. Das Gebäude paßt sich an. Das Nakagin ist ein Hotel, dessen Bullaugen befremdlich wirken. Es wirkt wie ein Blick in eine beklemmende Zukunft urbanen Wohnens, ist jedoch ein Rückblick in die Vergangenheit, die eine Zukunft formen wollte, die nie entstanden ist.