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Matsushima und Teehäuser

Wo ist eigentlich mein Plan für Sendai? Wo wollte ich heute hin? Irgendetwas mit einer Insel bei Ishinomaki. Auf zur Touristeninfo. Ich erfahre zwei Dinge: (1) Die Insel heißt Kinkazan. (2) Als Tagesausflug nicht zu machen, wenn man nicht um 5:30 in Sendai startet. Ganz klar: Der frühe Vögel kann mich mal und die Insel schon lange.

Auf nach Matsushima, der Kiefernbucht, eine der drei kostbaren Landschaften Japans. Bei meinem ersten Urlaub war ich kurz hier; Nach einer gefühlte Weltreise mit den Locals der JR (Startpunkt war Naruko). An diesre Stelle ein Tip: Matsushima hat zwei Bahnhöfe — für zwei verschiedene JR Bahnlinien. Also paßt auf zu welchem Bahnhof ihr lauft. Einer der Züge fährt nicht nach Sendai.

Ich erwische einen Local, der nicht nach Matsushima durchfährt. Warten oder laufen? An der vorletzten Station gab es einen Anleger mit Booten nach Matsushima. Der heutige Tag beginnt folglich mit einem Fußmarsch. Ein verlassenes Hafengebiet; alte, halb verfallene Hallen, enge Straßen, heruntergekommene Häuser. Diese Seiten Japans wird im Reiseführer nicht erwähnt. Interessant ist sie trotzdem. Hier scheinen die Uhr stehen geblieben zu sein. Alles steht. Rostet. Ich bin nicht depressiv genug, um die hier vorherschende Stimmung in ein Foto zu pressen.

Ich erreiche das Boot nach Matsushima. Die Möwen sind auch schon da; Touristen = Essen. Neben mir gibt noch 5 weitere Fahrgäste. Bei dem Wetter — kalk, wolkig, ungemütlich —  kein Wunder. Die Möwen merken schnell, daß hier heute  nichts zu holen ist. Es geht vorbei an den kleinen Inseln mit den Kiefern oben rauf. Es hat sich in 4 Jahren nichts verändert. Selbst der Minifelsen mit der einzelnen Kiefer steht noch.

In Matsushima angekommen finde ich das Teehaus, das ich damals verpaßt habe. Das Gebäude selbst wirkt ein wenig runtergerockt und rumpelig, aber die Aussicht… Was für ein Blick über die Bucht. Kurzer Stop am Godai-do, dem Tempel auf der Insel. Weiter zum Tenri-Tempel und dem dahinter liegenden Hiyoshisanne-Schrein. Er ist nichts besonderes, aber seine Lage ist ein Foto wert. Hinter dem Schrein geht es steil bergauf. Der Hang ist bewaldet und rahmt den Schrein grün ein.

Nach einer Mittagspause geht es zum Zuiganji. Der Weg durch die mächtigen Kryptomeren ist immer wieder eine Wucht. Die Erhabenheit des Temples ist in dieser Kulisse enorm. Diesmal investiere ich auch ein paar Yen in Eintrittsgelder. Es folgenden die in den Felsen gehauen Meditationshöhlen. Kurz um die Kurve ist der Entsu-in. Der Tempel ist klein, hat aber, zumindest für mich, einen traumhaften kleinen Zengarten.

Zum Abschluß ein kurzer Rundgang über die Insel O-Shima und ein kurzer Abstecher über den Ministrand. Um 17 Uhr bin ich am richtigen Bahnhof (Matsushimakaigan). Da ich für den Abend keinen Plan habe, starte ich nach Ishinomaki. Vielleicht finde ich ja noch eine Möglichkeit auf die Insel zu kommen. Am Bahnhof Matsushimakaigan vergewissere ich mich noch einmal, ob ich richtig bin.

Nachtrag: Am Bahnhof steht ein Schild: „Tsunami-Evakuierungsroute“. Hätte nie gedacht, daß das mal wichtig wird. Und daß das in vielen Orten nicht ausreichend war, da der Tsunami selbst diese Anhöhen überrannt hat. Die Auswirkungen vom März 2011 kann nur einer erahnen, der die Gegenden kennt/gekannt hat.

Es geht vorbei an Flächen, die mich ein wenig an den Schellbruch in Lübeck erinnern. Als ich in Ishinomaki ankomme, ist es bereits dunkel. Ein langweiliges Fischerdorf. Manga Island ist hier. Aber wo? Egal.  Ich laufe ein wenig umher. So grob in Richtung Hafen. Aber irgendwann wird es mir zu blöd. Ich drehe um. Der Ausflug endet unterdurchschnittlich in einer kleinen Kneipe (Izakaya) am Bahnhof. Das Innendesign der Kneipe, der Service und das Essen heben etwas meine Stimmung. Ich lasse sogar den geplanten Zug springen. Da kommt noch einer. Gut, wenn man mal wieder die Tafel mit den Abfahrtzeiten fotografiert hat. Gegen 22:30 bin ich zurück am Ryokan.

Nachtrag 2011: Ishinomaki exisitert nicht mehr. Der ganze Ort bis hoch zum Bahnhof ist vom Tsunami ausradiert worden. Es steht nicht mehr. Nichts. Die Gebäude auf meinen Fotos sind weg. Mastsushima hat mehr Glück gehabt. Allerdings habe ich keine Informationen wie es um die Geschäfte am Wasser und die Sehenswürdigkeiten bestellt ist. Wer Infos hat, kann die gerne hier posten.

Nachtrag 2011: Der Felsenbogen auf Komonejima in der Bucht von Matsushima ist durch das Erdbeben zusammengestürzt.

Matsushima / Dinner

Matsushima steht auf dem Plan. Der Ryokan-Chef warnt mich aber vor der langen Zugfahrt. Egal. Um 9:20 Uhr bin ich am Bahnhof. Der nächste Zug fährt in einer Stunde. Das fängt ja gut an. Zeit das Dorf Naruko zu erkunden. Es wirkt heruntergekommen. So mancher Betonbau erinnert mich an die DDR-Platten. Von außen schmutzig. Alte Gardinen, wenn überhaupt. Alles sieht aus, als hätte Naruko seine besten Tage hinter sich. Meine Meinung zum Äußeren des letzten Ryokans kann hier auf das ganze Dorf angewendet werden.

Dann der Zug um 10:18 Uhr. Es geht an Furukawa vorbei nach Kogota. Die fahrt dauer 1 Stunde. Ein Bahnhof mit mehreren Gleisen im Nirgendwo. Keine Häuser, keine Stadt. Nur der Bahnhof inmitten von Reisefeldern. Nicht einmal ein Nudelshop ist hier auf dem Bahnsteig. Irgendwie hatte ich mich an die Anwesenheit dieser kleine Hütten gewöhnt. 30 Minuten warten. Ich komme mir so verloren vor. Ich stehe ganz alleine hier. Was istdas für ein Bahnhof. Kurz vor 12 Uhr geht es weiter zum Bahnhof Matsushima. (Anmerkung: Matsushima hat zwei Bahnhöfe, die von verschiedenen Linien angesteuert werden. Die Züge aus Sendai halten in Matsushima-kaigen.)

Der Weg ins Stadtzentrum führt mich auf eine kleine Anhöhe. Von hier habe ich eine gute Sicht auf die Bucht. Es ist kurz nach 13 Uhr. Das Wetter ist sonnig und heiß. Die Fernsicht ist aber nicht besonders. Die Luftfeuchtigkeit ist hoch. Nach den „nur“ 25 Grad in Yudanaka kommt man richtig ins Schwitzen. Brachial hier in der Mittagssonne.

Hinab zum Zuigan-Tempel. 700yen Eintritt. Bin ich Krösus? Das verkneife ich mir. Vor dem Tempel ist eine Kryptomeren-Allee (auch Sicheltanne oder japanische Zeder). Hohe kerzengrade Bäume. Man kommt sich klein vor. Schatten. Hier läßt es sich aushalten. Links von mir eine Felswand mit Meditationshöhlen. Wer kommt auf solche Ideen?

Nächter Stop: Entsu-in. Nur 300yen. Gleich zu meiner linken gibt es einen japanischen Garten. Grüne Flächen. Wasserläufe sind durch weißen Sand dargestellt. Dazu eine kleine Brücke über das Wasser. Der Garten ist klein. Das Tempelareal dagegen weitläufig. Das Ende wird durch eine Anhöhe aus Felsen und einen Wald markiert. Wenig spektaulär. Aber der Steingarten hat echt was.

Zum Kai. In 50 Minuten fährt das nächste Ausflugsboot. Genug Zeit für O-Shima; einer kleine Insel zur Rechten. Es gibt hier ebenfalls so etwas wie Meditationshöhlen. Nur viel kleiner. Es sind eher kleine Nischen. Ein paar kleine Buddhastatuen stehen hier. Sonst wirkt es wie ein kleiner Fels im Wasser auf dem Bäume wachsen. Auf der anderen Seite des Anlegers sehe ich eine Art Pavillion, der ebenfalls auf einer Felsinsel steht. Sie ist viel kleiner als O-shima. Über insgesamt drei kleine Brücken gelangt man dorthin. Der Pavillion entpuppt sich als buddhistischer Tempel, der Godaido.

Das Ausflugsboot legt ab. Begleitet von hunderten Möwen. Die Japaner füttern die Viecher. Es gibt sogar einen Automaten auf dem Schiff, wo man Futter kaufen kann. Die Möwen, in Lübeck schon frech, haben sich darauf spezialisiert. Sie sind im Parallelflug mit dem Schiff und kommen auf Armläge heran. Für Fotos natürlich ideal.

So wie es aussieht bin ich der einzige, der sich für die Inseln interessiert, die der Gegend ihren Namen geben und wegen der Matsushima (Kiefernbucht) eine der berühmten Landschaften Japans ist. Die Inseln sind Felsen, die aus dem Wasser ragen. Steile Felsen. So wie Helgoland. Auf wirklich jeder Felsinsel wachsen Kiefern. Selbst auf dem kleinsten Eiland, das ich sehe steht ein Kiefer. Einige Felsen sind unterhöhlt, haben nur einen nur eine schmale Basis auf Meereshöhe. Andere Inseln haben Löcher. Jede Insel ist anderes. Eine beeindruckende Landschaft. Es soll über 230 solche Inseln hier geben. Sie gehen bis fast zum Horizont.

Und was machen die Japaner? Sie füttern Möwen. Es ist unöglich ein Foto ohne Möwe zu machen. Argh. Nach der Bootsfahrt ein verspätetes Mittag.Die lokale Speizialität verkneife ich mir. Rinderzunge, wenn ich das richtig lese. Matsushima hat sogar eine eigene Brauerei. Es gibt verschiedene Sorten. Hier die NICHT übersetzten Namen: Helles, Dunkles, Weizen, Bock … kein Fehler. Alle Namen sind in Deutsch.

Als Souvenier ergattere ich noch Masu-Becher. Kleine Holzkisten, aus denen traditionell Sake getrunken wird. Füllmenge sind 180ml. Dann geht es zurück zum Bahnhof. Ich hätte zwar noch eine Stunde bis zur magischen Uhrzeit, aber ich will zum Dinner zurück in Naruko sein. Nach der langen Fahrt hierher, muß ich auch 3 Stunden für die Rückfahrt einplanen.

Im Ryokan bitte ich mich früh zu wecken. Morgen will ich nach Onagawa und Kinkazen. Der Herr am Tresen wühlt daraufhin in seinen Unterlagen. Fazit: Mit der Bahn an einem Tag nicht möglich. Ups. Das hatte ich jetzt nicht eingeplant. (Die Fahrzeit nach Matsushima auch nicht). Er rät mir, morgen die Gegend in Naruko zu erwandern. Er hat recht. Wenn ich schon einmal hier bin, sollte ich einen Tag hier verbringen. Der Plan wird geändert. Es gibt hier eine Schlucht, durch die man wandern kann und einen Gysier. Das ist doch mal ein Alternativprogramm.

Dinner

Es folgt das Dinner. Ich habe es gebucht. Es soll kommen. Es wird aufs Zimmer gebracht. Was da aber anrollt war so nicht erwartet. Ein riesiges Tablett mit Tellern. Sashimi, Fisch, Tempura, Gemüse, Reise, Misosuppe, Sukiyaki, … Meine Erinnerungen an japanisches Frühstück werden wach. Na dann mal los. Es ist unglaublich lecker. Ein paar Sachen sind nicht so ganz mein Fall. Das macht aber nichts. Die einzelnen Portionen sind nicht groß, aber die Menge macht es; der Reis sowieso. Ich bin pappsatt und habe nur 2/3 geschafft.

Anschließend empfiehlt er mir das Outdoor-Onsen (Rotenburo, frei übersetzt „Bad unter freiem Himmel). Nach der 9-Onsen-Tour bin ich neugierig. Mit Yukata, das habe ich ja schon gelernt, geht es auf Holzsandalen zum Rotenburo. Ich konnte gestern in diesen Dingern nicht laufen und heute auch nicht.

Das Rotenburo leigt in 3F. Das Haus ist am Hang gebaut. Hier im zweiten Stock ist der Garten hinter dem Haus. Man verläßt fas Haus. In etwas 20m gibt es ein Häuschen. Hier kann man sich umziehen. Im Inneren duftet das Holz wie in einer Saune. Zedernholz hat einen sehr hohen Gehält an ätherischen Ölen. Herrlich dieser Duft.

Hinter einer Schiebetür liegt das Becken. 2x2m groß mitten im Freien. Das Wasser hat angenehme 42 Grad. Die Luft hat immer noch so um die 20 Grad. Das Wasser dampft.Das Becken ist aus Natursteinen gemauert. Wenn man sich hinzsetzt geht eine das Wasser bis zum Hals. Eine ideale Tiefe. Setzt man sich auf Stufe, geht das Wasser bis zur Brust.

Die einzige Laterne, die die Szenerie erhellt ist damit im leichten Nebel. Das Bad ist klein, aber ich bin alleine. Es ist genug Platz da. Hinter dem Becken ein kleiner Garten und ein Zaun als Sichtschutz.

Ein Zug rauscht vorbei. Wow. Das kam unverhofft. Gleich hinter dem Zaun müssen die Gleise sein. Ich genieße das Wasser. Wenn es etwas zu heiß wird, kühle ich mich in der Nachtluft ab. Hier halte ich es wesentlich länger aus als indoor. Fehlt nur noch Sake. Der Plan für morgen Abend.

out door hot spring

Randnotizen:

  • Fazit: Die Anreise war suboptimal. 7 Stunden Bahn für 3 Stunden Matsushima. Viel zu kurz. Aber immerhin habe ich einen Punkt von meiner Liste abgehakt. Auch die zweite Landschaft Japans wird ihrem Namen gerecht. Matsushima ist echt schon. Der Tag landet dennoch im unteren Mittelfeld.
  • Unterschätze niemals die Fahrzeiten mit Zügen.
  • Deutschland scheint in Sachen Bier das Maß der Dinge zu sein.