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Kitakami

Heute steht der Wechsel nach Morioka an. Da sich in den letzten Wochen immer wieder gezeigt hat, dass ich ein paar Tage zu spät für die Kirschblüte bin, ziehe ich den Besuch in Kitakami vor. Das Gepäck lasse ich bis heute im Hotel. Dann muss ich zwar zurück und es holen, aber der heutige Zeitplan ist extrem entspannt. Das passt schon.

Kitakami hat außer den Kirschbäumen nur ein Freilichtmuseum zu bieten, aber da war ich schon. Ich weiß noch, dass das Fährboot von mir aus gesehen rechts und die Brücke links ist. Ich verzichte auf eine Karte. Außerdem ist der Weg ausgeschildert.

Von weitem denke ich erst, dass die Blüte schon am Ende ist. Unter den Bäumen stehend ist zu erkennen, dass die Blüte auf Maximum (vielleicht 1-2 Tage drüber) ist. Treffer. Gut, dass ich Kitakami vorgezogen habe. Ab morgen soll es regnen, dann wird das hier binnen Stunden vorbei sein. Dennoch – und ich weiß nicht warum – hatte ich mehr erwartet.

Ich laufe erst ein Stück unter den Bäumen entlang. Dann fällt mir ein, dass ich noch kein Frühstück hatte und begebene mich zum Parkplatz am Ende der Baumallee. Wenn es so ist wie 2008, dann gibt es hier ein paar Matsuri-Futterbuden … hoffentlich ohne Panflöten-Inka.

Ich finde einen Oden-Stand. Dieses Gericht scheint das Leitthema dieser Reise zu sein; letztes Mal war es Ramen. Von der Terasse sehe ich einen Bootsanlager in einer kleinen Bucht. Ich glaube ich werde eine gemütliche Bootsfahrt machen; ein paar Bilder vom Wasser aus.

So ein wirklich gutes Motiv kann ich vom Wasser aus nicht erkennen. Zumindest nicht mit den Kirschbäumen. Die Koi-Nobori, die in zwei Bahnen über den Fluss gespannt sind, sind eine andere Sache. Sie hängen so tief, dass sie das Wasser berühren. Das Boot fährt genau zwischen ihnen hindurch. Aber die Fahrt war auch bezüglich Kirschblüte nicht vergebens. Es gibt halt auch Gesamteindrücke, die man nicht auf CCD bannen kann.

Es folgt eine Fußmarsch unter den Bäumen zur anderen Seite. Hier gibt es noch mal ein paar Futterstände. Aber: Keine Mülleimer. Das ist mir schon vorhin aufgefallen. Ich verstehe, dass Japaner ihren Müll mit nach Hause nehmen. Aber was soll ich, oder ganz allgemein alle Touristen machen? Japan Rail wird sich bedanken. Für mich gilt schon seit längerem: Keine Mülleimer, kein Kauf. Darunter leiden die Standbeistzer, aber da meine Stimme nicht gehört wird, mache ich das zu derem Problem.

Über die Brücke wechsel ich zur anderen Uferseite. Hier gibt es noch ein paar Chancen für ein gutes Foto. Danach geht es im leichten Zickzack zurück zum Bahnhof.

Auf dem Weg zurück nach Sendai stoppe ich in Ichinoseki. Von hier soll ein Bus zum Tempel fahren, den ich 2008 bei meiner Reise nach Hiraizumi ausgelassen habe. Der Tempel war (und ist) so weit außerhalb, dass er nicht zu Fuß von Hiraizumi aus erreicht werden kann ohne dafür den ganzen Tag zu opfern.

Der Plan geht nicht auf. Ichinoseki ist tot. Leichenstarre. Nix. Keine Fahrgäste. Kaum Personal. Und sonst nix. Ich finde keine Bushaltestelle. Nicht mal einen Laden, wo ich nach dem Weg fragen könnte. Ich gebe sofort auf. Zurück ins Hauptgebäude, Bento kaufen und auf den nächsten Shinkansen (erst in einer Stunde !) warten. In der Zeit fährt nicht einmal ein Local nach Sendai. Auch nach Hiraizumi fährt nichts. Ich bin für die nächsten 60 Minuten gestrandt. Na das ist ein Dämpfer auf die Moral; hatte mich schon gewundert, wann in diesem Urlaub der Tag kommt, wo gefühlt alles schief geht.

Zurück in Sendai stoppe ich in der Yakitori-Bar von gestern Abend. Ich bleibe dabei: Man kann in Japan in ein teures Restaurant gehen und es wird der Hammer sein. Definitiv. Aber in Japan ist selbst der Besuch der einfachsten Garküche eine Urlaubserinnerung. Heute probiere ich Rinderzunge (Foto). Man ist das lecker !!!! Ich bleibe länger als geplant. Als Getränk steht Hoppy ganz oben auf meiner Liste. Es ist kein richtiges Bier, aber auch kein Mineralwasser. Es ist einfach erfrischend und genau das richtige bei diesen Temperaturen.

Letzter Stop ist das Knight, die Hotel Bar. Das Tasting (ich wollte ursprünglich nur zwei Whisky testen) ufert etwas aus: Date, die Miyagikyo Destillery Limited Versionen Malty & Soft, Sherry & Sweet und Fruity &Rich, Miyagikyo Moscatel Wood Finish … Ich nehme einen der letzten Shinkansen nach Morioka. Es regnet, aber zum Hotel sind es nur 500m. Ich kann den Schriftzug vom Bahnsteig aus sehen. Das Unizo ist, verglichen mit dem Sendai Metropolitain, die Holzklasse. Ein kleiner Raum mit Bett und Shower Cubicle. Aber eigentlich ist es genau das was man braucht.

Kitakami (北上)

Es gibt nur zwei Gründe in Tokyo zu stoppen:

  • Kirschblüte im Tenchoshi-Park
  • das Museumdorf Michinoko Folklore Village

Die Anreise ist denkbar einfach, da Kitakami ein Tohoku-Shinkansenstop ist und auch von der JR Tohoku Main Line angefahren wird. Der Bahnhof ist allerdings auf der „falschen“ Flusseite. Entweder man nimmt die Brücke im Norden oder die kleine Fähre (kaum mehr als ein Ruderboot). Beides bringt einem zum Tenchoshi-Park. Aber: Die Fähre operiert nur zu Fetivals und zur Kirschblüte.

Tenchoshi-Park : Der Park ist eigentlich nur ein breiter Fußweg, auf der einen Seite der Fluss, auf der anderen Seite hunderte Kirschbäume. Der Weg ist 2km lang! Während der Kirschblüte (ich war damals 2 Wochen zu spät) muss das der Hammer sein. Kitakami ist neben Kakunodate und Hirosaki einer DER Hanami-Spots in der Tohoku-Region. Fazit: bei Kirschblüte MUSS, sonst auslassen.

Die oben erwähnte Brücke ist am Nordende des Parks. Das Meseumsdorf ist am Südende; nur so als Hinweis für Strecken. Der Weg im Park führt am Südende auf eine große Straße. Auf beiden Seite seht ihr Parkplätze. Auf der anderen Straßeseite führt eine Straße leicht bergauf. Dort ist der Eingang zum Museumsdorf. Man kann sich eigentlich nicht verlaufen.

Michinoko Folklore Village : Im Dorf stehen 30 historischen Farmhäuser der Tohoku-Region als allen Epochen der japansichen Geschichte. Das Gelände ist zum Teil in einem Wald, zum Teil zwischen Ackerflächen. Alles in allem ist es ein schöner Rundgang. Ich muss aber sagen, dass ich das Meseumdorf in Takayama schöner finde. Fazit : KANN

Vorschlag: Wenn man jetzt nicht allzusehr trödelt schafft man beide Spots in einem halben Tag. Da es sonst nichts gibt, eignet sich Kitakami als Tagestrip oder Zwischenstop auch bei größeren Reisezeiten. Sportlich ambitionierte können außerhalb der Kirschblüte versuchen, das Museumsdorf mit einem Hiraizumi-Crashkurs (nur die beiden Tempel und Eildurchgang) zu kombinieren.

Kleiner Kanji-Exkurs. Auf meinen Shinkansenticket zurück nach Tokyo stand 北上 –> 上, was übersetzt Kitakami –> Ueno geißt. Das Kanji 上 wird hier also in den Lesarten Kami und Ue benutzt. Leider gibt es keine Regel, wann welche benutzt wird.

wikipedia DE / wikipedia EN / japan-guide
[Information von 2010; Stand 11/2017]

Morioka und Kitakami

Morioka

Heute geht es zurück nach Tokyo und das Ende dieser Reise ist damit nah. Bevor ich in den Shinkansen springe geht es nach einmal im Schnelldurchlauf durch Morioka. Erster Stop ist die ehemaligen Burg. Es stehen nur noch die Grundmauern. Der ganze Areal ist jetzt ein Park. Es gibt nur Reste von der Kirschblüte, was der Feierlaune der Japaner keinen Abbruch tut. Überall wird gepicknickt. Nächster Stop ist der „Rock Splittung Cherry Tree“. Ein Kirschbaum, der seine Wurzeln in einem riesigen Findling geschlagen hatte und selbigen irgendwann in zwei Teile sprengte. Der Baum ist alt und wird an vielen Stellen abgestützt. Er ist ein nationales Naturdenkmal.

Weiter geht es zum Platz, dem die Region seinen Namen (Iwa-te) verdankt. Hier im Mitsuishi-Schrein stehen, wieder Name sagt, drei große Steine. Von einem wird gesagt, daß ein Dämon hier einen Pakt mit den Menschen schloß und als Beweis einen Handabdruck auf dem Stein hinterließ. Die Stein selbst ist wenig spektakular, aber ich war zumindest da. Einen Handandruck konnte ich nicht finden.

Letzter Stop sind die 5 Tempel von Morika. Der größte von Ihnen ist der Houonji. Hohe alte Bäum und ein großes Sanmon; alleine dieser Eingang ist imposant. Dies riesigen Daachkonstruktionen wirken wie immer übetrieben, wuchtig (durch ihre Größe) und filigran (durch den kleine Unterbau und die Vereeirungen) zugleich. Hinter dem riesigen Sanmon das ruhige Tempelareal mit dem Schatzhaus. Hier stehen 500 Buddhastatuen. Jede zeigt ihn einer anderen Pose; mal lachend, mal schlafend, trinkend, meditierend. Sie heißen „die 500 buddhistischen Disziplinen“. Früher waren allen Statuen vergoldet. Jetzt bröckelt dieser Überzug. Das innere der Halle wirkt dadurch irgendwie noch imposanter und ehrfurchtgebietender.

Kitakami

Um 13:30 Uhr bin ich mit dem gröbsten in Morioka durch und eile zurück zum Bahnhof. Ich plane noch einen Stop, bevor ich wieder in Tokyo eintreffe. In Kitakami gibt es ein Freilichtmuseum mit alten Häusern. Dort angekommen stellt sich zuerst die Kofferfrage. Das Blöde an japanischen Bahnhöfen ist, daß man sich immer, aber auch immer, auf der falschen Seite befindet, egal was man vorhat. Nach 30 Minuten ist der Koffer endlich auf der anderen Bahnhofsseite verstaut. Auf gehts (wieder auf die andere Seite) und die Straße runter zum Wasser. Ein kleines Boot setzt Passagiere über. Nach einer ausführlichen Sicherheitsbelehrung und dem Anlegen von Schwimmwesten geht es los. Ich bin mal wieder der bunte Hund, den alle anschauen. Offensichtlich bewege ich mich zu natürlich auf dem Boot. So wie aussieht kennen die nur Ausländer ohne Erfahrung mit Wasser(fahrzeugen).

Auf der anderen Uferseite stehen eine Menge Kirschbäume. Die Blüte ist vollständig verschwunden. Vor drei/vier Wochen muß das ganze Ufer Schneeweiß gewesen sein. Vorbei an einer alten Dampflok und einen Platz mit Matsuri-Ständen geht es den Hang hinauf zum Museum. Die Häuser reichen von einfach Strohhütten über die klassischen japanischen (Samurai)häuser bis hin zu einen Bauten, die definitiv von den Engländern stammen. Es gibt einiges zu sehen. Ein kompletter Querschnitt durch die Historie der Häuser dieser Region. Vor allem Details sind es, die mich zwei mal hinschauen lassen.

Auf dem Rückweg zum Bahnhof stoppe ich bei den Matsuriständen für ein verspätetes Mittagessen. Ich traue meinen Augen nicht: Fußgängerzoneninkas. Es gibt sie also auch in Japan. Wahrscheinlich ist es die gleiche CD wie in Deutschland. Die Globalisierung schreckt vor nichts zurück.

Nach dem Verpflegungsstop geht es entlang der Kischbaumallee, vorbei an einem speziellem Baum zur Brücke. Kurz vor der Brücke ist ein Seil über den Fluß gespannt. An ihm hängen diese „Winddrachen“, die wie Karpfen aussehen. Es fängt an zu dämmern, die Kamera verlängert immer mehr die Belichtungszeit. Damit habe ich den Tag komplett ausgereizt. Im Halbdunklen erreiche ich den Bahnhof.

Einzig erwähnenswert von diesem Abschnitt ist das Bahnticket. (Kita)Kami und Ue(No) benutzen das gleiche Kanji. Sieht witzig aus. Und ich habe immer noch nicht raus wann man „kami“ liest und wann „ue“. Hätte doch auch Kitaue oder Kamino sein können? Diese Finessen der japanischen Sprache werden mir wohl auf immer ein Geheimnis bleiben. Um kurz nach 20 Uhr checke ich im Edoya ein. Zimmer 307. Die Planeten sind auf ihre Urspungsbahn zurück gekehrt.

Shibuya

23 Uhr. Auf nach Shibuya. Der Trump Room wartet. Ein bizarrer Ort. Überall sind Spiegel, Ritterrüstungen und Geweihe. Sieht es aus das Destillat aller europäischen Schlössser und Burgen (Kitschversion). Das Publikum ist gewöhnungsbedürftig. Es ist eine Mischung aus Partyfolk, Cosplay und SM. Irgendwie scheint alles erlaubt. Eine Etage höher ist Kameraverbot. Es ist bizarr und schrill zugleich. Die Technomusik ist schnell und treibend. Tokyo Underground. Ich weiß nicht, was ich erwartet habe, aber das hier topt es.

Der Tag endet mit einer 4300円-Taxifahrt zum Hotel. Das erste mal, daß ich die Strecke Shibuya-Ueno nicht in einem U-Bahn-Schacht zurücklege. In Yushima übertreffen meine Ortskenntnisse die des Taxifahrers. Beängstigend.