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der 5. Tag – Takumi-no-Sato, Mantenboshi-no-Yu

Für heute stand eigentlich Hoshi Onsen auf dem Plan. Aber schon beim Frühstück werfe ich diesen Plan über Bord. Die Abfahrtzeit des Busses für die einzig sinnvolle Verbindung kollidiert gerade mit dem Frühstück, das ich binnen weniger Minuten hinunterwolfen müsste. Dazu habe ich absolut keine Lust und entscheide  den nächsten Bus zu nehmen.

Mit Hilfe der Touristeninfo in Jomo-Kogen stelle ich fest, dass meine Internetrecherche gründlich und umfassend war. Das Bad in Hoshi Onsen wird vertagt. Ich fahre jetzt erst einmal weiter nach Sarugakyo Onsen am See Akaya. Der Ort ist nicht wirklich groß und hier ist exakt nichts los. Also laufe ich gemütlich am See entlang.

Der Weg führt mich, nachja nicht direkt, zum Mantenboshi-no-yu. Es ist kein Onsen, sondern eher eine modernes Sento. Der nächste Bus kommt in 90 Minuten. Das reicht allemal. Das Sento liegt weit oben, sodass man vom Badebecken aus einen gute Blick auf den See und die Berge im Hintergrund hat. Es ist kein Vergleich zu gestern, aber darum geht es nicht.

Zeit für die Rückfahrt, die genug Zeit für einen Stopp in Takumi-no-sato hat. Viel weiß ich über diesen Ort nicht. Er hat den Beinamen Craft Village. Hm. Mal schauen.

Der erste Blick ist schon mal ganz gut. Das Ganze hat ein wenig was von einem Museumsdorf. Viele Häuser haben eine Handwerkswerkstatt oder zumindest einen Verkaufsraum für Handwerkskunst. Nichts was mich irgendwie interessieren würde. Ich konzentriere mich auf eine gute Zeit, bis der nächste Bus kommt.

Zurück in Jomo-Kogen steht schon ein Bus nach Minakami bereit. Ich schaue kurz auf den Fahrplan und stelle fest, es ist der letzte Bus, der heute fährt. Ich habe total vergessen, dass Sonntag ist. Das nenne ich mal Glück gehabt.

Da bis zum Abendessen noch Zeit ist, laufe ich etwas durch Minakami. Und ich frage mich warum ich nicht gleich bis zum Banhhof durchgefahren bin. Egal. Es bestätigt sich die Erkenntnis von gestern: Die Hälfte der Gebäude, allen voran großen Hotels mit vielen Zimmern. steht leer. Um den einen oder anderen häßlichen Klotz ist es nicht schade, aber allein die Menge der Ruin stimmt bedenklich.

Bleibt zu hoffen, dass es um den Kolumbianer mit seinem MICASA, Dexter mit seinem Ruins und der Octonebrauerei herum ein neues Minakami entsteht, denn das alte nicht nicht mehr zu retten.

Mich soll das nicht stören. Ich bin bereits in diesem neuen Minakami angekommen (die Wahl des Ryokans war ein Volltreffer) und genieße wieder das Onsen vor dem Abendessen, dann das Abendessen und dann das Onsen nach dem Abendessen. Und immer noch ist das Außenbecken ein Stück zu heiß. Aber die Aussicht ist einfach gut.

Morgen reise ich bereits ab und das sehr zeitig. Der Koffer ist vorbereitet und ich konnte das Frühstück um eine halbe Stunde vorverlegen. Bleibt die Frage, was man mit dem angebrochenen Abend macht? Ab ins Ruins.

Heute ist etwas mehr Betrieb. Ich zieh den Altersschnitt ziemlich weit nach oben, aber das passt schon. Die Runde Riesen-Jenga lehne ich aber dankend ab. Der Rücksturz zum Ryokan erfolgt um 22 Uhr.

der 4. Tag – Takaragawa Onsen, Minakami Onsen

Anders als die anderen Tage zuvor steht heute nur ein einziger Punkt auf der Liste: Takaragawa Onsen und der Tag beginnt mit einem japanischen Frühstück. Und auch nach 15 Jahren sind Fisch zum Frühstück und Tsukemono immer noch nicht so ganz mein Ding.

Im Fernsehen laufen Bilder vom neuen Kaiser Naruhito und auch vom Platz vor dem Kaiserpalast, der sich schon so früh mit tausenden Leuten gefüllt hat, die in den Palast wollen. Ich könnte rechtzeitig in Tokyo sein … Auf der anderen Seite habe ich Urlaub … aber genau deshalb nach Japan geflogen …

Die Entscheidung fällt schwer. Aber am ende überwiegt das Onsen. 5 Stunden Bus und Bahn plus 1-2 Stunden Schlange stehen? Nein. Wenn da mehr wäre als die vermutlich wenige Minuten dauernde Ansprache, dann vielleicht. Aber so? Nee.

Das Ryokanpersonal fährt mich zum Bahnhof, wo der Bus in etwa 25 Minuten abfährt. Gegenüber des Bahnhofs stehen etwa ein Dutzend Häuser mit Geschäften. Jetzt bei diesem strahlend blauen Himmel ist das ein Postkartenmotiv. Es erinnert entfernt an eine kleine Stadt aus einem Wildwestfilm: der Bahnhof und gegenüber der Saloon, der Bäcker, der Friseur und ein paar andere Geschäfte.

Die Busfahrt dauert etwa eine halbe Stunde, dann stehe ich und etwa 10 andere Onsensuchende im nichts. Zum Onsen sind es etwas mehr als 1km, aber da soll gleich ein Shuttlebus kommen. Unten am Onsen gibt es die übliche Einweisung. Womit ich nicht gerechnet habe ist, dass es ein mixed Onsen ist; aber eines von der Sorte, wo man bekleidet badet. Badekleidung wird gestellt und ist im Prinzip ein großes Handtuch mit Bändern zum Festbinden.

Die Kamera bleibt im Coin Locker. Bis zur Rückfahrt habe ich fast drei Stunden, die erstaunlich schnell vorbei sind. Das Onsen selbst befindet sich beidseitig neben dem Fluss und besteht aus mehreren Rotenburo. Die Temperatur ist bei dieser Größe abhängig von der Position relativ zum Wasserzulauf und reicht von angenehm heiß (ca 40°C) bis „nur for Profis“ (ich vermute so um die 45°C). Ich selbst schaffe es nur mit den Zehen in das obere Becken und selbst ein Gruppe Japaner kapituliert … bis auf einen einzigen, der es tatsächlich knapp 30 Sekunden aushält. Die Bewunderung der anderen wird ihm sofort zu Teil.

So ein Rotenburo ist schon was besonderes. Man sitzt entspannt im Wasser. Neben einem braust der Fluss entlang. Man hat den unverstellten Blick in die Natur.

Nur das Restaurant mit der Bärensuppe finde ich nicht bevor der Bus für die Rückfahrt geht. Ich greife daher auf das Takaragawa Ramen am Onsen zurück. In Minakami angekommen sehe ich eine Dampflok am Bahnsteig. Die Chance muss ich nutzen. Nach kurzer Rücksprache darf ich ohne Ticket auf den Bahnsteig (das ist in Japan nämlich nicht erlaubt).

Es ist 15:30 Uhr und mein Tagesplan mit nur einem einzigen Punkt ist erledigt. Also geht es in den Souvenirladen. Auch hier gibt es Octone. Hah. Noch während ich diese Hopfenkaltschale genieße stelle ich fest, dass 2 Stunden Onsen auch 2 Stunden Sonne bedeuten, was den Sonnenbrand von vorgestern nicht besser macht.

Der Weg zurück zum Ryokan führt quer durch die Stadt Minakami und zeigt extrem deutlich, dass dieser Ort quasi im totalen Verfall begriffen ist: so viele leer stehende und zum Teil schon teileingestürze Hotelsruinen. Ich habe das schon in anderen Orten gesehen wie Naruko und Aizu-Wakamatsu, aber nie so schlimm wie hier. Ich habe viel von den Onsenhype gehört, während dem dutzende riesige Hotels wie Pilze aus dem Boden schossen. Dann kam der tiefe Fall am Ende der Bubble Economy und die Landflucht. das Resultat ist das Stadtbild von Minamaki.

Kurz vor dem Hotel finde ich die Octone-Brauerei. Das war das Bier von gestern Abend. Die Brauerei ist wirklich eine Microbrewery. Ich vermute so groß wie meine Wohnung. Zusammen mit dem bestellten IPA kommt der Tip, heute Abend mal im Ruins vorbeizuschauen. Warum nicht. Ich habe eh nichts vor.

Vor und nach dem Abendessen gibt es einige Onsenrunden. Das Abendessen selbst ist noch besser als gestern, was wohl auch daran liegt, dass dieser Tag so entspannend war.

Ich greife die Ruins-Idee auf. Viel los ist hier nicht, aber der Besitzer wäre auch sonst nicht zu übersehen: Er ist Kanadier und hat die Statur eines Linebacker. Er kennt die Betreiber vom MICASA, die auch Rafting und Canyoning anbieten; mit ein Grund, warum er hier in Minakami hängen geblieben ist.

Und ich lerne, dass Minakami versucht sich üer Outdoor-Aktivitäten neu zu definieren. Ohne Touristenattraktion in der Nähe ist das die einzige Option und könnte funktionieren: Tagsüber White Water Rafting und abends dann entspannt ins Onsen. Was im übrigen ein gute Idee ist …

der 3. Tag – Kanda River Cruise, Saitama

Heute ist so einer der Tage, da verlegt man mit dem Zug in eine andere Stadt, will aber den Tag trotzdem irgendwie nutzen. Dann ist da noch so eine Bootstour, die man unbedingt im Urlaub unterbringen wollte und die ein oder andere Sache, die man die Tage zuvor nicht geschafft hat, aber unbedingt noch …

Zuerst kommt der Check-out nach 6 Tagen Hotel Edoya. Es war schön, mal für eine so lange Zeit nicht den Koffer anfassen zu müssen. Das schwarze Gewichtsmonster wird neben der Lobby geparkt und dann geht es los. Erster Stop ist der Kameido Tenjin für das letzte Goshuin. Auch hier hat sich 20 Minuten vor Öffnung des Schreinbüros schon eine kleine Schlange gebildet. Kurz nach 9 Uhr sind die Tokyo Jissha komplett.

Die Bootstour ist um 11 Uhr. Ich könnte … Nein. Gar nichts überlegen. Ich nutze die Zeit, und fahre erst mit der Sobu-Line nach Shin-Nihonbashi und stelle fest, dass ich diesen Streckenabschnitt noch nicht zuvor benutzt, geschweige denn auf dem Plan hatte. Der Weg führt mich wieder an Coredo Muromachi vorbei, aber auch am berühmten Mitsukoshi Depaato.

Bootsfahrt

Pünktlich um 11 Uhr legt das Boot ab. Wie auch bei den anderen Reisen geht es erst einmal hinab zum Sumidagawa und dann hinauf bis Ryogoku, wo der Kandagawa endet. Und jetzt kommt der Teil, der mich interessiert: Der Kandagawa läuft knapp südlich von Akihabara. Wir passieren Manseibashi, die ich sonst immer zu Fuß überquere. Und dann kommen die Bahnbrücken bei Hijiribashi. Dieses Brückengewirr, das ich schon so häufig von oben fotografiert habe.

Genau hier ist der Punkt, wo man mit einem Schiff unter(!) der U-Bahn (Marunouchi Line) hindurch fahren kann. Der weitere Verlauf führt nach Suidobashi. Tokyo ist bis an die Wasserkante gebaut und gleichzeitig sieht man auch, dass die Wasserwege eine wichtige Funktion hatten und immer noch haben.

Vom Expressway überdacht geht es nun zurück zur Nihonbashi, vorbei an den Mauern des Kaiserpalastes. Auf dem Rückweg zum Hotel wollte ich eigentlich das fehlende Ema aus dem Kanda Myoin besorgen, die sind aber alle ausverkauft. Das ist jetzt äußerst ärgerlich. Dafür schaffe ich aber noch ein kurzes Saketasting in einem Sakeya neben Y&Sons, bevor es mit dem Taxi nach Ueno geht.

Noch schnell ein kleines Sake-Tasting und dann muss ich auch schon zum Bahnhof. Das Ticket hatte ich schon vorgestern geholt. Heute scheint das Chaos der Golden Week aber vorbei zu sein. In Saitama suche ich lange nach einem freien Coinlocker. Das Eisenbahnmuseum lasse ich deshalb ausfallen. Hiekawa Jinja muss reichen.

Saitama

In Saitama steige ich schon wieder aus, brauche aber ewig bis ich einen Coin Locker finde. Das war in der Heiseiära einfacher … ist schon cool, dass ich das jetzt sagen kann. Da ich auch noch anderweitig vom Zeitplan abgekommen bin, nehme ich ein Taxi zum Hie Jinja, der irgendwie enttäuscht. Er ist in jedem Reiseführer erwähnt und er ist auch ganz nett, aber ich hatte irgendwie mehr erwartet.

Den Besuch im Bahnmuseum lasse ich aus und entscheide mich für eine große Schüssel Ramen, bevor es zurück zum Banhhof geht. Nach einer weiteren sehr kurzen Fahrt mit dem Shinkansen erreiche ich Jomo-Kogen. 17 Uhr. Das passt … Bis der Planungsfehler zuschlägt.

Minakami

Es gibt zwei Touristeninformationen; eine in der Bahnhofshalle und eine nur ein paar Meter entfernt bei den Bushaltestellen. Mein 3-Tage-Bisticket liegt natürlich bei der Info, die um 16:30 Uhr schließt. Man ist bemühnt eine Lösung zu finden. Gleichzeitig läuft mir die Zeit davon. Wenn ich noch etwas von meinem Abendessen sehen will, muss ich den nächsten Bus nehmen.

Wie so oft in Japan wird am Ende alles gut. Ich habe mein Busticket, die Eintrittskarte für das Onsen und schaffe auch noch den Bus. Es gibt sogar eine Haltestelle, die den Weg zum Ryokan drastisch abkürzt.

Im Ryokan angekommen, verschiebt das Personal meinen Checkin, damit ich am Abendessen teilnehmen kann. Und so sitze ich erst einmal vor den vielen kleinen Tellern und Schüsseln mit japanischen Köstlichkeiten. Dazu trinke ich ein Bier; ein Octone aus der kleinen Brauerei hier um Dorf.

Nach dem Essen dann der Check-in und ein zweiter, genauerer Blick auf das Ryokan. Es ist genauso, wie man es sich vorstellt. Viel Holz, Tatamiböden im Zimmer und ein Futon. Ich stelle fest, dass die ein richtiges Holzhaus in traditioneller Bauart ist und kein Betonklotz mit einer Holzdeko. Ich lerne auch, dass der Besitzer Kolumbianer ist … deshalb auch der Name MICASA.

Der Tag endet dann im Onsen. Wie immer ist es kleiner als einem die Weitwinkelfotos glauben lassen, aber es geht ja dabei immer nur um den Entspannungfaktor. Und ich habe das Onsen jetzt gerade für mich alleine.