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Jigokudani / Naruko Gorge

Das Wetter ist trüb. Es sieht nach Regen aus. Zeit für ein ausgiebiges, gemütliches Frühstück. Ich nehme den Bus um 10:45 zum Kankentusen, einem Gysier. Der Bus fährt ein Stück durch Naruko und dann auf die andere Seite des Flusses. Es geht den Berg hinauf an einem Stausee vorbei. Ich merke mir die Strecke so gut es geht. Aber ich glaube, zum zurücklaufen wird es zu weit.

Jigokudani

Am Gysier steige ich aus. Nach dem obligatorischen Eintritt geht es durch ein Wohnhaus (!) in den Garten. Hier ist der Gysier. Nach dem Schild ist das Wasser 100-120°C heißt, die Fontäne etwa 18m hoch und erscheint etwas alle 10 Minuten.

Mit einem grummeln kündigt sich das Spektakel an. Binnen einer Sekunde schießt der Gysier nach oben. Wirklich beeindruckend. Das ganze dauert gefühlt nicht einmal 2 Minuten. Ich warte auf die nächste Runde. Zu viel Filmmaterial darf ich aber auch nicht verbraten. Mit ist das Diamaterial bereits ausgegangen. Ich hab die Negativfilme gelanden, die als Notreserve mit im Koffer waren. Und ich habe noch eine Woche Japan nach.

Gleich neben dem Gysier liegt das Jigokudani, ein schmales kleines Tal.Übersetzt solle es kalte Hölle heißen. Der Weg führt einen Flußlauf entlang. Herrliches klares Bergwasser. Schwefelgeruch. Daher der Name. Ich wandere los. Zu meiner linken ist eine Felswand, rechts der Fluß. Ich sehe, wie Wasser aus dem Fels quillt. Überall gibt es kleine Quellen. Man ein Fels, mal blubbt das Wasser aus dem Boden.

Wow. Das Wasser sit kochend heiß. Ich habe den Fehler gemacht und das Quellwasser direkt am Fels angefaßt. Heiß. Selbst der Fels ist warm. Ich dachte, das kommt von der Sonne. Ich habe mich wohl geirrt. Das hier sind heiße Quellen. Wasser, das in Shibu direkt in die Badehäuser gelenkt wurde. Bei genauerem Hinschauen dampfen die kleinen Pfützen; eine brodelt sogar. Ich dachte, daß wäre ein Effekt der Quelle. Nein. Es ist die Temperatur.

Der Weg führt etwas 500m am Fluß entlang, wechselt an einem Holzweg die Flußseite. Überall quellen, manche haben sogar eine kleine Fontäne. Dann ist der befestige Weg zu Ende. Ich sehe einen eta 3m hohen Wasserfall. Der Fluß hat seine Quelle also irgendwo weiter oben. Ob ich da rauf komme? Immerhin gibt es auf der Karte einen gestrichelten Weg. Die meinen doch nicht dieses Nichts von Trampelpfad. Ich taste mich vorsichtig weiter. Es ist rutschig. Ich gehe weiter.

Ich bin alleine, habe meine Ruhe. Alle Japaner habe an der Holzbrücke umgedreht, wo der Weg zu Ende war. Jetzt ist auch der Trampelpfad zu Ende. 50m bevor die Felswand beginnt. Ich sehe Reste von einem Pfad. Rauf geht vielleicht noch, aber nachher wieder runter; ohne Ausrüstung zu riskant. Ich drehe um, nachdem ich die Ruhe aufgesaugt habe.

An der Bushaltestelle erwarten mich 30 Minuten Wartezeit. In der Zeit schaffe ich mindestens 2 Stationen. Das spart Geld. Wie in der Tokyo-U-Bahn steigt der Fahrpreis mit jeder Station. Leider habe ich keine Uhr und wo  ist die nächste Haltestelle. Lieber warten. Eine echte Geduldsprobe.

Zurück in Naruko geht es nach einer Mittagspause um 14:30 Uh mit einem anderen Bus in Richtung Naruko Schlucht. Sie ist etwa 2,5km lang. Also sollte es nur eine Stunde dauern.

Naruko Gorge

Ein Treppe führt hinab in die Schlucht. Endlich mal Stufen abwärts. Wie tief mag die Schlucht sein? 60m, 70m? Die Felswand ist teils steil, teils schräg, so daß Bäumen wachsen können. Alle paar Meter sieht die Schlucht anders aus. Unten in der Schlucht plätschert der Fluß. Er hat diese Landschaft über Jahrtausende geformt. Harmlos sieht er aus. Weiter hinten nimmt der Fluß Fahrt auf; Stromschnellen mit Wirbeln und Strudeln. Was für eine Dynamik, die nur eine zig Meter später wieder in einen ruhigen Fluß wechselt.

Wie mag das erst aussehen, wenn der Herbst hier die Blätter verfärbt. Es könnte ein Postkartenmotiv werden, daß Matsushima in den Schatten stellt. Kiefern sind hat immergrün. Die Laubbäume hier könnten die Schlucht in ein Farbenmeer verwandeln. Hier und jetzt hat die Verfärbung gerade erst begonnen. Ich bin zwei Wochen zu früh. Was aber an dem langen Sommer hier in Japan liegt. Der hat mir die beiden Taifuns beschert und verweigert mir nun die volle Herbstpracht. Ein Vorteil sind die höheren Temperaturen. Ich will also nicht meckern.

Das Wasser ist glasklar und eiskalt. Hier und da rinnt Wasser aus dem Fels hinab. Es gibt auch zwei nette kleine Wasserfälle. Ich habe die Wanderzeit günstig gewählt. Ich bin alleine. Nur Weg selbst erinnert an Zivilistation. Wieder habe ich meine Ruhe. Ein paar Mal wechselt der Weg die Uferseite. Auf halber Strecke gibt es ein kleines Klohäuschen. Aber keinen Mülleimer. Meine Theorie freilebender Mülleimer scheint sich zu bestätigen.

Kurz vor dem Ende Schlucht steht eine Bretterbude, die wie ganz Naruko schon bessere Tage gesehen hat. Betreiben wird die Hütte von einem japanischen Ehepaar samt Hund. Lohnt sich das, hier einen Snackshop zu betreiben? Ich kaufe ein Bier. Der Mann murmelt irgendwas mit „american“. Dem Tonfall nach war es nicht nett. Fast reflexartig erwähne ich „doitsu jin“. Er zuckt zusammen und entschuldigt sich (zumindest der Gesten nach). Da ist er wieder der Deutschland-Bonus.

Ein Treppe, die Schlucht ist zu Ende. Um 17:10 Uhr bin ich wieder am Ryokan. Zeigt für Onsen. Es ist noch hell. Das Rotenburo sieht jetzt ganz anders aus. Der Garten ist kleiner als gestern abend vermutet. Der Bambussichtgschutz ist wirklich kurz vor den Gleisen. Baden bei Tageslicht ist bei weitem nicht so schön als wie bei Nacht. Also kurze Pause, dann wieder das riesige Abendessen.

Dann kurz in das Indoor-Onsen. Auch hier hier liegt der Duft von Zedernholz in der Luft. Es ist aber bei weitem nicht so toll wie das Rotenburo. Mit Sake bewaffnet geht es zurück zum Rotenburo. Ich genehmige extrem entspannede 30 Minuten. Dann eine Pause und etwas später noch einmal 30 Minuten. An der freien Luft vertrage ich die Wassertemperatur recht gut. Ich sitze einfach da. Genieße ein paar Schluck Sake und lasse den Tag und den gesamten Urlaub Revue passieren.

Randnotiz:

  • Fazit: Gysier, Jigokudani und die Schlucht, dazu das Rotenburo. In der Gesamtwertung rutscht der Tag als Ganzen mindestens vor auf Platz 3.
  • Es gibt keine frei lebenden Mülleimer in Japan.
  • Doitsujin ist immer eine gute Idee in Japan. Der Detschland-Bonus.
  • Die Stimmung kann man im Japanischen an Tonfall erkennen. Auch ohne Wörterbuch.
  • 42 Grad Wasser und 42 Grad Sake sollte man nicht kombinieren; egal wie sinnvoll das auf den ersten Blick erscheint.