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noch 3 Tage – Matsuri, ein Abends mit Stil

Der Weg nach Asakusa ist eine U-Bahn-Fahrt mit 6 Stationen.  Ich stelle fest, dass die Baustelle in Suehirocho fertig ist und die ganze Station mit Zetteln gespickt ist, die darauf hinweisen, dass man unten in der Station, die Fahrtrichtung nicht mehr wählen kann.

Die nächste Station ist Ueno-Hirokoji, und dann Ueno. Hier kommt die Folge „Tokyo Underground“ von NHK ins Spiel. Alle Stationen von Ueno bis Asakusa wurden frisch renoviert und haben ein Thema bekommen: Ueno referenziert den Uenopark mit seinen Museen. Sie haben sogar eines der alten Drehkreuz der Station als Ausstellungsobjekt in der Station aufgestellt.

In Inaricho und hier dominiert Holz. Es ist eine Referenz an die alten Holzhäuser Japans. In Tawaramachi gibt es Wabenmuster aus Metall, die darauf verweisen, dass dies ein Handwerkerviertel war. In Asakusa angekommen dominieren zinnoberote Flächen den renovierten Teil der Station.

Nakizumo

In Asakusa fange ich sofort mit dem VNV-Projekt an (über das ich separat berichten werde), bis mich eine Uhr daran erinnert, dass hier noch ein Veranstaltung stattfindet. Das Nakizumo. Eine Sache, die ich erklären muss: Zwei Sumoringer versuchen kleine Kinder zum weinen zu bringen. Je lauter sie weinen desto besser. Es soll die Kinder gesund und stark machen.

Die ganze Nummer ist irgendwie nicht kompatibel mit meinem westlichen Gehirnwindungen. Zumal der Weg zum weinenden Kind nicht immer erfolgreich ist. Manche Kinder sind eher hochamüsiert, wenn Monstermasken das Gegenteil bewirken sollen.

Zur Hälfte des Nakizumu wechsel ich wieder zum VNV-Nation-Projekt. Es ist erstaunlich, wie sich der Blick auf einen Stadteil, einen Tempel, ja auf eine Häuserfassade ändert, wenn man versucht den Screenshot nachzustellen. Ich bin schon gespannt, welche neue Sichtweisen sich in Shibuya und Shinjuku ergeben.

Das nächste Matsuri auf dem Tagesplan findet in Ryogoku statt. Eigentlich wollte ich die Chancen nutzen, um auf dem Weg dorthin die Brücken des Sumidagawa zu fotografieren, aber die sind alle eingerüstet. Die bekommen rechtzeitig für 2020 einen neuen Anstrich. Also dann nächstes Jahr.

Nigiwai Matsuri

Das Matsuri ist eine kleines Stadtteilfest. Die Stimmung ist entsprechend lokal und entspannt. Direkt am Kokugikan schnappe ich mir eine Dose Highball und eine Schale mit Chankonabe.

Die Straße neben dem Bahnhof  ist gesperrt und voll mit Buden für Essen, Trinken und andere Dinge. Oben am Edomuseum ist noch ein Wettkampf von Tanzgruppen. Ob das zum Matsuri gehört oder eine eigenständige Veranstaltung ist, kann ich nicht sagen. Ist aber auch egal.

Ein Blick auf die Uhr verrät: Ich habe die Zeit vergessen. Es ist bereits 16 Uhr. Ich verschiebe den Kimono auf morgen und starte direkt mit dem Rücksturz zum Hotel. Für die letzten beiden Punkte auf dem heutigen Plan gilt ein Dresscode.

Suigian

So langsam habe ich die Reisezeiten in Tokyo raus. Ich bin kurz vor 19 Uhr in Nihonbashi. Das Suigian ist am Ende eines kleinen Parks mit dem Fukutoku-Schrein, der sich inmitten der nagelneuer Hochhäuser befindet. Das hier ist genau das andere Tokyo, der maximale Kontrast zu Kyojima von gestern.

Das Suigian ist genau wie ich es mir vorgestellt habe. Es hat Stil. Da wegen der Golden Week sehr wenig los ist, bekomme ich ein Sitzplatz direkt an der Bühne. Das Sushimenü (leider wegen der Lichtverhältnisse etwas unscharf geraten) gibt den richtigen Auftakt, dazu ein Glas guter Sake.

Die Noh-Aufführung ist in drei Teile unterteilt. Ich bekomme englische Hintergrundinformationen zu allem. Und ich brauche Sie. Für die Sprechweise des Noh brauchen selbst Japaner Untertitel. Was mir von meiner Sitzposition direkt ander Bühne auffällt, ist die Art zu gehen. Suriashi.  Ich weiß nicht, ob ich das könnte: mich gleichzeitig auf das Suriashi, den Text, die Gesten und die Körperhaltung konzentrieren. Gegen 22 Uhr ist Last Order.

Imperial Bar

Dies passt ganz gut, denn ich will noch in die Imperial Bar verlegen. Das Hotel ist schon Upper Class. So viel Personal allein in der Lobby habe ich zuletzt im Ritz-Carlton gesehen. Die Bar ist im Obergeschoss und ich muss etwas warten bis ein Sitzplatz frei wird.

Die Whiskypreise sind hoch. Das war aber zu erwarten in der Hotelbar eines Luxushotels in Japan. Die Cocktails sind ebenfalls teuer, wenn man bedenkt, dass sie etwa 8cl groß sind. Das Daddy O ist dagegen ein Schnäppchen.

Zurück zu meinem Hotel nehme ich ein Taxi. Es ist spät geworden und ich will etwas Zeit retten, zumal ich nicht weiß, ob noch eine U-Bahn fährt. Außerdem kommt es nach dem heutigen Abend auf die etwa 20€ auch nicht mehr an.

Fazit: Ich muss noch einmal ins Suigian. Der Ort ist genau auf meiner Linie. Und ich muss morgen noch Mal in die Imperial Bar … Ich habe die Sonnenblende vom Objektiv und meine Infos aus dem Suigian liegen gelassen.


Nachtrag: Die Idee für das Suigian stammte von der NHK Show Tokyo Eye 2020. Da während der Show keine Foto erlaubt sind (und ich im Gegensatz zu anderen Touristen sowas respektiere – Stichwort Fotoverbot in Kyoto Gion) greife ich hier mal auf die Screenshot des NHK Show zurück.

Museen

Heute steht der Koto-Ward auf dem Plan. Er liegt wie der Sumida-Ward (morgen) zwischen den Flüssen Arakawa und Sumidagawa. Der Bezirk ist durchzogen von Kanälen aus der Edozeit. Die Erlebnisse der Reise beginnen beim Umsteigen in Akihabara. Zum einen habe ich die Treppen zwischen den Pattformen immer noch nicht verstanden. Und dann stolpere ich über eine Milchbar: Ein Kiosk am Bahnsteig, der nur Milch verkauft. Ich verpasse drei Züge. Was für eine coole Idee.

Ich steige in Kinchicho aus und gehe etwas zurück zum Oyokokawa. Der Nordteil des Kanals reichts hoch bis zum SkyTree und wurde komplett nach unterirdisch verlegt. Oberirdisch ist es jetzt ein Park; eine grüne Linie quer durch das Häusermeer.

Südlich ist ein Stück Park und dann kommt der Kanal zum Vorschein. Links und rechts Kirschbäume. Leider, Leider ist die Kirschblüte komplett vorbei. Es wäre ein bombastischer Anblick gewesen und der Kanal landet damit auf meiner Geheimtip-Liste. Ich laufe immer weiter nach Süden. Immer noch Kirschbäume.

Unten am Kiba-Park kreuzt ein anderer Kanal. Hier biege ich nach Westen ab, da ich glaube, dass dies der Kanal von der Bootstour ist. Ist er nicht und mit Blick auf die Uhr versuche ich die nächste U-Bahnstation zu finden. Es ist Kiyosumi (siehe 2014). Zwei Stationen später bin ich in Ryogoku, dem Empizentrum des Sumo.

Erster Stopp wird Edo Noren direkt im Bahnhof. Eine nette Idee: Ein Sumodoyo in der Mitte, drum herum Restaurants für Chanko und Sushi Edo-style, sowie ein Sakeya mit Automaten, wo man sich durch knapp 30 Sakesorten probieren kann.

Ich stelle fest, dass ich sowohl die sehr trockenen als auch die süßen mag. Bezahlt wird pro Becher (Inhalt ist etwa 20ml). Das könnte schnell ins Geld gehen. Allerdings hat Sake einen Alkoholgehalt von kräftigem Rotwein. Und bei dieser Größe kann man 8-10 Sake probieren, bevor man das Äquivalent eines Glas Rotweins intus hat. Vorteil dieser Sakeprobierstation ist, dass man den Sake auf verschiedene Temperaturen hochheizen kann. Und ja, das macht den Unterschied. Bei verschiedenen Temperaturen schmeckt der gleiche Sake komplett anders. Ich mache Notizen über Notizen.

Die Suche nach den Heya der Sumokämpfer ist es etwas ernüchternd. Gedanklich erwartet man alte Gebäude mit einer großen Holztafel an der Tür. In Realität sind es eher unauffällige, teilweise sogar hässliche Betongebäude. Und ohne gebuchte Tour kann man eh nichts sehen. Also gleich weiter zum ersten kulinarischen Highlight des Tages: Chankonabe, das Essen der Sumotori. Im Prinzip ist es ein sehr gehaltvoller Eintopf mit Kohl und Fleisch, von dem selbst eine kleine Portion sättigt. Obendrein schmeckt es.

Nach dem Essen geht es zum Hokusai-Museum. Das Gebäude selbst ist ein Kunstwerk für sich. Innen hängen diverse Ukiyo-e Werke. Es ist schwer von Originalen zu reden, da Ukiyo-e eine Drucktechnik ist. Aber ich wollte schon immer einen Originaldruck der großen Welle von Kanagawa sehen.

Nächster Stop  ist des Edo-Museum; dieser futuristische Bau. Die Austellungshalle ist einfach riesig. Man kann Stunden hier verbringen. Innen steht sogar die Hälfte einer 1:1-Rekonstruktion der Nihonbashi (eine kleinere Version steht am Flughafen Haneda).

Nach so viel Museum und Kultur an einem Tag wird es Zeit für Ginza. Zuvor stoppe ich aber (mal wieder) an Tokyo Eki. Dieses Mal gibt es keine meterlange Warteschlange am JRP-Pass. Geduld ist alles, und natürlich die paar Tage Reserve, bevor man den JRP braucht.

Mein Ziel ist die neue Shoppping-Mall Ginza 6. Hier hat der Designer Jotaro Saito einen Verkaufssalon. Die Kimonos sind echt der Hammer, aber der Preis ist etwas oberhalb meiner Liga. Eine komplette Ausstattung mit Obi, Geta und allem drum und dran kostet locker 4000€. Hm. Fürs erste belasse ich es wohl bei einem Parfait (Foto) und etwas Champagner … dies ist schließlich Ginza.

Mit Zwischenstopp am Hotel (Stativ holen) geht es ein letztes Mal in den Ueno Park, um die Reste der Kirschblüte zu fotografieren. Haken dran. erledigt. Ich springe in die Yamanote und fahre nach Kanda.

Kommen wir zum zweiten kulinarischen Highlight des Tages: Ein Indoor-Yatai. Es ist wie ein Yatai, halt ohne Räder und dafür im 4. Stock. Fast. Etwas vom Yatai-Feeling geht verloren. Dennoch. Da es keinen Yatai in freier Wildbahn in Tokyo mehr gibt, ist dies so dicht wie irgendwie mäglich am Original.

Am Nachbaryatai sitzt eine Gruppe Japanerinnen inkl. dem Großvater einer der Damen. Ich komme schnell ins Gespräch und sitze schnell zusammen mit ihnen zusammen. Das ist Yatai. Das ist das was ich aus Fukuoka kenne. Small Talk beim Feierabendbier (bei mir ist es ein Hopy).

Fazit: Ich bin wirklich ein Fan von Yatai, Oden und Dashiwari UND Hoppy ist neben HiBall mein Favorit für einen erfrischenden Drink.