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Shogi – japanese chess

Shogi ist, einfach formuliert, die japanische Variante des Schach. Wenn man Japaner nach Shogi fragt, dann sollte man sich Zeit nehmen. Die Antwort könnte länger sein. Shogi ist mehr als „nur“ Schach. Wie Kendo ist es ein Teil der japanischen Kultur geworden.

Diese Teil von Shogi habe ich noch nicht ganz durchdrungen. Ich werde den Artikel irgendwann einmal erweitern müssen.

Shogi vs. westliches Schach

Das erste, was auffällt, ist das Brett. Es sind 9×9 Felder, ganz leicht nicht quadratisch und alle Felder haben die gleiche Farbe. Die Steine sind auch alle einfarbig. Um zu wissen, welcher Stein welchen Spieler gehört, sind die Steine 5-eckig und flach. Die Spitze zeigt zum Gegner. Die Steine habe auch zwei Seiten mit unterschiedlicher Beschriftung.

Stellt sich die Frage, warum. Die Antwort liegt in den beiden großen Unterschieden zwischen Shogi und westlichem Schach:

(1) Steine können befördert werden.

Erreicht ein Stein die gegnerische Endzone, kann er befördert werden. Dadurch ändern sich seine Zugmöglichkeiten. Ein einfacher Bauer wird zum General und damit sehr gefährlich, zumal er sich dann auch noch in den gegnerischen Reihen befindet.

(2) Geschlagene Steine bleiben im Spiel

Beim Schach ist eine geschlagene Figur aus dem Rennen. Sie ist weg. Nicht beim Shogi. Hier wird der Stein erobert. Er wird auch vom Spielfeld genommen, kann aber nach belieben wieder ins Spiel gebracht werden. Aus der Geschichte heraus kann man das so formulieren: Der Gefangene hatte die Wahl zu sterben oder die Seite zu wechslen. Die Spielsteine entscheiden sich für letzteres.

Das ist eine ganz fiese Nummer. Beim Schach kann man die Züge über mehrere Runden planen, da alle Steine und ihre Zugmöglichkeiten bekannt sind. Daher sind Computer auch so gut. Mit den plötzlich wieder eingesetzten Steinen kommt eine Art Zufallskomponente hinzu, denn die Steine können irgendwo im Feld eingesetzt werden. Faktisch ist man, wenn der Gegner gefangen Steine hat, immer zwei Züge von einem möglichen Matt entfernt.

Weitere  Unterscheide

Kleine Details sind zu beachten, gerade wenn man vom Schach kommt. Wie der Bauer können das Pferd und die Lanze (eine Figur, die es beim Schach nicht gibt) nur nach vorne gehen. Sie sollte mit Bedacht vorrücken. Auch sonst sind die Bewegungen der Figuren stark reduziert.

Man hat nur einen Turm und einen Läufer. Der Rest der Figuren kann immer nur ein Feld vorrücken. Eine Dame gibt es nicht. Fazit: Bei 16 Spielsteinen im Schach haben 5 die Möglichkeit große Distanzen zurückzulegen. Das sind fast 1/3. Beim Shogi sind es nur ein Läufer und ein Turm. 2 Steine von 20. Das sind 10%. Mit der Lanze, die nur gerade nach vorne Stürmen kann, ließe sich die Statistik auf 20% erhöhen.  Viel ist das immer noch nicht.

Strategien

Die Spielstrategie ändert sich durch die beiden obigen Regeln wesentlich. Jeder verlorene Spielstein, der jetzt dem Gegner zur Verfügung steht, ist eine nicht zu unterschätzende Gefahr. Jedes Shogi beginnt folglich damit, den König zu sichern. Er wird formlich eingemauert in Spielsteine. Man baut eine Burg.

Man geht auch sehr langsam auf den Gegner zu. Gegenüber Schach kann es schon mal 15 oder mehr Züge dauern, bevor der erste Schlagabtausch erfolgt.

Shogi lernen

Man wird zuerst Schwierigkeiten haben, die Spielsteine zu identifizieren und sich an ihre Zugmöglichkeiten zu gewöhnen. Für die ersten Spiele lohnt es sich, Beförderung und das Wiedereinsetzen der Steine auszulassen. Gerade wenn man vorher Schach gespielt hat, ist das eine große Hilfe.

Diese Phase sollte nicht zu lange dauern, denn gerade das Wiedereinsetzen von Spielsteinen ist ein wesentlicher Teil von Shogi. Er verändert die Spieldynamik.

Mein Begegnung mit Shogi

Ich habe Shogi zum ersten Mal im Anime Ranma 1/2 gesehen. Das muss so um 2002 gewesen sein. Internet gab es damals nicht so, wie ihr es heute kennt. Das war noch web 1.0. Aber ich war in der Lage mit die Regeln zu beschaffen. Geholfen hat ein Vortrag bei der DJG zu diesem Thema.

2004 bin ich zu meiner ersten Japanreise gestartet. Ohne Sprachkenntnisse und Plan. In Osaka habe ich dann ältere Japaner getroffen, die Shogi spielten. Ich hatte kurz zugeschaut und wurde dann zu einem Spiel eingeladen. Sie waren recht erstaunt, daß ich das Spiel und die Regeln halbwegs kannte. Wir haben dann einige Partien gespielt. Ich habe immer verloren. Aber es ist etwas passiert. Ich hatte über Shogi einen Kontakt zu diesen Japanern hergestellt. Ich, der zu diesem Zeitpunkt kein einziges Wort japanisch konnte. Die Japaner konnten kein Wort Englisch. Aber es braucht keine Kommunikation. Das Spiel war Sprache und Grammatik genug.

Welchen Gewinn habe ich daraus gezogen? Das wäre so die Frage eines Personalchefs oder Jemanden, der alles finanziell oder in Vorteilen bewertet. Und mit diesem Hintergedanken lautet die Antwort: keinen. Ich hat mich in keinster Weise vorangebracht. ABER: Ich bin um eine Erfahrung reicher und um eine schöne Urlaubserinnerung.

Und es reicht mir, wenn Japaner die Augenbraue hochziehen, wenn sie hören, daß ich Shogi kenne. Für Japaner scheint es eine Art Beweis zu sein, daß ich mich nicht nur für Fotos von Tempeln und Schreinen interessiere, sondern auch für die Kultur; Die Alltagskultur; das was Japan ausmacht.

Oosaka / Mozu Hachimangu

Wow. Total verschlafen. Zudem muß ich die Waschmaschine bedienen. Ein Abendteuer für sich alleine. Wäsche rein. Waschmittel gibt es an einem Automaten. Kauft man wie anderenorts Zigaretten. Geld rein. Klappe aufziehen. Ich starte etwa 2 Stunden hinter dem Zeitplan. Zum Glück habe ich den gestern (wegen der Tokyo-Erfahrung) ausgedünnt.

Auf zur Burg. Hier ist auch er Park. Noch bevor ich dort eintreffe höre ich trommeln. Japanische Trommeln. So gefällt das. Sonne pur, die Burg im Blick und Trommeln. Urlaub. Die kleine Truppe sitzt direkt am Eingang zum Park.

Die hintere Ecke des Parks scheint von Obdachlosen bewohnt zu sein. Überall zwischen den Bäumen stehen Pappkartons, die als Nachtlager dienen. Auf einer Parkbank sitzt eine Gruppe älterer Herren und spielt Shogi. Ich bleibe stehen und werde angesprochen. Leider verstehe ich kein Wort. Ich werde offensichtlich auf eine Partie eingeladen. Ich nehme an. Meine ersten drei Eröffnungszüge scheinen zumindest offen zu legen, daß ich schon mal gespielt habe. Dennoch habe ich nach 20 Minuten verloren. Ich werde auf ein erfrischendes Bier eingeladen. Jetzt bin ich doch etwas peinlich berührt. Nach dem Outfit sind es Obdachlose und sie laden mich auf ein Bier ein. Die alten Herren haben offenbar ihren Spaß, auch wenn ich nur einzelne Brocken verstehe. Geht so in die Richtung „Die Junged von Heute und ihre Computer, keine Ahnung von Strategie und Taktik = Shogi“. Es fällt auch das Wort „Gaijin“. Damit bin ich wohl gemeint. Die 30 Minuten waren eine Erfahrung.

Weiter zur Burg. Auch sie ist eine Rekonstruktion. Ich betrete das Areal durch das große Tor. Hier gibt es einen wirklich großen Stein in der Mauer, den Takoishi. 130t, 60 m^3. Respekt. Durch das Tor in den Innenhof. Die Burg ist ähnlich wie in Nagoya.Das Hauptgebäude, Mauern und ein paar Türme. Der Gesamteindruck ist umwerfend. 500yen Eintritt. Innen sind alte Rüstungen und Waffen ausgestellt. Von ganz oben kann man in alle Richtungen auf Oosaka schauen.

Neben der Burg ist kein kleiner Schrein. Ganz nett. Am nächsten Schrein soll übermorgen eine Moon-Viewing-Zeremonie stattfinden. Ich merke mir den Standort. Weiter zum nächsten Park. Booring. Auch der Aussichtsturm ist wenig spektakulär. Reißt gerade meine Glückssträhne? Egal, der Tsutenkaku Tower ist das Wahrzeichen von Oosaka. Vom Turm aus kann ich das Ferries Wheel bei dem Ryokan sehen. Ganz schön weit draußen.

Einschub: Der Betreiber vom Ryokan hat mir heute morgen einen Eventplan gegeben. Für den 28. sind zwei Moon Viewings (Oosaka Tenmangu und Sumiyoshi Taisha Schrein) gelistet. Heute gibt es ein Schreinfest am Mozu Hachimangu Schrein im Süden von Oosaka. Ein weiteres Fest ist am Abenoseima Schrein. Ich lasse zwei andere Schreine aus, hole ich eventuell am 28. nach und schaue mir den Schrein an. Hm. Viel los ist nicht. Es ist bereist 16 Uhr, also auf nach Mozu!

Schreinfest am Mozu Hachimangu

An der Bahnstation weiß ich nicht wo lang. Ich gehe nach rechts über die Gleise. Gleich hinter mir schließen die Schranken. Der nächste Zug kommt. Ein kleiner Pfeil an den Warnlichtern zeigt an, aus welcher Richtung der Zug kommt. Ich laufe etwa 300m. Eigentlich sollte hier der Schrein sein, aber links und rechts nur Park. Der Park auf meiner Seite will sogar Eintritt. Er scheint etwas besonderes zu sein. [Nachrtag: Was ich zu diesem Zeitpunkt nicht weis, ist die Tatsache, daß hier in Mozu die alten Grabanlage stehen, die von oben aussehen wie ein Schlüsseloch. Ich muß hier unbedingt noch mal hin!] Ich gehe zurück zum Bahnhof. Die Schranken sind schon wieder unten. Kaum habe ich nach dem Zug die Seite gewechselt, schließen die Schranken schon wieder. Vielbefahrene Strecke.

Nach 500m der Schrein. Erst jetzt stelle ich fest, daß ich kein Geld mithabe. Zurück zum Bahnhof. Da gab es einen Seven Eleven. ich glaube, die habe einen Automaten. Leider will der meine Master Card nicht. Ich frage nach einer Bank. Auch dort habe ich kein Glück. Das ist extrem ärgerlich. Ich habe eine Stunde und das restliche Tageslicht verbraten und immer noch kein Geld. Jetzt ist es auch egal. Zurück zum Schrein.

http://www.youtube.com/watch?v=3CnqNpu5oLs

Ich bin jetzt schon begeistert. Also die Stufen rauf zum Schrein selbst. Oben ist die Hölle los. Trommeln und Rufe, rythmisches Klatschen. Oben werden unter dem tosenden Beifall Futondaikos getragen. Das sind riesige Holzgestelle, die von etwa 60 Mann getragen werden. In der Mitte ein riesiger Aufbau. Unten eine Trommel (Daiko) und oben etwas, das aussieht wie eine zusammengelegter Futon. Das ganze wiegt, so erfahre ich etwa 3t. Respekt, zumal auf Kommando das ganze in die Höhe gestemmt wird. Gelingt dies, ist der Beifall enorm. Es wird Konfetti geworfen. Die Stimmung ist riesig.

Das Matsuri ist in vollem Gange. An einem Weg um einen Teich herum stehen kleine Buden mit Essen. Auf einem Platz stehen weitere Buden. So habe ich mir Schreinfeste vorgestellt. Auch die lange breite Straße mit der Treppe zum Schrein hat Buden. Hier gibt es alle: Okonomiyaki, Takiyaki, Sushi, Yakitore. Man kann Fische angeln, Dosen werfen, Masken von Mangafiguren kaufen. Viele Mädchen tragen Kimono, die Männer Yukata. Tausende kleine Buden. Spaß und Freude. Und das wichtigste: Keine Besoffenen, die einem die Stimmung verderben. Ich habe bisher auch nur einen einzigen Polizisten gesehen. Und der hat den Verkehr geregelt.

Am Rande stehen weitere Futondaikos. Ich habe noch nich raus, ob das hier ein Wettkampf ist. Ich erfahre aber, daß die einzelnen Gruppen aus der Umgebung kommen. Sie haben bereits gestern die FD teilweise über 4km hierher getragen. Getragen! Nicht mit dem LKW gefahren.

Jetzt kommt das nächste FD an die Reihe. Mit einem Kommando das klingt wie „Ichi-ninno-san“ (etwa 1-2-3) wird das Ding aufgesattelt. Während des Tragens rufen die Leute so etwas wie „dema-dema-demo sho shei“ mit Betonung auf den letzten beiden Worten.

Heute Abend ist das Fest zu Ende. Glück gehabt. Gegen 19 Uhr, es ist schon sehr dunkel, machen sich die Gruppen auf die Heimreise. Zuerst müssen die FD die 60 Stufen hinab getragen werden. Zur Erinnierung, die wiegen knapp 3 Tonnen! Jetzt sind dutzende Polizisten im Einsatz, die die Strecke räumen. Wenn das Ding jetzt wegkippt … Dann … Die laufen die Stufen wieder rauf. Der Beifall ist enorm und verdient. Wieder Konfettiregen.

Dann geht es auf die Heimreise. Die Treppe wieder runter und den Buden vorbei. Alle paar Meter tauschen die Träger durch. Ich begleite den Truppe mit der Kamera. Der Futondaiko schwankt. Der Abstand zu den Häusern ist nur 1-2m. Niemand darf vorbei. Nicht auszudenken was passiert, wenn jemand zwischen Futondaiko und Wand eingeklemmt wird. Oben sitzen immer noch etwa 6 Jahre alte Jungen und schlagen die Trommel. Das machen sie schon die ganze Zeit.

Um 21 uhr stehe ich am Bahnhof. Ich will noch länger bleiben, aber irgendwann ist Schluß. Während ich auf den Zug warte, passiert ein anderer Futondaiko den Bahnhof. Dieser wird von einer riesigen Menschenmenge begleitet. Mit diesem Eindruck steige ich ihn die Bahn. Kaum bin ich unterwegs, sehe ich Regentropfen an der Scheibe. Alles richtig gemacht.

Fazit: Das Matsuri, die Burg, das Shogi-Spiel. Ein gelungener Tag. Er hatte seine Duststrecken, aber unter dem Strich ein gelungener Tag in Japan. Wenn ich überlege, daß das Matsuri nur Zufall war. Mit zu diesem positiven Eindruck zählen die Leute, mit denen ich ins Gespräch gekommen bin. Es ist bisher der beste Tag des Urlaubs.

Randnotiz:

  • Moon Viewing ist eine alte Shinto-Zeremonie. Sie findet um den ersten Vollmond mach der Tag-Nacht-Gleiche (Herbstanfang) statt. Sollte man sich merken.
  • Irgendwie scheint jede Stadt ihren Funkturm mit Aussichtsplattform zu haben. Dies hier ist der Erste nicht in Eiffelturm-Optik.
  • Werde unterwegs von einer Japanerin angesprochen. Sie lernt gerade Englisch und will sich ein bischen unterhalten/üben. Warum nicht.
  • Immer ausreichend Bargeld mitnehmen !
  • Kreditkarten nicht nicht jeder Geldautomat !
  • Habe heute die neuen Treter ausprobiert. Hab eh Blasen an den Füßen von den beiden Touren in Tokyo. Motte: Jetzt ist eh egal. Superbequem. Keine neuen Blasen bekommen. Ich hätte die gleich am ersten Tag anziehen sollen.